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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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an deinem Bett, keinerlei Nahrung, du hast auf nichts Appetit. So weit für deine Besucher. In Wirklichkeit hast du natürlich das Recht, aufzustehen.«
    »Ich danke dir.«
    »Über dem Fieberanfall hast du die Hülse in deiner Tasche vergessen. Am dritten Tag bist du wieder okay, es fällt dir alles wieder ein. Die Probe, das Labor, die Jackentasche. Zwei Möglichkeiten: Entweder ein diensteifriger Lieutenant entdeckt, dass die Hülse nicht im Labor angekommen ist, oder aber niemand bemerkt es. In beiden Fällen übergibst du die Hülse, du erklärst das Versäumnis, mit tiefstem Bedauern natürlich. Dann haben wir zwischen einem und zweieinhalb Tagen gewonnen.«
    »Du hast sie gewonnen, Jean-Baptiste. Und ich? Weise ist der Mann, der sein Heil auf der Erde sucht.«
    »Du gewinnst zwei freie Tage. Donnerstag, Freitag, das Wochenende hintendran. Und einen Vorschuss auf einen Gefallen meinerseits.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, wenn man mal an einem Tatort eine kleine Strähne von deinen glatten schwarzen Haaren finden sollte.«
    »Verstehe.«
    »Danke, Dinh.«
    Während er sprach, hatte Danglard seine Weinflasche geholt und gleich direkt auf Adamsbergs Schreibtisch gestellt.
    »Das ist auch ehrlicher so«, meinte Adamsberg mit Blick auf die Flasche.
    »Ich muss sie wohl oder übel austrinken, wenn ich zum Roten übergehen will.«
    »Lucio würde Ihnen da nicht widersprechen. Zu Ende bringen oder gar nicht erst anfangen.«
    »Sie sind wahnsinnig, das von Dinh zu verlangen. Und wenn es herauskommt, sind Sie vollends geliefert.«
    »Geliefert bin ich schon jetzt. Und es wird nicht herauskommen, denn der Mann des Ostens schwatzt nicht wie die gedankenlose Amsel. Das hat er mir mal geschrieben.«
    »Okay«, sagte Danglard, »das lässt uns fünf Tage Zeit, oder auch sechs. Wo werden Sie in Kiseljevo wohnen?«
    »Sie haben dort einen kleinen Gasthof mit Fremdenzimmern.«
    »Es gefällt mir nicht. Diese Reise so allein.«
    »Ich habe doch Ihren Großneffen.«
    »Vladislav ist keine Kämpfernatur. Nein, es gefällt mir überhaupt nicht«, wiederholte Danglard, »Kiseljevo, der schwarze Tunnel.«
    »Der Waldsaum«, sagte Adamsberg lächelnd, »Sie fürchten ihn immer noch. Mehr noch als den Zerquetscher.«
    Danglard zuckte die Schultern.
    »Der sich irgendwo herumtreibt«, fügte Adamsberg in dumpferem Ton hinzu. »Frei wie ein Vogel.«
    »Nicht Ihre Schuld. Was machen wir mit Mordent? Holen wir ihn aus seinem verdammten Versteck? Schütteln wir ihn durch? Lassen wir ihn seine Verrätergalle ausspucken?«
    Adamsberg stand auf, schlang ein breites Gummi um die grüne und die rosa Akte, zündete sich eine Zigarette an, die er an seiner Unterlippe hängen ließ, die Augen zusammenkneifend, wenn der Rauch ihn reizte. Wie sein Vater, und wie Zerk.
    »Was machen wir mit Mordent?«, wiederholte Adamsberg langsam. »Zunächst mal lassen wir ihn seine Tochter aus dem Knast holen.«

28
     
    Sein Rucksack war gepackt, die Vordertasche wölbte sich über den drei Aktenmappen, der französischen, der englischen und der österreichischen. Der Anblick seiner Küche brachte ihm in wirrer Folge die Bilder von Zerk an diesem Morgen in Erinnerung, ihre qualvoll lange Konfrontation, den Moment, als er ihn hatte laufen lassen. Geh, Zerk, geh. Geh morden, geh ruhig weitermorden, der Kommissar hat keinen Finger gerührt, um dich daran zu hindern. »Handlungsblockade«, hatte Josselin gesagt. Vielleicht hatte er die auch schon am Sonntag, als er zur Seite gewichen war, um Émile die Möglichkeit zur Flucht zu geben – wenn er es denn getan hatte. Aber es war vorbei mit der Hemmung, der Mann mit den goldenen Fingern hatte sie ihm genommen. Hinab also in den Tunnel von Kisilova, sich einbuddeln in diesem Dorf, das auf seinem Geheimnis hockte. Er hatte gute Nachrichten von Émile, das Fieber war gesunken. Er band seine beiden Uhren um, fasste seinen Rucksack.
    »Du hast Besuch«, sagte Lucio, an die Scheibe klopfend.
    Weill schob gemächlich seinen Bauch in den Raum, ihm den Ausgang versperrend. Es war üblich, dass man Weill aufsuchte, nie umgekehrt. Der Mann war auf eine neurotische Weise häuslich, und Paris zu durchqueren kam für ihn einer mühseligen Schinderei gleich.
    »Da hätte ich Sie ja beinahe verfehlt«, sagte er und setzte sich.
    »Ich habe keine Zeit«, sagte Adamsberg, und drückte ihm unbeholfen die Hand, denn Weill hatte eine Art, sie seinem Gegenüber schlaff hinzustrecken wie zu einem Handkuss. »Ich bin auf dem Weg zum

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