Der verbannte Highlander
dass etwas nicht in Ordnung war, noch bevor er zu sprechen anfing.
»Beeilt euch«, drängte der alte Mann. Er warf Patrick einen wissenden Blick zu. »Es kommen Männer hierher.«
»Habt Ihr sie gesehen?«, fragte Patrick. Der zärtliche Tonfall in seiner Stimme war völlig verschwunden – als wäre er nie da gewesen. Wieder einmal war er der harte, unerbittliche Krieger.
Der Fischer schüttelte den Kopf. »Nur von weitem. Aber da sie aus den Hügeln herunterkommen, nahm ich an, dass sie hinter Euch her sind.«
Die kurze Überfahrt ans Ufer schien nicht enden zu wollen.
Lizzie konnte sehen, dass Patrick aufmerksam die Bäume und Hügel im Süden beobachtete – die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Als sie endlich das Ufer erreichten, bedankte Patrick sich bei dem Mann und gab ihm ein paar weitere Münzen. »Wenn sie kommen, dann würde ich es begrüßen, wenn Ihr unsere Anwesenheit hier für Euch behaltet.«
Der alte Mann nahm eine Münze zwischen die Zähne und biss darauf. Offensichtlich zufrieden brach er in ein breites Zahnlücken-Grinsen aus, das seine gerötete, wettergegerbte Lederhaut in hunderte kleine Falten legte. »Von mir hören sie kein Wort«, versprach er.
Ohne weiter Zeit zu verschwenden nahm Patrick Elizabeth bei der Hand und führte sie am Ufer entlang, zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Als der Loch hinter ihnen lag, gingen sie weiter nach Westen. »Glaubst du, es ist dein Bruder?«, fragte sie.
»Oder deiner«, antwortete Patrick. »So oder so, wir müssen Balquhidder als Erste erreichen.«
Sie liefen eine Weile, vielleicht eine Meile weit, doch der Boden war schlüpfrig und Lizzie fiel es schwer, Schritt zu halten. Die Herausforderungen der letzten Tage forderten ihren Tribut; ihre Beine waren weich wie Pudding.
Doch sie biss sich auf die Zunge und weigerte sich, zu klagen. Das hier war der erste Tag vom Rest ihres Lebens, und sie gewöhnte sich besser daran.
Einzelne Gebäude kamen in Sicht und sie wusste, dass sie schon nahe sein mussten. Patrick war ein paar Schritte vor ihr, als sie plötzlich ausrutschte und den Halt verlor. Jäh fiel sie nach hinten und landete hart in einer Schlammpfütze. Der Aufprall nahm ihr den Atem und ein heftiger Schmerz schoss ihr Rückgrat entlang. Der Sturz hatte sie so erschreckt, dass es ein paar Augenblicke dauerte, bis ihr bewusst wurde, dass sie sich nicht verletzt hatte.
Patrick rannte zu ihr. »Geht es dir gut?«
Sie nickte. »Ich glaube schon. Es ist wohl hauptsächlich mein Stolz, der verletzt ist.« Sie lächelte. »Ich bin normalerweise nicht so tollpatschig.«
Ihr Lächeln schwand. Bis auf einmal. Sie sah zu Patrick hoch und las in seinem Gesicht Besorgnis und noch etwas anderes. Er reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen, und sie ergriff sie, während er sie auf die Beine zog.
Jähes Wiedererkennen durchzuckte sie und etwas klickte in ihrem Kopf, wie zwei Puzzleteile, die sich zusammenfügten.
Mit einem Aufkeuchen zog sie die Hand zurück, als der Schatten einer Erinnerung sie traf. An einen edlen Ritter, der ihr in einem der schlimmsten Momente ihres Lebens beigestanden hatte. Ihr Blick flog zu seinen Augen und der Mund wurde ihr trocken.
»Mein Gott, das warst du!«, hauchte sie. »An jenem Tag bei den Spielen.«
»Aye «, antwortete er sanft. »Das war ich.«
Einen Augenblick lang war sie überwältigt. Überwältigt von der Erkenntnis, dass ihr Ritter in schimmernder Rüstung und der Mann, dem sie ihr Herz geschenkt hatte, ein und derselbe waren. Sie tat ein paar Schritte auf ihn zu, warf sich in seine bereitwillige, schützende Umarmung und stieß einen tiefen Seufzer der Zufriedenheit aus, als seine starken Arme sie umschlangen. Die Wange an seine Brust geschmiegt schwelgte sie in der Entdeckung, dass die Verbindung zwischen ihnen noch weiter reichte, als sie sich je vorgestellt hatte.
Er war es. Sie konnte es nicht glauben.
War es Schicksal, das sie beide zusammengeführt hatte?
Es dauerte einen Augenblick, bis sie die Worte fand, die sie in ihren Träumen dem Mann, der so liebenswürdig zu ihr gewesen war, eines Tages hatte sagen wollen, falls sich jemals die Gelegenheit ergeben sollte. Sie lächelte, und das pure Erstaunen ließ Tränen in ihren Augen schimmern. »Danke.«
Bei ihrem Lob schien er sich unbehaglich zu fühlen. »Nicht der Rede wert.«
Doch sie wussten beide, dass es viel mehr als das war – er hatte sein Leben riskiert, als er ihr half. Er hatte ihr beigestanden, als
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