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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Halle. In den Laternen zischte das Faulgas aus der Kanalisation, mit dem sie gespeist wurden, in den gesamten Raum. Stroh bedeckte den Boden. Die Steinwände waren mit gerollten Musselinkissen mit Baumwollfüllung gepolstert.
    Ich bewegte mich, ohne ein Auge von Mutter Vajpai zu lassen. Hier gab es Regeln. »Nur die Schritte und Bewegungen und Schläge, die im Ring erlaubt sind«, sagte sie.
    »Wann werden wir ohne Regeln kämpfen?«, hatte ich Samma später gefragt. Sie lachte und erklärte mir, dass dies das letzte Petalum wäre, vor unserer Blüte als fertige Lilienklingen.
    Wir hatten also Regeln, bis wir keine mehr hatten. Nicht viel anders als während meiner Zeit im Granatapfelhof. Neun Jahre mit Regeln und die letzten paar Augenblicke ohne. Damit konnte ich leben.
    Ich ging auf Abstand zu ihr. Mein Blick folgte ihren Füßen. Ein sicherer Stand war alles, hatte ich gelernt; zum ersten Mal in jener Nacht, als mich die Tanzmistress zu Boden geworfen hatte.
    Als Mutter Vajpais Schlag kam, war ich fast gänzlich überrascht. Ihr Stand hatte sich nicht verändert, nur die Haltung ihres Oberkörpers. Sie schwang die flache rechte Hand. In dem verlangsamten Moment des herankommenden Schlages erschien sie mir wie eine Schwertklinge. Ich stürzte absichtlich, opferte mein Gleichgewicht, um unter die Linie ihres Schlages zu fallen. Ich wusste, dass ich mich vor dem nächsten Schlag zur Seite rollen und fangen konnte. Das wäre keine Taktik, die ich in alle Ewigkeit anwenden könnte, aber mit meiner gegenwärtigen Größe hätte sie funktionieren müssen.
    Gegen die anderen Trainingsmütter oder die Klingen hätte es wohl auch funktioniert. Gegen Mutter Vajpai, die das schon bei mir gesehen hatte, brachte es mir nur einen Hieb ihrer Linken gegen die rechte Schläfe ein, den ich nicht einmal kommen sah.
    Ich brach in einer roten Woge von Schmerz zusammen. Selbst zu atmen vermochte ich eine Weile nicht. Als ich wieder zu mir fand, hörte ich Mutter Vajpai reden. »… überraschen lassen. Folgt immer den Augen eures Gegners. Es gibt nur sehr, sehr wenige, die das Ziel ihres Schlages nicht im Blick haben müssen.« Sie blickte auf mich herunter und lächelte, sodass die Silberränder ihrer Zähne im Lampenlicht blitzten. »Will jemand von euch wie Green versuchen, diesen Schlag abzuwehren?«
    Füße scharrten unruhig, aber keine sprach.
    Mutter Vajpai griff nach meiner Hand und half mir hoch. »Wir vermeiden feste Kampfregeln beim Training«, sagte sie zu mir im normalen Gesprächston, sodass die anderen die Ohren spitzen mussten. »Wenn man eine bestimmte Kampfart wählt, erwartet man auch von seinem Gegner, dass er sich daran hält. Aber die meisten, die einem mit blanker Klinge und blutunterlaufenem Auge gegenüberstehen, scheren sich wenig darum.«
    »Danke, Mutter.« Ich bemühte mich, nicht zu stammeln, während mein Kopf dröhnte.
    Ihre Stimme nahm wieder Unterrichtslautstärke an. »Green ist keine zwei Monate hier, aber sie weiß sich besser zu verteidigen als ihr alle. Sie vermag fast jedem Schlag auszuweichen, außer den fintenreichsten, wie ich eben einen ausführte. Sie kann fallen und wieder auf den Beinen sein, bevor der Angreifer aus dem Schwung seines Schlages kommt. Ich möchte, dass ihr beobachtet, wie sie Balance hält. Ich möchte, dass ihr beobachtet, wie sie mich beobachtet. Wenn sie erst lernt, meine Blicke richtig zu deuten, wird es selbst mir schwerfallen, einen Schlag bei ihr zu landen.«
    Sie strich mir mit den Fingern übers Gesicht und deutete mit dem Zeigefinger. »Deine Augen sind gut«, sagte sie. »Greifst du mich jetzt an?«
    »Ja, gerne.« Ich hatte sie nur ein einziges Mal getroffen, an diesem ersten Tag. Mutter Vajpai hatte fast eine Woche lang ein wenig gehinkt. Das erfüllte mich mit stillem Stolz. Bei dem einen anderen Mal, an dem wir seither gegeneinander antraten, hätte ich ebenso gut die heiße Luft aus dem Backofen schlagen können, so unerreichbar blieb sie für mich.
    Unsere übliche Kampftrainerin war Mutter Anai. Sie hatte mit mir den Angriff geübt, und es war mir bereits gelungen, sie drei Mal zu treffen. Ich wurde besser und dachte, dass ich bereit sei, es erneut mit Mutter Vajpai aufzunehmen.
    Eine Finte war sinnlos. Sie besaß weitaus mehr Erfahrung. Auch war die Reichweite ihrer Arme ein gutes Stück größer. Hätte ich um mein Leben gekämpft, ohne die Regeln des Rings, wäre ihr Gesicht mein Ziel gewesen. So aber duckte ich mich, wirbelte nach links, heftete meinen

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