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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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quietschte und mein Herz stand still.
    »Möchtest du hier sein?«, fragte die Tanzmistress direkt neben mir. Ihr Atem war heiß, und ich dachte, ich könnte einen schwachen Schimmer an der Stelle erkennen, wo ich ihre Augen vermutete.
    »J … ja.« Ich klammerte mich an meine Furcht, so wie ich mich an meine Wut und meine Traurigkeit klammerte, wenn ich im Granatapfelhof stand. Das war auch eine Art der Freiheit – frei wie der sternenklare Himmel über den Dächern; sogar noch freier, denn dort konnte ich Richtung und Entfernung feststellen. Mistress Tirelle würde mir die Zunge spalten und mich verkaufen oder gar auf der Stelle umbringen, wenn sie wüsste, dass ich hier unten war.
    Mir war klar, dass in den Untergrund zu gehen die größte Rebellion war. Ich brauchte die führende Hand der Tanzmistress, um mich hier zurechtzufinden. Hier unten gab es keine Mauern, nur die Wände von Korridoren. Ein Käfig von der Größe der Stadt lag unter den Füßen meiner Peiniger.
    »Ja«, wiederholte ich. »Ich will hier sein.«
    »Gut«, erwiderte sie. »Aber vergiss niemals die Furcht. Sie erhält dich im Untergrund am Leben.«
    Es ist nicht die Furcht, die mich am Leben erhält, dachte ich. Es ist die nahende Stunde der Abrechnung.
    »Hier, nimm das.« Die Tanzmistress reichte mir ein Stück schwarzen Stoff.
    Wir standen draußen im Hof. Es war eine kalte Nacht, neun Tage, nachdem sie mich durch das Gitter hinabgeführt hatte. Ich war erpicht darauf, wieder in die Unterwelt zu gehen.
    »Wofür ist das?«
    »Verbinde dir die Augen.«
    Das war ein altes Spiel. Ich hatte es oft genug mit Mistress Tirelle gespielt, als ich sehen lernte. Ich faltete das Tuch dreifach und band es mir um den Kopf, sodass meine Augen ganz bedeckt wurden. Obgleich ich es nicht erkannte, stand mir eine der wichtigsten Lektionen bevor.
    »Jetzt geh langsam von hier zur Gerätekiste.« Sie packte mich so fest am Arm, dass ich die Klauen spürte. »Langsam.«
    Sie drehte mich zur gegenüberliegenden Mauer des Hofes und ließ mich los. Ich tat einen zuversichtlichen Schritt und rammte mit meinem Schienbein die niedrige Mauer um den Granatapfelbaum. Ich stolperte und fiel mit den Händen voran gegen den Stamm. Zu dem pochenden Schmerz an meinem Schienbein gesellte sich heftiger Schmerz in den Unterarmen. Ich unterdrückte einen Aufschrei und stammelte: »D … du hast mich g … gedreht!« Meine Stimme verriet, dass ich mich verraten und verkauft fühlte.
    »Nein«, erwiderte sie. »Du hast dich selbst gedreht. Ich habe dir nur die falsche Richtung gewiesen.«
    »Das ist nicht fair.«
    Ihre Stimme zischte nah an meinem Ohr, so wie damals im Untergrund. »Ist die Welt fair?«
    »N … nein.«
    »Warum sollte ich dann fair sein? Du lebst hier seit mehr als drei Jahren. Du kennst jeden Pflasterstein auf diesem Hof. Weshalb brauchst du hier meine Hilfe?«
    Ich schüttelte sie ab und stand still.
    Ihr Atem war kaum noch zu hören, nur ein leichter Luftzug. Ich streckte die Arme aus, ohne mich zu bewegen, und sah mit meinen Ohren.
    Es war wie immer still im Haus des Faktors. Doch die Stille einer Stadt ist nicht die Abwesenheit von Geräuschen, und es gibt keine echte Stille, wo Menschen leben.
    Zu Hause, als ich ganz klein war, hatte das Feuer geknistert, noch lange, nachdem die Flammen erloschen waren und die heiße Asche meine Augen tränen ließ. Ausdauer schnaubte in seinem Pferch, und in seinem Bauch rumorte es die ganze Nacht. Tiere jaulten in den Gehölzen. Raubvögel krächzten ihre Jagdgesänge.
    An Bord der Schicksalsvogel war das stete Plätschern des Wassers entlang der Hülle zu vernehmen. Der Dampfkessel gurgelte unter Deck. Irgendjemand kam immer irgendwelchen Befehlen nach oder rollte Taue auf oder meldete Messwerte, selbst in der tiefsten Nacht.
    Hier wurde die Stille durchbrochen vom leisen Knacken eines Feuers im Haus. Die Geräusche der Straße jenseits der Mauern hallten herüber. Der Wind strich anders über die hohe innere Mauer als über das Kupferdach oder durch die Zweige des Granatapfelbaumes.
    Jetzt, da ich mich konzentrierte, hörte ich selbst den Atem der Tanzmistress deutlich. Ich lauschte einen Moment den Geräuschen des Baumes. Der Geruch der nassen Rinde verriet mir, wo er sich befand. Dann drehte ich mich in die Richtung des leisen Echos des Windes an der inneren Mauer. Ein langsamer Schritt, um die leichte Neigung der Pflastersteine vor der kleinen Mauer um das Erdreich des Granatapfelbaumes herum zu finden. Ein weiterer

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