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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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wünschte, es wäre leicht, all das zu tun, was Miss Everett von mir verlangte, und dass Dr. Sadies Freundlichkeit ein Ende hätte und sie mich meinem Schicksal überlassen würde. Ich stand auf und ging erneut zum Fenster. Ich drückte die Nase an die Scheibe und versuchte, zu Miss Keteltas’ Haus zu schauen, doch in Dunkelheit und Regen konnte ich es nicht erkennen.
    10. November 1871
    Der gestrige Tag begann mit einer Klage von Miss Everett, dass Moth (oder Ada, wie sie das Mädchen nennt) sich missmutig und widerborstig aufführe. Miss Everett sei, so sagte sie, mit ihrer Weisheit am Ende.
    Â»Haben Sie nicht irgendein Mittel, um ihre Stimmung auszugleichen?«, fragte sie.
    In mir sträubte es sich, blindlings zu verschreiben, was Miss Everett erwartete, und so fragte ich, ob sie versucht habe, mit dem Kind zu reden und zum Kern der Dinge vorzudringen.
    Â»Das ist in dem Fall nutzlos«, wies sie meinen Vorschlag barsch zurück.
    Â»Sie ist zu jung«, insistierte ich (wieder einmal).
    Â»Das Mädchen weiß genau, was es will.«
    Schließlich schlug ich vor, Moth mit auf meine Visite zu nehmen und zu sehen, ob ich sie ein wenig aufheitern könne. Zu meinem Erstaunen willigte Emma ein. »Sie gehört ganz Ihnen«, sagte sie und übergab Moth so meiner Obhut.
    Ich nahm sie auch zu Miss Tully mit.
    Ich hatte geglaubt, dies sei mit geringem Risiko, dafür möglicherweise mit großem Gewinn verbunden. Ich hatte gehofft, die Begegnung mit Miss Tully würde Moth ins Grübeln bringen. Es war falsch, dass ich ihr nicht alles über Katherine erzählte, doch ich war zu erpicht darauf, dass sich Moth mir zu- und von Emma abwandte.
    Die Güte, die sie meinen Patienten gegenüber zeigte, und ihre Hilfsbereitschaft berührten mich tief. Es gab Momente wahren Vertrauens zwischen uns, da bin ich mir sicher, aber traurigerweise waren es wohl nicht genug. Obwohl sich Moth zur Nacht in mein Bett rollte, war sie am nächsten Morgen sichtlich froh, wieder aufzubrechen. Kaum hatten wir Miss Everetts Haus erreicht, lief sie mir davon und die Stufen hinauf, ohne ein Wort des Abschieds.
    Ich habe wohl nur eines erreicht – mir meine Fehler aus der Vergangenheit ins Gedächtnis zu rufen. Vielleicht ist es mir einfach nicht vergönnt, Risiken einzugehen.
    S. F.
    5. Mai 1870
    Es ist nun drei Wochen her, dass ich Katherine Tully von Miss Everett fortholte und in ein Heim brachte, doch heute kam sie zu mir und flehte um Einlass.
    Sie wurde gegen ihren Willen verführt.
    Vor vierzehn Tagen hatte sich ihr ein Mann abends während des Heimwegs genähert. Er hatte sie danach bei drei Gelegenheiten begleitet, ihr jedes Mal beim Abschied einige Münzen gegeben und sie schwören lassen, dass seine Gefälligkeit ein Geheimnis blieb.
    Bei ihrer dritten Begegnung hatte er ihr das Angebot gemacht, während einer Gesellschaft in einem Privathaus als Hilfsmädchen zu arbeiten. Angeblich könne sie dabei einen Dollar verdienen und müsse nur eine Vereinbarung unterschreiben, er würde sich um alles Weitere kümmern.
    Â»Was hat in der Vereinbarung denn gestanden?«, fragte ich.
    Â»Ich weiß es nicht genau. Ich kann nicht gut lesen.«
    Sie waren mit der Kutsche zu einem vornehmen Haus in einem schönen Viertel gefahren. Der Fremde hatte die Vorhänge der Droschke zugezogen, sodass Katherine nicht wusste, wohin die Reise ging. Allerdings war ihr die Fahrt recht lang vorgekommen.
    Bei ihrer Ankunft wurde sie von niemandem empfangen, bis auf den Herrn des Hauses. Er hatte sie in den Salon geführt und ihr gesagt, sie solle sich setzen. Sie erinnert sich noch, dass dort ein Flügel stand, den sie sehr bewunderte, woraufhin der Hausherr etwas für sie spielte. Danach war er zu ihr gekommen.
    Sie hatte sich hinter die Vorhänge geflüchtet, geweint und gefleht, aber er hatte sie aus ihrem Versteck gezerrt und ihr dann seinen Willen aufgezwungen.
    Â»Kennen Sie den Namen Ihres Verführers?«
    Â»Nein.«
    Â»Wie lautet der Name des Mannes, der das alles arrangiert hat?«
    Â»Er hat sich als Mr. Jones vorgestellt.«
    Zweifellos ein Deckname.
    Â»War an Mr. Jones irgendetwas besonders oder ungewöhnlich?«
    Â»Er war groß, hatte dunkles Haar und ein gewinnendes Lächeln. Er trug immer einen hellen Anzug, modisch und teuer. Er hatte weder Bart noch Schnäuzer, nur Koteletten. Auf mich wirkte er wie ein ehrbarer

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