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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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schlängeln, und ein paar davon führen direkt ans Meer.«
    »Wo ist das Meer, Mary?«, fragte Eliza. »Ist es hier in der Nähe?«
    Wieder sah Mary sie merkwürdig an. »Natürlich ist es in der Nähe, Schätzchen. Hörst du es denn nicht?«
    Eliza lauschte angestrengt. Konnte sie das Meer hören?
    »Horch«, sagte Mary. »Schsch … schsch … schsch … Das ist das Meer. Es atmet ein und aus, ein und aus. Hast du es wirklich nicht gehört?«
    »Doch, ich habe es gehört«, antwortete Eliza, »aber ich wusste nicht, dass es das Meer ist.«
    »Du wusstest nicht, dass es das Meer ist?« Mary grinste. »Für was, in aller Welt, hast du es denn gehalten?«
    »Für einen Zug.«
    »Ein Zug!« Mary brach in lautes Gelächter aus. »Du bist mir vielleicht eine. Der Bahnhof ist ziemlich weit weg von hier. Hat das Meer für einen Zug gehalten, nicht zu fassen. Das muss ich meinen Brüdern erzählen.«
    Eliza dachte an die Geschichten, die ihre Mutter erzählt hatte, von Sand und silbernen Kieseln und von Wind, der nach Salz schmeckte. »Könnte ich mir das Meer wohl mal ansehen, Mary?«
    »Das nehme ich doch an. Hauptsache, du bist zurück, wenn die Köchin zum Mittagessen läutet. Die Mistress ist den ganzen
Vormittag außer Haus, die wird also nichts davon mitbekommen.« Als sie die Mistress erwähnte, verfinsterte sich Marys Miene. »Und sorg dafür, dass du vor ihr zurückkommst, hörst du? Sie legt Wert auf Zucht und Ordnung und duldet keinen Widerspruch.«
    »Wie komme ich denn zum Meer?«
    Mary bedeutete ihr, ans Fenster zu treten. »Komm her, ich zeig’s dir.«
     
     
     
    Die Luft war anders hier , und auch der Himmel. Er wirkte heller und weiter. Ganz anders als die graue Decke, die über London lag und immer drohte, die Stadt zu ersticken. Der Seewind hob den Himmel hoch wie ein großes, weißes Laken an der Wäscheleine, das sich immer höher bauschte.
    Eliza stand oben auf der Klippe über der Bucht und schaute auf das tiefe, blaue Meer hinaus. Das Meer, über das ihr Vater gesegelt war, der Strand, an dem ihre Mutter als kleines Mädchen gespielt hatte.
    Der Sturm der vergangenen Nacht hatte Treibholz an die Küste geworfen. Schöne, knorrige Äste, weiß und glatt geschliffen im Lauf der Zeit, ragten aus dem Kieselstrand wie Geweihe von geisterhaften Ungeheuern.
    Eliza schmeckte das Salz in der Luft, genau wie ihre Mutter es ihr immer beschrieben hatte. Außerhalb der Enge dieses seltsamen Hauses fühlte sie sich mit einem Mal leicht und frei. Sie holte tief Luft und stieg die Stufen hinunter, lief immer schneller und schneller, weil sie es kaum erwarten konnte, dem Meer nah zu sein.
    Unten am Strand setzte sie sich auf einen glatten Stein und band sich so hastig die Schuhe auf, dass ihre Finger sich beinahe in den Schnürsenkeln verfingen. Dann rollte sie Sammys Hosenbeine bis über die Knie hoch und ging vorsichtig bis ans Wasser.
Die Steine, manche glatt, andere spitz, fühlten sich warm unter ihren Füßen an. Einen Moment lang blieb sie stehen und sah zu, wie die blauen Wassermassen heranrollten und wieder zurückwichen.
    Schließlich atmete sie noch einmal ganz tief die salzige Luft ein und wagte sich weiter vor, bis sie knietief im Wasser stand. Sie ging am Strand entlang, lachte über die kühlen Bläschen, die zwischen ihren Füßen aufstiegen, hob hier und da eine Muschel auf, die ihr gefiel, und ein Stückchen Strandgut, das aussah wie ein Stern.
    Die Bucht war klein und länglich, und Eliza brauchte nicht lange, um bis ans andere Ende zu gelangen. Dort angekommen, konnte sie nun aus der Nähe etwas genauer erkennen, das aus der Entfernung gewirkt hatte wie ein großer dunkler Fleck: Es war ein riesiger schwarzer Felsen, der aus der Klippe ins Meer hinausragte. Er sah aus wie eine gewaltige, wütende, schwarze Rauchwolke, die zu Stein erstarrt und zu ewiger Reglosigkeit verdammt war, sodass er weder zum Land noch zum Meer noch zur Luft zu gehören schien.
    Der Felsen war glitschig, doch er hatte einen kleinen Vorsprung, der gerade so breit war, dass Eliza darauf stehen konnte. Sie suchte nach Stellen, wo sie Halt fand, und begann zu klettern, und sie hielt erst inne, als sie oben angelangt war. Der Felsen war so hoch, dass sie nicht nach unten sehen konnte, ohne das Gefühl zu haben, ihr Kopf wäre mit Luftblasen gefüllt. Auf Händen und Knien kroch sie vorwärts. Der Felsen wurde schmaler und schmaler, bis sie schließlich an seinem spitzen Ende angelangt war. Sie setzte sich auf die

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