Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
Das Ehepaar, Südfranzosen oder Italiener. Sie sind um die fünfzig und halten sich bei der Hand, das ist sehr ungewöhnlich für ein altes Ehepaar in einem alten serbischen Bus. Und für Tourismus sind die Zeiten heute schlecht in Serbien.«
    Adamsberg gab ihm ein vages Zeichen und antwortete nicht. Nicht vom Krieg reden. Danglard hatte ihm diese Verhaltensmaßregel drei Mal eingeschärft.
     
    Niemand stieg an der kleinen Haltestelle von Kiseljevo hinter ihnen aus. Sobald er draußen war, hob Adamsberg rasch noch einmal den Blick zu den Fenstern, und es schien ihm, als würde der Mann von dem ungewöhnlichen Paar sie betrachten.
    »Wir sind allein«, sagte Vladislav und streckte seine mageren Arme in den klaren Himmel. »Kiseljevo«, fügte er hinzu, voller Stolz auf das Dorf weisend. Mit seinen farbigen Häuserwänden unter dicht aneinandergedrängten Dächern und seinem weißen Kirchturm lag der Ort zwischen Hügel gebettet, die schimmernde Donau zu seinen Füßen.
    Adamsberg zog seine Reisepapiere hervor und wies auf den Namen ihres Quartiergebers, Krčma.
    »Das ist kein Name«, sagte Vladislav, »es heißt ›Gasthof‹. Die Wirtin, falls es immer noch dieselbe ist, Danica, hat mir damals meinen ersten Schluck pivo zu trinken gegeben. Bier«, übersetzte er.
    »Wie spricht man so was aus?«
    »Mit einem ›tsch‹. Krtschma.«
    »Krutschema.«
    »So ungefähr, ja.«
    Adamsberg folgte Vladislav zur Krutschema, einem hohen Haus mit farbig gestrichenem und mit Voluten verziertem Fachwerk. Die Gespräche verstummten bei ihrem Eintritt, und die argwöhnischen Gesichter, die sich ihnen zuwandten, erinnerten Adamsberg in allen Punkten an die der Normannen im Café von Haroncourt oder der Béarner im Bistro von Caldhez. Vladislav stellte sich der Wirtin vor, trug sich ins Gästeverzeichnis ein, dann erklärte er, dass er der Enkel von Slavko Moldovan sei.
    »Vladislav Moldovan!«, rief Danica, und nach ihren Gesten verstand Adamsberg, dass er gewachsen wäre in all den Jahren, das letzte Mal wäre er doch nicht größer gewesen als so.
    Die Stimmung schlug auf der Stelle um, man stand auf, um Vladislav die Hand zu drücken, die Mienen wurden freundlich, und Danica, die sanft wie ihr Name zu sein schien, lud sie sofort zum Essen ein, es war halb eins. Heute gäbe es Burecis mit Schweinefleisch, sagte sie, indem sie einen Krug Weißwein auf den Tisch stellte.
    »Das ist Smederevka, kaum bekannt, aber köstlich«, sagte Vladislav und füllte die Gläser. »Wie wollen Sie vorgehen, um auf eine Spur Ihres Vaudel zu stoßen? Sein Foto überall herumzeigen? Unmöglich. Hier wie anderswo liebt man die Schnüffler nicht, die Bullen, die Journalisten, die Fahnder. Man müsste sich was anderes einfallen lassen. Allerdings liebt man hier auch die Historiker nicht, die Filmfritzen, die Soziologen, die Anthropologen, die Fotografen, die Schriftsteller, die Spinner und die Ethnologen.«
    »Da kommen ja eine Menge Leute zusammen. Warum mögen sie Schnüffler nicht? Wegen des Krieges?«
    »Nein. Weil Schnüffler Fragen stellen und sie keine Fragen mehr wollen. Sie wollen anders leben. Außer dem da«, und er wies auf einen alten Mann, der soeben hereingekommen war. »Er allein wagt es, ins Feuer zu blasen.«
    Mit glücklichem Gesicht lief Vladislav durch den Raum, fasste den Hereingekommenen bei den Schultern.
    »Arandjel!«, sagte er laut. »To sam ja! Slavko unuk! Zar me ne poznaješ?«
    Der alte Mann, er war sehr klein, dürr und ein wenig schmutzig, trat einen Schritt zurück, um ihn anzuschauen, dann schloss er Vladislav in die Arme, mit Gesten beschreibend, wie sehr er gewachsen wäre, das letzte Mal wäre er doch nicht größer gewesen als so.
    »Er hat gesehen, dass ich mit einem ausländischen Freund hier bin, und da will er nicht stören«, erklärte Vladislav, als er sich mit geröteten Wangen wieder setzte. »Arandjel war ein sehr guter Freund von meinem Dedo. Und der eine so couragiert wie der andere.«
    »Ich werde ein paar Schritte gehen«, sagte Adamsberg, während er das Dessert beendete, gezuckerte Kugeln, deren Zutaten er nicht durchschaute.
    »Trinken Sie aber zuerst noch den Kaffee, sonst beleidigen Sie Danica. Wohin wollen Sie gehen?«
    »Zum Wald hoch.«
    »Nein, das wird ihnen nicht gefallen. Gehen Sie lieber am Fluss entlang, das ist unverfänglicher. Man wird mir Fragen stellen. Was sagen wir ihnen? Wir können ihnen unmöglich erklären, dass Sie Bulle sind, damit ist man hier erledigt.«
    »Damit ist man

Weitere Kostenlose Bücher