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Der Utofant

Der Utofant

Titel: Der Utofant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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erfahren, müßten wir jetzt den Remm auf dem Friedhof ausgraben, er müßte jetzt schon einigermaßen verwest sein, wenn er keine Nachbildung ist. Vielleicht ist die aber auch täuschend echt verwesbar.
    Vielleicht waren Stoffe dran, die die Würmer gern verspeisen, so daß jetzt vielleicht ein sauberes Plastskelett daliegt oder sogar eins, das chemisch von einem echten kaum zu unterscheiden ist, sagte Michaela schaudernd.
    Der Wissenschaft zuliebe müßte man den Remm exhumieren, sagte Odysseus, aber ohne Genehmigung ist es strafbar.
    Ich würde den Friedhofsremm nicht ausbuddeln, sagte Michaela, es muß eine andere Möglichkeit geben. Ich könnte versuchen, den anderen Remm zu verführen, dabei würde sich vielleicht herausstellen, ob er echt ist. Odysseus meinte, wenn er echt ist, ist er zu alt. Wenn er ein Automat ist, kann er es nicht, sagte Michaela.
    Wieso nicht, wenn er darauf programmiert ist, kann er es. Du mußt ihm nur die richtigen Worte eingeben oder ihn an den vorgesehenen Punkten drücken. Dann wäre der beste Beweis seiner Menschlichkeit, daß er es nicht kann. Vielleicht kann er es auch, lehnt es aber ab, weil er den Test riecht, sagte Odysseus, eher käme dafür der Butler in Frage, der sieht rüstiger aus.
    Den Butler mag ich nicht, sagte Michaela. Remm tut mir leid, ob er nun ein Automat ist oder nicht. Hast du gesehen, wie er schleifend über den Teppich zog. Eigentlich ist es egal, ob der wahre Remm, falls er in dem Grab liegt, schon ein Skelett ist oder nicht, ob eine Nachbildung drin liegt oder nicht. Der Remm, den wir heute kennengelernt haben, ist für mich der wahre Remm. Wieso das?
    Falls er nicht der biologisch echte Remm ist, so stellt er doch dar, was von dem einst lebendigen Ernst Remm übriggeblieben ist. Falls der biologisch echte Remm auf dem Friedhof liegt, sagen mir diese Knochen überhaupt nichts, höchstens wieviel Zähne der Remm noch gehabt hat, ob er ermordet wurde, vielleicht woran er starb, ob er sich mal die Rippen gebrochen hatte. Aber denke mal, wenn der biologische Remm nach tausend Jahren ausgegraben und gleichzeitig der automatische Remm aufgefunden würde, welcher würde mehr Aufschluß über unser heutiges Leben und über Remms Zeitalter geben? Darum ist es für mich gleichgültig, was dieser Remm äußerlich ist. Wenn er ein Automat ist, den Remm nach seinem
    Bilde hergestellt hat, dann ist dieser eben der richtige Remm.
    Michaela meinte, Chloros blicke jetzt sauertöpfisch und unzufrieden. Er sagte
böse, erkläre mir dein Verhältnis zu diesem Remm.
Wie stehst du zu ihm?
    Wenn der Remm, der Automaten herstellen konnte, nicht mehr lebt, ist für mich der Automat der wahre Remm. Eines Tages könnte jeder Mensch in der Lage sein, von sich ein Abbild, meinetwegen einen Automaten herzustellen, so könnte er nach seinem Tod als Automat weiterleben. Der Automat wäre seine Hinterlassenschaft. In den Automaten Remm ist für mich alles hineingepackt, was der Remm in seinem Leben dachte und erfahren hat. Ich behandle ihn also auch als Menschen. Und den Butler? fragte Odysseus.
    Wenn der ein von Remm hergestellter Automat ist, betrachte ich ihn als kybernetischen Scherz. Er ist die Schablone des treuen Dieners, die kybernetische Darstellung einer Funktion. Ist er aber das Produkt seiner selbst, betrachte ich ihn als menschlich. Aber ich fühle, daß er nicht menschlich ist, weder im ursprünglichen biologischen Sinne noch im Sinne des von seinem menschlichen Urbild Gemachtseins, er ist ein beziehungsloser unpersönlicher, gefühlsleerer Automat. Solche Gegenstände behandelt man pfleglich, das ist aber auch alles.
    Könnte ja sein, daß Remm seinem treuen Diener ein Überleben sichern wollte und ihn genau mit allen seinen Eigenarten nachgebildet hat, sagte Odysseus. Es interessiert mich eigentlich nicht, sagte Michaela, ich möchte nächstes Mal Remm nach dem Üblen fragen, das man ihm in dieser Stadt bereitet hat. Vielleicht erzählt er es uns, aber vorher sehen wir uns das Archivmaterial an, dann wissen wir gleich, welche speziellen Fragen wir an ihn richten sollen. Und er wird uns auf jede automatisch eine Antwort geben. Das wollen wir sehen.
    Nach jenem aufregenden Tag hätte es Michaela für nicht abwegig gehalten, in Odysseus Appartement zu übernachten, mochte es noch so ungemütlich sein. Odysseus sagte aber unvermittelt, wir wollen uns verabschieden, ich bin geschafft, ich möchte mich regenerieren. Wann gehen wir zum Archiv?
    Ist das nötig? Ich rufe dich mal

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