Der verbannte Highlander
niemand sonst es tat. Wie konnte sie etwas anderes als ihm ewig dankbar sein? Kopfschüttelnd sah sie hoch in sein gutaussehendes Gesicht. »Das verstehe ich nicht. Warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Das konnte ich nicht. Dann hättest du gewusst, dass ich ein MacGregor bin.«
Sie nickte, dann runzelte sie die Stirn. »Aber warum nicht später? Warum hast du es mir nicht gesagt, nachdem ich herausgefunden hatte, wer du bist? Du musst doch gewusst haben, wie dankbar ich dir sein würde.« Seine Ritterlichkeit war der einzige Lichtblick an jenem schrecklichen Tag gewesen.
»Ich dachte, die Erinnerung würde dich schmerzen – ich war der Ansicht, dass es besser in der Vergangenheit ruhen sollte.«
Sie zuckte zusammen, denn mit einem Mal führte sie sich die Szene, die er beobachtet hatte, mit beschämender Klarheit vor Augen. Wie sie ausrutschte und rücklings in der Pfütze landete. Wie sie dort saß, vor Schlamm triefend und bis auf die Knochen blamiert. Niemand, der ihr zu Hilfe kam.
Hatte er gehört, was John und seine Freunde gesagt hatten?
Ihre Wangen wurden heiß vor Scham. Natürlich hatte er das.
Zu beschämt, um ihn anzusehen, senkte sie den Blick, aus Angst, sie würde Mitleid in seinem Gesicht sehen.
Er legte ihr die starken Finger unters Kinn und zwang sie sanft, ihn wieder anzusehen. »Sie sollten sich schämen, nicht du, Lizzie.« Sanft küsste er sie auf die Lippen. »Vergiss es einfach. Dieser Tag war vor langer Zeit und hat nun keine Bedeutung mehr für uns.«
Er hatte recht. Was damals geschehen war, gehörte der Vergangenheit
an und er war ihre Zukunft. Die Erinnerung würde immer schmerzhaft bleiben, doch dass sie jetzt wusste, welche Rolle er dabei gespielt hatte, würde sie vielleicht ein wenig erträglicher machen.
Sie überspielte ihre Verlegenheit mit einem schiefen Lächeln und einem kläglichen Versuch von Selbstironie. »Was musst du dir nur von mir gedacht haben? Ich war sicher ein recht erbärmlicher Anblick.« Verlegen lachte sie. »Nicht gerade ein guter erster Eindruck. Ich kann nicht glauben, dass du danach überhaupt noch versuchen wolltest, mich zu einer Heirat zu überlisten. Ich nehme an, du hast den kürzesten Strohhalm gezogen.«
Der Scherz traf dumpf auf unbehagliches Schweigen.
Erwartungsvoll sah sie zu ihm hoch, doch anstatt dass er sie beruhigte, sah sie überrascht etwas wie Schuldgefühl aufblitzen.
Ihr kläglicher Versuch, ihm ein Kompliment zu entlocken, war fehlgeschlagen – auf schreckliche Weise. Das Lächeln wich aus ihrem Gesicht und sie trat zurück und sah ihn unsicher an.
»So war es nicht«, sagte er einen Augenblick zu spät. »Ich bin glücklich, dich zu haben, Lizzie. Ich hätte niemals geglaubt, dass ich eine Frau wie dich haben könnte und deshalb ergriff ich die Gelegenheit sofort. Ich wollte nichts davon hören, dass es jemand anderes tut.«
Urplötzlich traf sie die Bedeutung dessen, was er gesehen – und dann getan hatte – mit solcher Wucht, dass es ihr den Atem raubte. Er versuchte, sie erneut in die Arme zu nehmen, doch sie wich aus seiner Reichweite. »Patrick«, unverwandt sah sie ihm in die Augen und nahm jede Facette seiner Reaktion in sich auf, »hat das, was du an jenem Tag gesehen hast, eine Rolle bei deiner Entscheidung gespielt, mir nachzustellen – mich zu verführen, damit ich dich heirate?«Ihr Herz hämmerte wie wild, als sie die Antwort bereits ahnte.
Der Ausdruck in seinen Augen sagte alles.
Bitte, alles, nur kein Mitleid! Die Eingeweide zogen sich ihr zusammen und am liebsten hätte sie sich zu einer Kugel zusammengekrümmt.
Mit quälend brennendem Schmerz in der Brust wich sie einen Schritt zurück. »Gott, das hat es!«, stieß sie hervor, und ihre Stimme war heiser vor Qual.
»Es ist nicht so, wie du denkst«, entgegnete er heftig.
Er konnte sich gar nicht vorstellen, was sie dachte. Er hatte vermutlich in seinem ganzen Leben noch keinen Augenblick der Selbstzweifel oder Unsicherheit erlebt. Ihr Blick glitt über sein allzu perfektes Gesicht und das Herz klopfte ihr angestrengt in der wie zugeschnürten Brust. In ihren Augen schwammen Tränen. »A-a-arme, bedauernswerte Elizabeth Campbell.« Sie holte tief Luft, um das Stottern aus ihrer Stimme zu verdrängen. Konnte sie sich denn noch mehr blamieren? »Ein unscheinbares Mädchen mit einem Stottern und drei gelösten Verlobungen würde dankbar für die Aufmerksamkeit eines jeden Mannes sein, ganz zu schweigen eines so sündhaft gutaussehenden wie
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