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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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aus. Sie war in Cornwall, genau wie Nell damals. Und wie Rose und Nathaniel und Eliza Makepeace vor ihr. Als sie all die Namen vor sich hin flüsterte, spürte sie ein seltsames Kribbeln auf der Haut. Wie kleine Fäden, die alle gleichzeitig gezogen wurden. Sie hatte hier eine Aufgabe zu erledigen, und die bestand nicht darin, in ihrer eigenen Vergangenheit zu wühlen.
    »Da bin ich, Nell«, flüsterte sie. »Ist es das, was du von mir wolltest?«

23 Blackhurst Manor Cornwall, 1900
    Als Eliza am nächsten Morgen aufwachte, dauerte es einen Moment, bis sie wusste, wo sie war. Es kam ihr vor, als läge sie in einem riesigen Holzschlitten, über den ein tiefblauer Baldachin gespannt war. Sie hatte ein Nachthemd an, bei dessen Anblick Mrs Swindell sich die Hände gerieben hätte, und unter ihrem Kopf lagen Sammys alte Sachen. Dann erinnerte sie sich wieder: die Wohltäterinnen, Mr Newton, die Kutschfahrt, der böse Mann. Sie befand sich im Haus ihres Onkels und ihrer Tante, es hatte ein heftiges Gewitter gegeben. Sammys Gesicht am Fenster.
    Eliza kletterte auf die Fensterbank und schaute nach draußen. Die Morgendämmerung hatte den Regen und den Donner der letzten Nacht verdrängt, und die Luft war klar und sauber. Auf dem Rasen lagen überall Blätter und Zweige, und eine Gartenbank direkt unter dem Fenster war umgekippt.
    In der hinteren Ecke des Gartens bewegte sich jemand zwischen den Sträuchern. Ein Mann. Er hinkte und benutzte einen Krückstock. Das musste ihr Onkel sein. Sie erkannte ihn an seinem roten Haar. Auch seine Haltung hatte etwas Vertrautes. Er hob den Stock und machte jemandem ein Zeichen, und Eliza fragte sich, wem es gegolten haben könnte.
    Hinter einem großen Strauch trat ein zweiter Mann hervor. Dieser Mann hatte einen schwarzen Vollbart und trug eine Latzhose, einen merkwürdigen grünen Hut und schwarze Galoschen. Er hob einen Ast auf und legte ihn am Rand des Rasens ab. Schüttelte den Kopf als Antwort auf etwas, was der Onkel gesagt hatte.
    Als Eliza hinter sich ein Geräusch hörte, drehte sie sich um. Die Zimmertür stand offen, und ein junges Hausmädchen mit
wilden Locken war gerade dabei, ein Tablett vorsichtig auf dem Nachttisch abzustellen. Es war dasselbe Hausmädchen, das am Abend zuvor die Schelte bezogen hatte.
    »Guten Morgen, Miss«, sagte sie. »Ich heiße Mary und ich bringe dir dein Frühstück. Mrs Hopkins sagt, du kannst heute in deinem Zimmer frühstücken wegen der langen Reise gestern.«
    Eliza sprang aus dem Bett und setzte sich an den kleinen Tisch. Ihre Augen weiteten sich, als sie sah, was sich auf dem Tablett befand: frische, warme Brötchen mit Butter, weiße Schälchen, bis zum Rand gefüllt mit den fruchtigsten Kompotts, die Eliza je gesehen hatte, zwei Salzheringe, ein kleiner Berg schaumiges Rührei, eine dicke, glänzende Wurst. Ihr Herz hüpfte vor Freude.
    »Das war ein ordentliches Gewitter gestern Abend«, sagte Mary, während sie die Vorhänge zurückzog. »Beinahe hätte ich es nicht nach Hause geschafft. Dachte schon, ich müsste hier übernachten.«
    Eliza aß ein Stück Brot. »Wohnst du denn nicht hier?«
    Mary lachte. »Nein, für die anderen mag das ja angehen, aber mir würde das nicht …« Sie schaute Eliza an und errötete. »Also, ich wohne im Dorf. Mit meinen Eltern und meinen Geschwistern.«
    »Hast du auch einen Bruder?« Eliza musste an Sammy denken und empfand plötzlich eine schreckliche Leere.
    »Ja, drei sogar. Zwei ältere und einen jüngeren, aber Patrick, der älteste, wohnt nicht mehr zu Hause, obwohl er immer noch mit Pa auf den Fischerbooten arbeitet. Patrick, Will und Pa fahren jeden Tag raus, bei jedem Wetter. Der jüngste, Roly, ist erst drei, der bleibt den ganzen Tag mit Ma und der kleinen May zu Hause.« Sie schüttelte die Kissen auf der Fensterbank auf. »Die Martins sind schon immer zur See gefahren, mein Urgroßvater war einer von den Tregenna-Piraten.«
    »Tregenna-was?«

    »Tregenna-Piraten«, sagte Mary und schaute Eliza ungläubig an. »Hast du etwa noch nie von denen gehört?«
    Eliza schüttelte den Kopf.
    »Die Tregenna-Piraten waren die furchterregendste Bande, die es je gegeben hat. Die haben die Meere beherrscht und Whiskey und Mehl mitgebracht, als ihre Familien nicht wussten, wo sie so was sonst herbekommen sollten. Aber sie haben nur von den Reichen genommen, wohlgemerkt. Genau wie dieser berühmte Räuber, nur nicht im Wald, sondern auf dem Meer. Es gibt lauter Wege, die sich durch die Hügel da draußen

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