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Der Utofant

Der Utofant

Titel: Der Utofant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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der spitze, jetzt etwas zerzauste, dünn gewordene Bart, die schattenden Augenbrauen, schwere, mehrfach gefaltete Lider, ein Leberfleck neben der großen, gebogenen, fleischlosen Nase. Die Stimme heiser und an den Satzenden schwer verständlich: Zunächst möchte ich Ihnen etwas anbieten, ich denke an einen alten französischen Kognak von 1968. Die Flasche ist numeriert, wie Sie sich überzeugen können. Der Butler hielt schon die verkorkte Flasche vor ihre Augen.
    Odysseus nickte, und Michaela glaubte etwas Automatisches an dem Butler zu bemerken, als er die Flasche entsiegelte, entkorkte, kristallene Schalen auf dem Tisch verteilte und schwungvoll einschenkte.
    Odysseus sagte, die Luft ist hier ein bißchen alt, könnten wir ein Fenster öffnen. Mir wäre es auch lieber, sagte Remm. Die Fenster rollten selbsttätig auf, die schweren staubigen Gardinen wehten seitwärts.
    Auf Ihr Wohl, sagte Remm, ich freue mich, daß Sie mich besucht haben. Michaela schmeckte, es war wirklich guter Kognak. Sie befürchtete nicht, plötzlich umzufallen, sie fühlte sich wohl beim alten Remm.
    Sie können uns jetzt allein lassen, Clodemichel, sagte Remm, und der Butler ver
ließ lautlos den Raum.
Odysseus saß eine Weile steif und stumm.
    Remm räusperte sich, meine lieben jungen Leute, Ihre Zweifel stehen Ihnen gut zu Gesicht, ich bin der wirkliche Remm, jetzt 106 Jahre alt, ungefähr, in meinem Alter zählt man die Jahre nicht mehr so genau. Die Imitation liegt auf dem Friedhof, Sie kennen sicher die Stelle. Sie werden fragen, warum ich mich hier mit so vielen kybernetischen Fallen abgesichert habe. Wissen Sie, ich mag Leute nicht, die kein Risiko auf sich nehmen, die wollte ich von dieser Villa fernhalten, die hocken feige wie impotente Zwerge in den Winkeln und kommen nur hervorgekrochen, wenn es etwas zu holen gibt. Sie haben mich oft betrogen, oft ausgenommen, ich trage es keinem nach, aber ich wollte und will sie hier nicht sehen. Können Sie das verstehen? Sehr gut, sagte Michaela.
    Trinken wir noch einen, sagte Remm, der Kognak ist wirklich gut. Ich sehe Ihren Gesichtern an, die Vielzahl der Eindrücke verwirrt Sie, und Sie möchten sie erst einmal verarbeiten. Das sollen Sie auch. Wenn es Ihnen recht ist, besuchen Sie mich wieder. Ich bin immer hier zu finden. Denken Sie erst über alles nach, was Sie hier gesehen haben. Ich freue mich, Sie kennengelernt zu haben, darf ich Sie hinausgeleiten.
    Michaela hatte sich schon erhoben, es war zwar Licht in die staubige Plüschhöhle gefallen, sie hatte aber nicht feststellen können, wer automatisch war und wer nicht.
    Remm schleifte über die Teppiche bis zum inneren Eingang. Dort gab der Butler Odysseus den kybernetischen Arm und die übrigen Werkzeuge in der gelben Tasche zurück.
    Remm, indem er Odysseus die Hand drückte, riet ihm, beim nächsten Besuch das Rettungskommando beiseite zu lassen, auch die Werkzeuge seien unnötig, nicht einmal des Lichtstrahlsenders bedürfe er. Remm gab ihm sein Wort darauf. Michaela küßte er die Hand.
    Kaum war die Außentür hinter ihnen zugefallen, sagte Michaela, wir erzählen keinem etwas, die sind zu blöde, die verstehen alles falsch, wir sagen, wir hätten bis jetzt noch nichts entdeckt, wir müßten noch mal hingehen.
    Einverstanden, sagte Odysseus, so denke ich auch. Er scheuchte die Reporter zurück. Bitte fragen Sie nicht, oder ich muß die Arbeit niederlegen.
    Was ist denn da drin, fragte einer, was haben Sie im Hausgesehen? Er wollte in den Garten treten und erhielt einen Schlag, daß er taumelte.
    Sie sehen selbst, sagte Odysseus. Aber niemand hatte etwas gesehen, vielleicht einen Schatten, aber beschworen werden konnte es nicht.
    Vor Odysseus Appartement warteten Hochschulkybernetiker, die angaben, ihn bei seiner Arbeit theoretisch unterstützen zu wollen.
    Es ist für mich verwirrend, sagte er, ich fürchte, daß es gefährlich ist, wenn ich jetzt schon spreche, auch für Sie, meine Herren, ich möchte das alles durchdenken, dann gebe ich einen Bericht, im Grunde sind es nur kybernetische Scherze, aber üble darunter, ein neugieriger Reporter hat eins verpaßt bekommen. So gelang es Odysseus, auch sie zu verscheuchen.
    Ist er nun ein Automat oder nicht, fragte Odysseus, was ist dein Eindruck? Michaela sagte, der Remm auf dem Friedhof soll schon einmal exhumiert worden sein, da hätte man es gemerkt, wenn er eine Attrappe gewesen wäre.
    Was glaubst du, wie bei der Polizei gepfuscht wird, sagte Odysseus. Um es genau zu

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