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Der Vampir

Der Vampir

Titel: Der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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und gleichzeitig nach etwas greifen mußte, an dem
ich mich festhalten konnte. Gleich darauf stellte ich fest, daß ich die festen
Rundungen ihrer Sitzfläche fest umklammert hielt — es war ein vollendeter
Stützpunkt. Es war ein aufregendes wissenschaftliches Experiment, aber die
Reaktion schien sich irgendwie von der zu unterscheiden, welche die Eierköpfe
erzielen, wenn sie einen neuen Virus entdeckt haben. Imogen schien ihrerseits ebenfalls in Experimentierlaune zu sein. Ihre Zähne nach wie
vor fest in meine Unterlippe vergraben, ließen ihre Hände meinen Hals los,
glitten unter meine Jacke, rissen mein Hemd auf und begannen, spielerisch
Bestandteile aus meiner Brust herauszuzerren.
    In Windeseile setzte Verwirrung
ein. Ich wußte, es war wichtig, ihr klarzumachen, warum ich in Wirklichkeit da
war, aber dazu hatte ich keine Gelegenheit, bevor sie meine Unterlippe losließ;
und mit jeder verstreichenden Sekunde verminderte sich mein Bedürfnis, ihr den
wahren Grund meines Daseins zu erklären, in einer Art geometrischer
Progression. Dann ließ sie plötzlich meine Unterlippe los, und ich hatte
endlich eine Chance, den Mund wieder weit zu öffnen.
    »Gluck !« war alles, was ich sagen konnte, bevor mir ihre Zunge jede weitere
Ausdrucksmöglichkeit abriegelte.
    Zum Teufel mit dem Ganzen,
dachte ich, während ich um so fester meinen Stützpunkt umklammerte. War es meine Schuld, wenn ich in meinem
Bemühen, das Leben der drei anderen zu retten, aufgehalten wurde? Ein paar hier
oder dort verbrachte Minuten — und vor allem hier — würden doch wohl nicht viel
ausmachen? Die anderen konnten allemal die Tür verbarrikadieren, wenn das pfeifende
Ding zurückkehrte. Und hatte ein unerschrockener Pionier wie ich nicht Anspruch
auf Belohnung, wie Imogen sich ausgedrückt hatte? Und
ihrem Verhalten nach hatte ich durchaus den Eindruck, als erhielte ich diese
Belohnung demnächst. Aber dann nahm die Nemesis, die sich jeweils ein
besonderes Vergnügen daraus macht, in Larry Bakers Liebesleben zu pfuschen, die
Sache in die Hand; oder vielleicht hob auch ein anderer die Hand und benutzte
sie, um an die Tür zu klopfen.
    Imogen erstarrte. Ihr Körper verharrte
einen Augenblick lang steif an dem meinen, und dann wurde erneut geklopft,
diesmal noch lauter. Sie löste zögernd ihre Lippen von meinem Mund und seufzte
tief.
    »Verdammt und zugenäht !« flüsterte sie wütend. »Wer, zum Teufel, ist denn das ?«
    »Weiß nicht«, flüsterte ich
zurück.
    Erneut ertönte das Klopfen, und
zwar äußerst dringend, als stünden die Barbaren vor den Pforten des Schlosses
oder etwas Ähnliches.
    Imogen räusperte sich laut. »Wer ist
draußen ?«
    » Farthingale ,
Madam.« Das schicksalsträchtige Geflüster hatte sich in eine schrille Stimme
verwandelt, was noch tödlicher klang.
    »Was wollen Sie ?«
    »Kann ich Sie einen Augenblick
sprechen, Madam ?«
    »Zu dieser Nachtzeit !« sagte Imogen scharf. »Nein, das
hat Zeit bis morgen .«
    »Entschuldigung, Madam!« Die
Stimme blieb ungerührt. »Aber ich muß Sie jetzt sprechen. Es ist dringend .«
    Imogen verzog wütend das Gesicht und
zuckte dann resigniert die Schultern. »Es nützt nichts«, flüsterte sie. »Wenn
er in dieser Stimmung ist, klopft er stur die ganze Nacht an die Tür. Jemand
sollte eine Möglichkeit erfinden, die alten treuen Familienfaktoten schmerzlos zu entfernen, wenn sie ihre Nützlichkeit eingebüßt haben .« Sie räusperte sich erneut und hob dann die Stimme. »Na
gut, Farthingale , aber Sie müssen warten, bis ich
mich angezogen habe .«
    »Sehr wohl, Madam.«
    »Was ist mit mir ?« zischte ich aufgebracht.
    »Sie können hinter die Wand
schlüpfen, bis er weg ist, Darling .« Sie lächelte
wollüstig. »Dann wird es in dieser Nacht keine ärgerlichen Unterbrechungen mehr
geben, das verspreche ich Ihnen !«
    »Sie können Farthingale nicht hier hereinlassen !« zischte ich erneut. »Nigel
Carlton ist tot — erdrosselt — , und wenn dieser
Butler es nicht selber getan hat, dann weiß er jedenfalls bestimmt, wer es
gewesen ist!«
    Ihre Augen weiteten sich, während
sie mich eine Sekunde lang anstarrte; und dann verlosch plötzlich all der
verheißungsvoll wollüstige Glanz in ihren Augen. »Was haben Sie da gesagt ?«
    »Jemand kam von Ihrem Zimmer
her durch den Geheimgang und lud seine Leiche in meiner Kleiderkammer am
anderen Ende ab«, sagte ich. »Das ist erst vor etwa einer Viertelstunde
passiert und...«
    »Ich habe seit mindestens einer
halben Stunde

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