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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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verwandeln. Ein zynisches Geschöpf. Was wollte sie nur von diesen mittelmäßigen Spießern?
    Inzwischen war es 22.45 Uhr. Sasha würde jeden Moment eintreffen. Chaplain notierte die Namen der Männer auf seinem Block. Anschließend steckte er den USB-Stick, den er am Nachmittag erstanden hatte, in den Mac, kopierte sämtliche Dateien und brachte alles wieder in Ordnung.
    Als er die Wohnung verließ, war ihm klar, dass die Suche bei den Klienten von sasha.com noch einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Zum Beispiel hatte er sein eigenes Profil noch nicht überprüft – das von Arnaud Chaplain alias Nono, der im Jahr 2009 Mitglied gewesen war. Auch Medinas Daten hatte er sich noch nicht angesehen. Ob er sie bei Sasha kennengelernt hatte? Hatte er zweimal dasselbe erlebt, mit zwei unterschiedlichen Hostessen? Medinas Stimme kam ihm wieder in den Sinn. Langsam wird es beängstigend. Ich bin kurz davor auszuflippen . War Medina tot? Und Feliz? Hatte sie sich wirklich erhängt?

D ie erste Nummer, die von Philippe Desprès, existierte nicht mehr.
    Sylvain Durieu alias Sandokan hingegen hob nach viermaligem Läuten ab.
    »Monsieur Durieu?«
    »Am Apparat.«
    »Ich rufe wegen Anne-Marie Straub an.«
    »Wer ist das?«
    »Feliz.«
    Nach kurzem Schweigen fragte der Mann:
    »Wer sind Sie?«
    Die Frage erwischte Chaplain auf dem falschen Fuß. Er improvisierte.
    »Ich bin Kommissar bei der Kripo.«
    Der Mann atmete tief durch, ehe er mit fester Stimme antwortete:
    »Ich will keinen Ärger bekommen und keinesfalls wissen, was sie getan hat. Eigentlich möchte ich am liebsten nie wieder von ihr hören.«
    »Wissen Sie, dass sie verschwunden ist?«
    »Ich habe sie seit anderthalb Jahren nicht mehr gesehen. Nach drei Treffen hat sie mich ohne Erklärung einfach fallen lassen.«
    »Wissen Sie noch, wann Sie sie das erste Mal gesehen haben?«
    »Wenn Sie mich verhören wollen, laden Sie mich bitte vor.«
    Durieu legte auf. Chaplain trank einen Schluck Kaffee. Er saß in einer Brasserie am Boulevard Saint-Germain. Kunstlederbänke, gelbliche Hängelampen und leises Gemurmel. Die Kneipe war fast menschenleer.
    Chaplain wählte die nächste Nummer. Nach zweimaligem Läuten meldete sich eine Frauenstimme.
    »Hallo?«
    Darauf war Chaplain nicht vorbereitet. Er konsultierte seinen Notizblock und landete beim Namen Nummer drei.
    »Ist Christian Miossens zu sprechen?«
    »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
    Er schien sich geirrt zu haben, erkannte aber seinen Fehler nicht. Um Zeit zu gewinnen, nannte er der Frau die Nummer, die er gewählt hatte.
    »Das ist wirklich Christians Nummer«, erklärte die Frau deutlich weniger aggressiv.
    Chaplain sprach mit sanfter Stimme.
    »Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich rufe wegen Monsieur Miossens an und …«
    »Wer sind Sie?«
    Wieder stellte er sich als Kriminalkommissar vor, ohne einen Namen zu nennen.
    »Gibt es Neuigkeiten?«
    Statt Ärger lag nun Hoffnung in ihrer Stimme.
    »Möglicherweise«, erwiderte er vorsichtig.
    »Inwiefern?«
    Chaplain brauchte eine Eingebung. Wieder einmal ging er auf gut Glück vor, aber mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt.
    »Entschuldigen Sie, aber würden Sie mir bitte zunächst Ihren Namen verraten?«
    »Nathalie Forestier. Ich bin seine Schwester.«
    Seine Gedanken überschlugen sich. Wenn die Schwester von Miossens an sein Handy ging, konnte das nur bedeuten, dass er entweder tot, sehr krank oder vermisst war. Die Frage an einen Polizisten, ob es Neuigkeiten gebe, schloss eine Krankheit aus.
    Er räusperte sich und verfiel in einen offiziellen Tonfall.
    »Ich würde gern zunächst gewisse Fakten mit Ihnen erörtern.«
    »Du lieber Gott!« Ihre Stimme klang jetzt erschöpft. »Wir haben doch alles schon so oft durchgekaut!«
    »Entschuldigen Sie, Madame«, entgegnete er, »ich bin soeben erst damit betraut worden, einige Punkte zu vertiefen, und muss jeden wichtigen Zeugen erneut befragen.«
    Die Sache hatte einen gewaltigen Haken, denn er hatte die Nummer eines Toten oder Vermissten gewählt. Aber die Frau bemerkte es nicht.
    »Gibt es nun Neuigkeiten oder nicht?«, fragte sie.
    »Antworten Sie bitte zunächst auf meine Fragen.«
    »Müssen Sie mich noch einmal vorladen?«
    »Leider ja. Aber im Augenblick geht es nur um Dinge, die wir am Telefon besprechen können.«
    »Na gut, ich höre«, sagte sie mit tonloser Stimme.
    Chaplain zögerte, ehe er seine erste Frage so offen wie möglich formulierte.
    »Wie haben Sie von der Sache

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