Der verbannte Highlander
ermöglichen. Natürlich würde man sie verfolgen, aber sobald
sie sich erst einmal in den Wäldern und Hügeln befanden, waren die MacGregors im Vorteil.
Sie waren daran gewöhnt, gejagt zu werden.
Von seinem Standort aus hatte Patrick einen guten Blick auf die Reihe von Bogenschützen, die sich darauf vorbereiteten, ihre ersten Pfeile auf die auf Erdhügeln befestigten Zielscheiben abzufeuern. Alles, was ihm noch zu tun blieb, war zusehen und warten. Mit jeder Runde würde die Neugier der Menge auf den talentierten Fremden wachsen, und damit auch das Risiko. Sobald sein Cousin die Kapuze abnahm, blieb nicht mehr viel Zeit.
Bis dahin war es wichtig, dass er nichts tat, das die Aufmerksamkeit auf ihn zog. Eine falsche Bewegung …
Er warf einen Blick zu der kleinen Erhöhung in der Nähe der Burg hinüber, einer hölzernen Konstruktion, die durch den grauen Nebel gerade noch zu erkennen war. Der berüchtigte Hinrichtungshügel. Bis Sonnenuntergang könnten sie alle drei vom häufig genutzten Galgen der Campbells baumeln.
Der Wettbewerb fing an und die Menge wurde immer ausgelassener und lauter, je mehr Ale floss. Besonders eine Gruppe von Männern war schwer zu überhören. Patrick erkannte den Mann mit der lautesten Stimme. Es war John Montgomery, der Bruder des Earls of Eglinton. Es ging das Gerücht, dass der Earl eine Verbindung mit Argyll suchte, um dadurch Verbündete für seine tödlichen Fehde mit den Cunninghams zu gewinnen.
Offensichtlich steckte in dem Gerücht ein Körnchen Wahrheit. Soweit er wusste, hatte sich Montgomery kürzlich mit Elizabeth Campbell verlobt, Argylls Cousine und Schwester des Campbell of Auchinbreck, Jamie Campbell, Argylls Henker. Und wenn das Mädchen keine Campbell wäre, dann hätte Patrick angesichts der unschmeichelhaften Bemerkungen, die ihr Verlobter von sich gab, beinahe Mitleid mit ihr gehabt.
Anscheinend stotterte sie, denn sie nannten sie abfällig Elizabeth Monntach, die stotternde Elizabeth.
»Aber ich dachte, du hattest vor, die schöne Bianca zu heiraten?« , meinte einer der Männer. »Die graue Campbell-Maus verblasst doch sicher im Vergleich zu ihr.«
»Sie ist hübsch genug. Für eine Verbindung mit dem Earl of Argyll würde ich sogar ein Pferd heiraten, dem die Hälfte der Zähne fehlt«, verteidigte sich Montgomery, was eine Runde herzhaften Gelächters zur Folge hatte.
»Aber wie sieht es mit der Unterhaltung aus?«, fragte ein anderer Mann. »H-h-hast d-du k-k-keine A-a-ngst, dass es den ganzen Tag dauert, sich ›Guten Morgen‹ zu wünschen?«
An Montgomerys Reaktion konnte Patrick erkennen, dass der Scherz des Mannes ihm peinlich war, doch Montgomery überspielte sein Unbehagen mit einer groben Bemerkung. »Dann muss ich eben dafür sorgen, dass ihr Mund mit anderen Dingen beschäftigt ist.«
Der derbe Humor fand großen Anklang bei seinen Zuhörern, denn die anderen Männer kicherten.
Dreckskerle. Patrick gab sich alle Mühe, sie nicht zu beachten, und sah wieder zum Wettkampffeld hinüber, wo sich die Zahl der Teilnehmer auf nur noch eine Handvoll reduziert hatte, unter ihnen Alasdair, Rory MacLeod und der Campbell-Vollstrecker. Er hoffte inständig, dass sein Cousin vorsichtig war. Jamie Campbell war ein respekteinflößender Gegner – sogar noch gefährlicher als sein Cousin, der Earl. Glücklicherweise befand Alasdair sich auf der anderen Seite der Reihe und hatte die Aufmerksamkeit des Henkers noch nicht auf sich gezogen. Doch wenn sich das Spielfeld immer mehr zusammenzog …
Von der gegenüberliegenden Seite des Zeltes fing Patrick Gregors Blick auf und signalisierte ihm mit einem Kopfnicken, sich bereitzuhalten.
Gerade als er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Wettkampf
richten wollte, fiel sein Blick auf eine junge Frau, die vom südlichen Burgtor her auf das Zelt zukam. Er wusste nicht, was an ihr seinen Blick auf sich gezogen hatte – vielleicht ihr beschwingter Gang oder das zarte Lächeln auf ihrem Gesicht, das er unter der Kapuze ihres Umhangs nur schwach erkennen konnte. Sie wirkte so jung und sorglos, beinahe überschäumend vor Freude. Doch in ihrem Ausdruck lag eine Unsicherheit – so als ob sie an dieses Gefühl nicht gewöhnt wäre –, die seinen Blick fesselte.
Flüchtig sah er zum Wettkampf hinüber und bemerkte, dass sein Cousin in die nächste Runde gekommen war, und dann kehrte sein Blick unerklärlicherweise wieder zu dem Mädchen zurück. Der teuren Kleidung nach zu schließen, musste sie über
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