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Der Vampir

Der Vampir

Titel: Der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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im Bett gelegen und darauf gewartet, daß...« Sie biß sich auf die
Lippen. »Nun ja, jedenfalls habe ich hier gelegen und war hellwach; und ich
kann mir kaum vorstellen, daß ich nicht bemerkt hätte, wenn jemand eine Leiche
durchs Zimmer getragen hätte. Oder?«
    »Vermutlich nicht«, sagte ich
niedergeschlagen. »Vielleicht hat der Betreffende die Leiche im geheimen Gang
versteckt ?«
    »Ach, reden Sie doch keinen
solchen Blödsinn !« flüsterte sie giftig. »Sie haben
sicher einen Alptraum gehabt oder so etwas und...«
    Ihre Augen weiteten sich
erneut. »Sind Sie vielleicht deshalb in mein Zimmer gekommen ?«
    »Nun, ja«, sagte ich ohne
nachzudenken. »Es sollte als Ablenkungsmanöver gedacht sein .« Ich sah die aufsteigende Wut in ihren Augen und babbelte weiter. »Sie wissen,
wie Boris’ Vater, der Prinz, zu sagen pflegte, erst ablenken, dann...«
    Das Geräusch, das ihre in
meinem Gesicht landende Hand verursachte, war scharf und explosiv und tat
verteufelt weh. »Sie sabbernder Lügner !« knurrte sie.
»Da schleichen Sie sich mitten in der Nacht in mein Zimmer und versuchen, mir
mit all diesem Quatsch über Leichen Angst einzujagen, während Sie die ganze
Zeit über nichts anderes wollten, als...« Sie gab mir eine erneute Ohrfeige,
diesmal noch heftiger.
    Ich starrte sie wie durch Nebel dunst hindurch an, während mein Kopf von der
Erschütterung noch dröhnte, und fragte mich benommen, ob sie nun wohl übergeschnappt
sei. Was bewog sie plötzlich, mit beiden Händen in ihre Frisur zu fahren und
sie absichtlich zu zerzausen? Die Antwort auf diese Frage erfolgte ziemlich
schnell, nämlich ein paar Sekunden später, als sie wirkungsvoll ihren kostbaren
Aufbau zerstört hatte, so daß ihr Haar nun von der Kopfhaut abstand, als ob sie
von ein paar mit stumpfen Scheren ausgerüsteten Gespensterfriseuren zu Tode
erschreckt worden wäre.
    »Was ?« murmelte ich mit belegter Stimme. »Was tun Sie da ?«
    »Das werden Sie gleich merken !« Sie ließ sich Zeit, mir ein gehässiges Lächeln zukommen
zu lassen, warf dann den Kopf zurück und begann, wie am Spieß zu schreien.
    Während der wilde Lärm noch in
meinen Ohren gellte, rannte sie zum Bett zurück, warf sich darauf und schlegelte
mit Armen und Beinen darauf herum, bis die Bettlaken wie Hinterlassenschaften
einer römischen Orgie aussahen. Draußen hämmerte der Butler wie wahnsinnig
gegen die Tür und fragte, ob mit ihr alles in Ordnung sei. Noch immer benommen,
sah ich blöde zu, wie sie wieder vom Bett sprang und zur Tür hinüberrannte.
Dort blieb sie einen Augenblick lang stehen, um mir erneut dieses gehässige
Lächeln zukommen zu lassen, bevor sie den Mund öffnete und kreischte: »Ein
Verrückter will mich vergewaltigen! Helfen Sie mir, Farthingale !« Gleich darauf schloß sie die Tür auf und fiel in
künstlerischer Pose auf den Boden, und jeder Zoll ihres malerisch
ausgestreckten Körpers schrie nach der Schlagzeile:
    Frau
nach wiederholten Vergewaltigungsversuchen eines Sittenstrolches
zusammengebrochen!
    Die Tür fuhr auf, und Farthingale kam zu ihrer Rettung hereingestürzt. Er blieb
einen Augenblick lang stehen und blickte auf die mitleiderregende nackte
Gestalt auf dem Boden. Imogen produzierte
bereitwillig ein paar Tränen und einige kleine Wimmerlaute, um ihn in Aktion zu
halten. Dann blickte er auf mich, und sein gelbliches Gesicht nahm die Farbe
satten Safrans an, während seine Hand in der Innenseite seiner Jacke
herumfummelte und mit einem langen Messer wieder zum Vorschein kam. Ich sah,
wie die lange leichenähnliche Gestalt auf mich zukam, während das Messer in
seiner Hand gelegentlich im Schein der Nachttischlampe aufblitzte, und
überlegte, daß es gut wäre, wenn ich etwas recht Massives zwischen ihn und mich
brächte — wie zum Beispiel eine Wand!
    Ich wich zurück, bis ich mit
den Schultern gegen diese Wand stieß, drehte mich dann schnell um und lehnte
dagegen. Die Wand schwang nach innen, und ich ging mit, wobei ich so kräftig
dagegen drückte, daß sie sich schnell drehte und, als ich mich wieder in dem Geheimgang
befand, zuschlug. Ganz bestimmt würde der Totenschädel nicht so leicht
aufgeben, aber das letzte, was ich mir wünschte, war, mit ihm in der Dunkelheit
und einem begrenzten Aktionsradius allein zu sein; und deshalb wartete ich, die
Hände flach gegen die Wand gedrückt, bis sie sich wieder zu drehen begann, als Farthingale auf der anderen Seite dagegenpreßte .
Es war entschieden eine Szene aus einem

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