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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Erinnern Sie sich? Die Vendetta, die Vaudel so fürchtete?«
    »Eine Vendetta gegen die Familie Plog? Und warum haben diese Plogs nicht alle denselben Namen?«
    »Diaspora, oder auch bewusste Verschleierung ihres Namens.«
    Nunmehr entlastet, konnte Adamsberg zwei Stunden schlafen, bevor Danglard zurückrief.
    »Ich habe diesen Plog«, sagte er. »Es handelt sich um seinen Großvater väterlicherseits, er kam aus Ungarn.«
    »Sein Name, Danglard?«
    »Sagte ich doch gerade: Plog. András Plog.«

30
     
    Vladislav drückte seine Nase an die Scheibe und kommentierte ihre Einfahrt in Belgrad, als wenn es sich um ein wahrhaftiges Abenteuer handelte, wobei er von Zeit zu Zeit das Wort »Plog« fallenließ und sich still darüber amüsierte. Die Gemütsverfassung des Übersetzers gab der Reise den Anstrich einer fröhlichen Eskapade, während sie in Adamsbergs Gedanken, je näher er dem geheimnisvollen Kisilova kam, allmählich düsterere Farben annahm.
    »Belgrad, die ›weiße Stadt‹«, verkündete Vladislav, als der Zug im Bahnhof hielt. »Sie ist wunderschön, wir haben keine Zeit, sie uns anzusehen, in einer halben Stunde fährt unser Bus. Wecken Sie oft die Leute in der Nacht, um zu erfahren, ob es einen Plog in ihrer Familie gibt?«
    »Bullen wecken andere immer in der Nacht. Und die anderen wecken auch sie. Aber es hat sich gelohnt, es gab ja einen Plog.«
    »Plog«, wiederholte Vladislav, den neuen Laut ausprobierend, als ließe er eine Luftblase steigen. »Plog. Und warum wollten Sie das wissen?«
    »Plogerstein, Plögener, Plogoff, Plogodrescu und einfach Plog«, deklamierte Adamsberg. »Ausgenommen Plogoff, stehen diese vier Namen alle in Verbindung mit dem Mord von Garches. Zwei davon sind Opfer, eine Dritte war befreundet mit einem der Opfer.«
    »Und wo ist der Zusammenhang mit meinem Dedo? War sein Cousin Plogodrescu eines der Opfer?«
    »Ja, zum Teil. Werfen Sie einen Blick in den Gang, die Frau im beigefarbenen Kostüm, zwischen vierzig und fünfzig, mit einem Leberfleck auf der Wange und abwesender Miene. Sie hatte das Abteil neben uns. Beobachten Sie sie, während wir aussteigen.«
    Vladislav war als Erster auf dem Bahnsteig und streckte der Dame im Kostüm seinen Arm eines behaarten Katers entgegen, um ihr beim Herausheben des Koffers behilflich zu sein. Sie bedankte sich ohne Überschwang und ging davon.
    »Elegant, reich, hübscher Körper, falsche Augen«, kommentierte Vladislav, während er ihr nachsah. »Plog. Ich würde die Finger von ihr lassen.«
    »Sie sind heute Nacht auf die Toilette gegangen.«
    »Sie auch, Kommissar.«
    »Sie hatte die Tür ihres Abteils einen Spaltbreit offen gelassen, man sah sie lesen. Das war sie doch, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Seltsam, wenn eine alleinreisende Frau sich in einem Nachtzug nicht einschließt.«
    »Plog«, sagte Vladislav, der dieses neue Lautgebilde anstelle von »gewiss« oder »einverstanden« oder »offensichtlich« zu verwenden schien, ganz klar war Adamsberg das nicht. Der junge Mann schien dieses kleine, bis dahin unbekannte Wort wie einen neuen Bonbon zu genießen, von dem man anfangs immer viel zu viele isst.
    »Vielleicht hat sie auf jemanden gewartet«, schlug Vladislav vor.
    »Oder jemanden zu belauschen versucht. Uns, zum Beispiel. Ich glaube, sie saß auch in meinem Flieger von Paris nach Venedig.«
    Die beiden Männer stiegen in den Bus »Richtung Kalu derica, Smederevo, Kostolac, Klicevac und Kiseljevo«, wie der Fahrer verkündete, diese Wörter gaben Adamsberg das Gefühl, restlos verloren zu sein, und das gefiel ihm. Vladislav warf einen Blick auf die anderen Fahrgäste.
    »Nicht da«, bemerkte er.
    »Wenn sie mir folgt, kann sie nicht hier sein, in einem Bus wäre das zu auffällig. Sie wird den nächsten nehmen.«
    »Und wie erfährt sie, wo wir aussteigen?«
    »Haben wir während des Abendessens von Kisilova gesprochen?«
    »Davor«, sagte Vladislav und band seinen Pferdeschwanz neu, das Gummi zwischen den Zähnen haltend. »Als wir den Champagner getrunken haben.«
    »Hatten wir da die Tür offen stehen lassen?«
    »Ja, wegen der Zigaretten. Wobei eine Frau das Recht hat, auch allein nach Belgrad zu reisen.«
    »Wer in diesem Bus ist Ihrer Meinung nach kein Slawe?«
    Vladislav durchmaß das Fahrzeug in seiner ganzen Länge, tat so, als suche er einen abhandengekommenen Gegenstand, dann setzte er sich wieder neben Adamsberg.
    »Der Geschäftsmann, vermutlich Schweizer oder Franzose. Der Trekking-Typ, vermutlich ein Norddeutscher.

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