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Der Utofant

Der Utofant

Titel: Der Utofant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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uns eine knallen. Tritt noch ein Stück zurück. Das Klingeln tönte weder schrill noch glockenvoll, noch scheppernd geisterhaft, es schlug bescheiden an, wie jemand, der in Gesellschaft an ein Glas schlägt, um Stille zu erzeugen. Die Tür ging langsam auf.
    Odysseus, den Kybernetikarm vor sich, und Michaela, beide Arme an sich gepreßt, um nirgends anzustoßen, traten in einen schmalen Gang und standen vor der zweiten Tür, indes die erste sich lautlos hinter ihnen schloß.
    Erfreulich, daß uns die Reporter nicht mehr sehen können, sagte Odysseus.
    Ein Schatten befiel das Rauhreifglas der zweiten Tür, und eine Kette wurde abgenommen. Es öffnete ein Butler, verbeugte sich, bat einzutreten. Wen darf ich melden?
    Odysseus Chloros, sagte Odysseus grinsend, und dann noch Michaela, wie heißt
du weiter?
Nymandsen, sagte Michaela.
    Frau Nymandsen, Herr Chloros, darf ich bitten. Sie möchten sicherlich Herrn Remm besuchen.
    Schon wahr, sagte Odysseus, ich möchte aber gleich erklären, ich bin kein Freund
von Remmschen Scherzen, ich lache nicht darüber.
Mann, dachte Michaela, der traut sich was.
    Sie können ganz beruhigt sein, Ihnen wird nichts geschehen, sagte der Butler. Das möchten wir am liebsten schriftlich haben, sagte Michaela. Sehr wohl. Sie können aber schon eintreten.
    Wir würden gerne in Ihrem schönen Vorraum warten, noch lieber in Ihrem Garten. Ja, bitte, wie Sie wollen, er schloß die Tür, die andere entließ sie in den Garten. Wirst du reingehen? fragte Michaela.
    Odysseus sagte, der Butler ist natürlich ein Automat. Schon 1798 baute in Preßburg Mechaniker Wolfgang von Kempelen den türkischen Schachspieler, es gab den Enslenschen Voltigeur, einen Flötenspieler von Vaucanson. Denen sah man an, daß sie künstlich waren. Beim heutigen Stand der Technik, besonders der Bioelektronik, wirkt der Roboter auf den ersten Blick wie ein Mensch. Aber man sollte genauer hinsehen. Gehen wir rein oder nicht?
    Um das Haus sind unauffällig Rettungskommandos verteilt, in meiner Tasche arbeitet ein erbsengroßer Sender.
    Wenn der nicht schon durch Remmsche Anlagen geortet wurde und im entscheidenden Moment außer Kraft gesetzt werden kann.
    Er arbeitet nach dem Lichtstrahlprinzip, das kannte der schlaue Remm noch nicht. Du denkst an alles.
    Auch du bist präpariert, ich habe was in deine Tasche getan. Zieh bloß die Jacke nicht aus, es könnte das Leben kosten.
    Bitte einzutreten; der Butler reichte ihnen auf einem silbernen Teller eine beschriebene Karte:

    Verehrte Frau Nymandsen, geehrter Herr Chloros,
    Sie haben nichts zu befürchten, ich liebe intelligente Leute. Seien Sie willkommen.
    Ihr Ernst Remm

    Darf ich Ihnen die Werkzeuge abnehmen, Sie benötigen Sie hier nicht.
    Sie folgten dem Butler durch die getäfelte Halle, vorbei an einer Bronzebüste von Remm, einer Versammlung schwarzer Ledersessel auf dunkelrotem Perserteppich. Eine dicke getäfelte Tür ließ sie in eine mit Teppichen doppelt und dreifach ausgelegte Bibliothek, wo um einen Tisch mit Löwenfüßen ebenfalls Sessel standen, aber mit dunkelgrünem Plüsch bezogen. Nehmen Sie bitte Platz, Herr Remm wird sofort erscheinen.
    Hast du schon etwas Automatisches am Butler entdeckt? fragte Odysseus. Direkt noch nicht. Er ist perfekt gemacht, auf den ersten Blick sieht man nichts.
    Ich habe Angst. Michaela schmiegte sich gegen ihre Gewohnheit an Odysseus. Gib es zu, du hast auch Angst.
    Ich bin neugierig, weiter nichts. Dies allerdings in hohem Maße. Wenn er wenigstens auch ein bißchen Angst hätte, würde ich weniger haben, dachte Michaela, als sich die Tür öffnete und Ernst Remm mit dem für ihn typischen, etwas schleifenden Gang zu ihnen trat. Zuerst reichte er Michaela die Hand, sie fühlte sich wie
    jede normale Hand an, dann Odysseus.
    Aber Odysseus versuchte Remms Hand festzuhalten, es schien eine Verklammerung einzutreten, doch Remm löste seine Hand elegant aus Odysseus’ Griff und deutete auf die Sessel.
    Odysseus versuchte ihn zu verwirren, so schien es Michaela, indem er auf einen Sessel zusteuerte, in den sich offenbar Remm gerade setzen wollte.
    Remm reagierte sofort, Sie haben recht, Herr Chloros, daß Sie diesen Sessel bevorzugen, er ist schon etwas ausgeheult und daher besonders bequem, und er nahm auf einem anderen Platz.
    Etwas ungelenk, zittrig kamen Michaela Remms Bewegungen vor, doch sie hatte nicht das Gefühl, einem Automaten gegenüberzusitzen. Verknöchert, ledern, aber ähnlich dem Remm auf dem blassen Zeitungsfoto:

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