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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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die Katze, die ihre Kleinen zur Welt brachte, es tut mir wirklich leid. Kein Gedanke an diese Leiter und auch keine Zeit, über all die Leute nachzudenken, die da raufgeklettert sind.«
    »Die ihrerseits alle Zeit der Welt hatten, sich mit Ihnen zu befassen. Sie sind sehr spät dran.«
    »Kein Zweifel. Die Späne von meinen Zeichenstiften sind längst bei den Bullen in Avignon, aufgesammelt in der Wohnung von Pierre Vaudel. Ich habe einzig den Zündmechanismus verlangsamen können. Ich habe ganze fünf oder sechs Tage, bis sie mich kriegen.«
    »Nicht, dass mich diese Arbeit sonderlich reizte«, sagte Weill gedehnt, »aber ich mag die Leute nicht. Sie sind für meinen Geist, was eine mittelmäßige Küche für meinen Magen ist. Da Sie fortmüssen, werde vielleicht ich mich an Ihrer Stelle mit einigen der Sprossen beschäftigen.«
    »Mit dem Richter?«
    »Oberhalb, so hoffe ich. Ich rufe Sie an. Aber nicht unter Ihrer und auch nicht von meiner normalen Nummer aus.«
    Weill legte zwei neue Funktelefone auf den Tisch und schob eins davon Adamsberg zu.
    »Ihres, meins. Schalten Sie es erst ein, wenn Sie über die Grenze sind, und niemals, wenn Ihr anderes Telefon in Betrieb ist. Sie haben hoffentlich kein GPS in ihrem normalen Handy?«
    »Doch. Ich will, dass Danglard mich orten kann für den Fall, dass das Telefon mich im Stich lässt. Nehmen Sie an, ich stehe dort mutterseelenallein am Waldsaum.«
    »Und?«
    »Nichts«, Adamsberg lächelte, »es streicht nur ein Dämon herum, dort in Kisilova. Auch Zerk geistert irgendwo durch die Gegend.«
    »Wer ist Zerk?«
    »Der Zerquetscher. Das ist der Name, den die Leute in Wien ihm gegeben haben. Vor Vaudel hat er in Pressbaum einen Mann massakriert.«
    »Er sucht aber nicht Sie.«
    »Warum nicht?«
    »Nehmen Sie dieses GPS heraus, Adamsberg, Sie sind unvorsichtig. Geben Sie denen keine Möglichkeit, Sie zu verhaften oder verunglücken zu lassen, wer weiß. Ich wiederhole: Sie suchen einen Mörder, von dem die alles andere wollen, als dass man ihn findet. Schalten Sie Ihr normales Telefon so oft wie möglich aus.«
    »Keine Sorge. Danglard ist der Einzige, der mein GPS-Signal hat.«
    »Vertrauen Sie keinem Menschen, sobald die da oben ihre Verführer und ihre Händler ausschicken.«
    »Danglard schließe ich davon aus.«
    »Schließen Sie niemanden aus. Jedem seine Begehrlichkeit oder seinen Wahn, jeder Mensch hat eine Granate unterm Bett. Und so entsteht die lange Kette derer, die einen andern bei den Eiern gepackt halten, rund um die Welt. Schließen wir Danglard aus, wenn Sie wollen, aber nicht die Existenz eines Menschen, der jeden Schritt von Danglard verfolgt.«
    »Und Sie, Weill? Ihre Begehrlichkeit?«
    »Ich habe das Glück, verstehen Sie, dass ich mich sehr mag. Das verringert meine Gier und meine Ansprüche an die Welt. Gleichwohl wünschte ich mir, auf großem Fuß zu leben, in einem weiträumigen Stadtpalais aus dem 18. Jahrhundert, mit einer Schar von Köchen, einem Schneider im Haus, zwei schnurrenden Katzen, meinen eigenen Musikern, einem Park, einem Patio mit Springbrunnen, Mätressen und Kammerzofen und dem Recht, jeden zu beschimpfen, wie ich lustig bin. Aber niemand scheint daran zu denken, meine Wünsche zu erfüllen. Niemand versucht mich zu kaufen. Ich bin zu kompliziert und viel zu teuer.«
    »Ich könnte Ihnen eine Katze anbieten. Ein kleines Kätzchen, eine Woche alt und weich wie weiße Baumwolle. Stets hungrig, kostbar und zart, würde es ganz gut in Ihr Palais passen.«
    »Ich besitze nicht einen Stein von diesem Palais.«
    »Es ist ein Anfang, die erste Sprosse der Leiter.«
    »Das könnte mich interessieren. Nehmen Sie dieses GPS raus, Adamsberg.«
    »Dazu müsste ich Ihnen allerdings vertrauen können.«
    »Menschen, die vom Prunk vergangener Zeiten träumen, geben keine guten Verräter ab.«
    Adamsberg starrte auf sein leeres Glas und reichte ihm das Telefon. Weill nahm den Akku heraus und ließ den Chip mit kurzem Druck herausspringen.
    »Deswegen musste ich zu Ihnen kommen«, sagte er.

29
     
    Das Abteil im Kurswagen 17 nach Belgrad war luxuriös ausgestattet, mit zwei weiß bezogenen Betten und roten Überdecken, mit Nachtlicht, polierten Klapptischchen, einem Waschbecken und Handtüchern. Adamsberg war noch nie mit solchem Komfort gereist, er überprüfte die Tickets. Platz 22 und 24, es stimmte. Vermutlich ein Versehen der Reisestelle, die Buchhaltung würde an die Decke gehen. Adamsberg setzte sich auf sein Bett, zufrieden wie ein Dieb,

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