Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
war noch nie vorgekommen.
    »Dein Arm reicht offenbar weiter, als ich gedacht habe.«
    »Was soll denn das heißen?«
    »Dass du morgen entlassen wirst. Anordnung des Richters.«
    Anaïs wusste nicht, was sie sagen sollte. Die Vorstellung, den engen Mauern endlich zu entkommen, überwältigte sie.
    »Weißt du, warum?«
    »Kein Kommentar. Anweisung von ganz oben. Und da behaupte noch jemand, dass die Rechtsprechung für alle Bürger gleich ist!«
    Anaïs wechselte den Tonfall.
    »Wenn du etwas weißt, dann sag es mir gefälligst. Wer hat da interveniert?«
    Solinas lachte. Es klang eher wie ein Zähneknirschen.
    »Spiel nur weiter die Unschuld vom Lande, es steht dir. Auf jeden Fall will ich, dass du mir hilfst. Wir ermitteln weiter. Nennen wir es einfach unseren kleinen privaten Krisenstab.«
    »Gibt es in dieser Hinsicht etwas Neues?«
    »Nein. Wir haben absolut nichts gefunden, was mit Medina zu tun hat. Weder Aktivitäten noch Kontakte. Janusz ist und bleibt unauffindbar. Keine Spur, kein Indiz, nichts.«
    Verwirrt begriff Anaïs, dass Solinas und seine Männer offenbar unfähig waren, erfolgreich in diesem Fall zu ermitteln. Selbst die Experten, die ständig mit Flüchtigen zu tun hatten, waren an Leute vom Schlage Freires nicht gewöhnt.
    »Schickst du mir einen Wagen?«
    »Nicht nötig. Du wirst erwartet.«
    »Ich kenne aber niemanden in Paris.«
    Solinas lachte höhnisch.
    »Keine Sorge. Dein Alter hat sich höchstpersönlich auf den Weg gemacht.«

A m ersten Abend habe ich gar nichts gemacht. Ich habe da meine Prinzipien.«
    »Aber du hast mit ihm geschlafen.«
    »Schon. Na ja. Aber du weißt, was ich meine.«
    Die drei Mädchen prusteten vor Lachen. Chaplain saß am Tisch gleich nebenan im Johnny’s, einer Bar im amerikanischen Stil mit viel lackiertem Holz und Ledersesseln. Die spärliche Beleuchtung schmeichelte mit einem an Vermeer gemahnenden goldenen Licht sowohl den Möbeln als auch den Beinen der Mädchen. Chaplain wandte ihnen den Rücken zu, lauschte aber interessiert ihren Gesprächen. Das Trio entsprach genau dem, was er suchte. Die Mädchen waren keine Professionellen, nahmen aber dann und wann freudig eine Gelegenheit wahr und hechelten abwechselnd Mode und ihre Freier durch.
    »Trägst du keine Brille mehr?«
    »Nein, ich habe jetzt Kontaktlinsen. Brille sieht so nach Porno aus.«
    Solche Antworten überraschten ihn. Er verfügte nicht über Nonos Erfahrung. Aber die Art der drei, Sex, Geld und Jungmädchenträume zu vermischen, rührte ihn zutiefst.
    »Ich gehe mir mal die Nase pudern.«
    Chaplain warf einen Blick über die Schulter und sah den Rücken einer zierlichen Gestalt, die zu einem duftigen schwarzen Tüllrock ein dunkles Satinbustier trug. Selbst von seinem Platz aus konnte er das Mädchen schnüffeln hören. Der erwähnte Puder hatte nichts mit Schminke zu tun.
    »Warst du auf der Party dieses Prinzen?«
    »Welcher Prinz?«
    Die beiden Püppchen hatten ihre Unterhaltung wieder aufgenommen.
    »Den Namen habe ich vergessen. Er kommt aus den Emiraten.«
    »Ich war nicht eingeladen«, antwortete die andere schmollend.
    »Da war eine Russin – also ich schwöre dir, ich habe noch nie eine solche Nutte gesehen. Sie hat sich echt geprügelt, um als Erste dranzukommen.«
    »Als Erste?«
    »Ja. Wir waren alle wie geplättet, aber sie hatte recht. Sie war innerhalb von fünf Minuten fertig mit dem Kerl und um geschätzte dreitausend Euro reicher. Wir dagegen haben die ganze Nacht geackert, um ihn wieder steif zu kriegen.«
    Sie kicherten. Chaplain bestellte ein zweites Glas Champagner. Gern hätte er den Mädchen eine Runde ausgegeben, doch er traute sich nicht. Die Zeiten von Nono waren wirklich lange vorbei.
    Miss Coco kam mit tänzelnden Schritten zurück. Ein schmales Gesicht unter einer Kleopatrafrisur, das eine fast animalische Grazie verströmte. Wenn man sie näher betrachtete, sah man, dass die Drogen bereits Spuren hinterlassen hatten. Ihre Wangen und Augenhöhlen wirkten eingefallen, noch aber überwog die Schönheit, die sie mit einem dunkel schimmernden Make-up zu unterstreichen wusste.
    Als sie an ihm vorüberkam, lächelte sie ihm zu.
    »Spannend, was wir so reden, nicht wahr?«
    »Verzeihung?«
    »Schon gut. Du renkst dir doch fast den Hals aus, um uns zu belauschen.«
    Er lächelte gezwungen.
    »Darf ich euch einen ausgeben?«
    »Warum? Bist du ein Bulle?«
    Die Frage brachte ihn aus dem Konzept. Offenbar konnte er den Leuten nichts vormachen. Daher beschloss er, mit

Weitere Kostenlose Bücher