Der Vater des Attentäters (German Edition)
King Jr. auf dem Balkon eines Motels in Memphis von einem Scharfschützen niedergestreckt. James Earl Ray wurde gefasst, aber niemand wollte glauben, dass er ein Einzeltäter war.
So auch bei RFK : Obwohl er in einer Küche voller Menschen erschossen worden war, vor etlichen Augenzeugen, wollte niemand glauben, dass dieser zierliche arabische Einzelgänger Amerikas Goldjungen in Eigenregie getötet hatte. Kennedy war schließlich keine unumstrittene Person. Er hatte eine lange, öffentliche Auseinandersetzung mit J. Edgar Hoover geführt, dem berüchtigten Chef des FBI . Als Justizminister unter der Präsidentschaft seines Bruders hatte Robert die italienische Mafia verfolgt. Er stand auf schwarzen Listen. Er hatte Feinde. So viel war klar.
Zweifel an den Fakten kamen auf. Die Pistole, die Sirhan Sirhan abgenommen worden war, fasste acht Patronen, einige Zeugen wollten aber wenigstens zehn Schüsse gehört haben. Und dann waren da die Einschussstellen. Kennedy war zweimal in den Rücken getroffen worden, unter dem rechten Schulterblatt. Beide Schüsse wurden aus einem niedrigen Winkel abgegeben, die Schusskanäle zeigten nach oben. Die dritte Wunde befand sich am Hinterkopf, die Kugel war direkt unter dem rechten Ohr in den Schädel eingetreten und hatte das Gehirn durchschlagen. Alle Zeugen hatten Sirhan Sirhan aber vor Kennedy stehen sehen. Wie hatte er ihm dann in den Rücken schießen können?
Schließlich war da noch «die junge Frau in dem gepunkteten Kleid». Verschiedene Zeugen hatten sie zusammen mit einem Mann wenige Augenblicke nach dem Attentat das Hotel verlassen sehen. Eine Wahlkampfhelferin, die draußen auf der Feuertreppe des Ambassador Hotel saß, erinnerte sich, dass die Frau in dem gepunkteten Kleid aus dem Hotel gerannt kam und schrie: «Wir haben ihn erschossen!» Sie sei in Begleitung zweier Männer gewesen.
Ein Kellner des Ambassador Hotel gab an, die Frau in dem gepunkteten Kleid vor dem Attentat direkt neben Sirhan Sirhan gesehen zu haben.
Ein Taxifahrer behauptete, kurz nach dem Attentat seien eine junge Frau und zwei Männer vor dem Hotel in seinen Wagen gestiegen.
Einer der Wahlkampfmanager Kennedys sagte aus, vor dem Attentat einen großen Mann mit einer jungen Frau in der Küche gesehen zu haben.
Und es gab weitere Aussagen in der Richtung. In der Medizin lernen wir, eine Differenzialdiagnose zu stellen, indem wir sämtliche für die Symptome des Patienten in Frage kommenden Krankheitsbilder auflisten und den Krankheitsverlauf studieren: Worin besteht die hauptsächliche Beschwerde? Was sind die damit verbundenen Symptome? Was wissen wir über die medizinische Vorgeschichte des Patienten, über wichtige Hinweise aus Privat- und Berufsleben sowie frühere und gegenwärtige Therapien? All das hilft uns, die in Frage stehende Krankheit zu diagnostizieren, aber nicht jedes Symptom ist notwendigerweise mit ihr verbunden. Manche Symptome sind unbedeutend. Die Aufgabe des Arztes besteht darin, sämtliche Daten in Betracht zu ziehen und zu entscheiden, was relevant ist und was nicht.
Eine Hotelküche voller Menschen, Männer wie Frauen. Eine junge Frau in einem gepunkteten Kleid. Sie verlässt das Hotel mit zwei Männern. Zeugen hören sie rufen: «Wir haben ihn erschossen!» Aber es ist genauso gut möglich, dass sie gerufen hat: «Sie haben ihn erschossen!»
Dr. Thomas Noguchi, der leitende Gerichtsmediziner von Los Angeles, untersuchte Kennedy wenige Stunden nach seiner Ermordung. Er holte eine vollständige Kugel sowie einzelne Kugelteile aus seinem Körper. Drei Rechtsmediziner vom Militärinstitut für Pathologie und zwei örtliche Gerichtspathologen wohnten der Autopsie bei. In seinem Bericht schrieb Noguchi, die Kugel, die RFK getötet habe, sei «durch den Warzenfortsatz des Schläfenbeins gedrungen, einen Zoll hinter dem rechten Ohr, und von dort weiter hinauf. Dabei hat sie einige Verzweigungen der mittleren Hirnarterie zerstört.» Der größte Teil der Kugel habe sich im Hirnstamm wiedergefunden.
Ein zweites Projektil war durch die Achsel in den Körper eingedrungen und mit einem Steigungswinkel von neunundfünfzig Grad durch den oberen Brustbereich wieder ausgetreten. Noguchi schrieb, Kennedys Arm müsse zu dem Zeitpunkt erhoben gewesen sein.
Eine dritte Kugel hatte ihn vier Zentimeter tiefer getroffen und war in der Nähe des sechsten Halswirbels stecken geblieben. Das war die Kugel, die noch vollständig war.
Ein weiteres Einschussloch fand sich in Kennedys
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