Der verbotene Schlüssel
Roman Hocke, der seinen Finger immer treffsicher in die wunden Stellen der Dramaturgie zu bohren verstand; meiner Lektorin Susanne Krebs für ihre behutsame Mischung aus Lob und Kritik, mit der sie mich zu neuen Höhenflügen angestachelt hat, und last but not least natürlich meiner Frau, die wie immer eine Eselsgeduld mit mir hatte, wenn sie mir beim Mittagessen Episoden aus dem wahren Leben erzählte und ich nur mit glasigen Augen durch sie hindurchblickte.
Bei mir machen sich Geschichten ja immer an Kristallisationspunkten fest. Diesmal waren es die zehn fehlenden Tage zwischen dem 4. und 15. Oktober 1582, die mir schon seit Jahren keine Ruhe ließen. Sicher, vordergründig wissen wir vom gregorianischen Kalender. Aber stimmt das auch? Oder hat sich diesen kalendarischen Winkelzug nur jemand ausgedacht, um irgendetwas Großes zu vertuschen? Diesem Verdacht nachzugehen, muss einen Fantasten wie mich natürlich reizen. Und damit war ich auch schon wieder beim Thema Zeit und Uhren. Die Art der Umsetzung hat dann eher mit unserem Blick auf die Welt zu tun. Ist alles so, wie es scheint? Wie frei ist der freie Wille eigentlich? Sind wir uns der Wirkung unserer Gedanken auf unser Tun bewusst? Auch das Fragen, die mich ja immer aufs Neue beschäftigen.
Mens agitat molem , behauptete der altrömische Dichter Vergil – übrigens ein Zeitgenosse von Poseidonios. Frei übersetzt: »Der Verstand regiert die Welt.« Was meine Figuren über die Gedanken gesagt haben, die unsere Welt antreiben und immer wieder neu gestalten, muss ich ja an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholen. Viel wichtiger ist doch zu ergründen, was passiert, wenn dieser Verstand die Gefühle verdrängt. Und wenn danach auch noch der Verstand verkümmert. Auf was für einem Planeten würden wir dann leben?
Auf Mekanis?
In diesem Sinne: Man liest sich.
Ralf Isau
Der Autor
© Isabelle Grubert
Ralf Isau wurde 1956 in Berlin geboren. Fantastische Erzählungen begeisterten ihn schon früh, aber sein Interesse für Naturwissenschaft und Technik führte ihn zunächst in die Informatik. Während er in der EDV -Branche arbeitete, schrieb und veröffentlichte er mehrere Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, u. a. die mittlerweile legendäre Neschan- Trilogie. 2002 hängte er die Informa tik an den Nagel und widmete sich fortan ganz der Schriftstelle rei.
Inzwischen gilt Ralf Isau als einer der großen fantastischen Autoren Deutschlands. Er hat über 30 Bücher veröffentlicht und seine Werke wurden in 15 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Mehr über den Autor unter:
www.isau.de
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