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Der verbotene Turm

Der verbotene Turm

Titel: Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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»Puh! Womit hast du ihn gewürzt, mit Pferdepisse?«
    »Mit nichts; du hast den Geschmack vergessen, das ist alles. Wie viele Jahre ist es her, daß du Kirian genommen hast? Leg dich zurück und hör auf, die Fäuste zu ballen. Du wirst nur deine Muskeln verknoten und steif werden.«
    Damon gehorchte. Er blickte von einem der ihn umgebenden Gesichter zum anderen: Callista, nüchtern und befehlsgewohnt; Ellemir ein wenig ängstlich dreinblickend; Andrew stark und ruhig, aber Damon spürte eine Unterströmung von Unbehagen. Seine Augen kehrten zu Callistas zuversichtlichem Gesicht zurück. Auf sie, die in Arilinn ausgebildet war, konnte er sich absolut verlassen. Seine Atmung, seine Lebensfunktionen, sein Leben selbst lagen in ihren Händen, und er war zufrieden.
    Warum mußte sie auf ihre Berufung verzichten, weil sie sich eheliches Glück und Kinder wünschte?
    Callista brachte Ellemir und Andrew in den Kreis. Damon nahm den sich aufbauenden Rapport, die Verschmelzung wahr. Schon trieb er auf weite Fernen zu. Er sah zu Ellemir hin, und sie schien ihm transparent zu sein. Wie sehr liebte er sie, wie glücklich war sie!
    Callista sagte leise: »Im ersten Stadium lasse ich dich bis zur Krise gehen, aber nicht bis zu Krämpfen. Das würde keinem von uns etwas nützen.«
    Er machte sich nicht die Mühe zu widersprechen. Callista war in Arilinn ausgebildet; an ihr war es, die Entscheidung zu treffen. Dann befand er sich in der Überwelt. Seine Landmarke bildete sich um ihn, ein Turm wie Arilinn, weniger fest, weniger leuchtend, kein Lichtstrahl, aber ein Obdach, sehr blaß und doch fest rings um ihn, ein Schutz, ein Heim in der Überwelt. Während er in den Mauern seines Zufluchtsortes verweilte, spann er den absurd leichtfertigen Gedanken aus, was die anderen Telepathen, die in der grauen Welt umherwanderten, wohl denken mochten, wenn sie einen neuen Turm entdeckten. Oder würden sie gar nichts davon merken, würden sie nie an diese abgelegene Stelle kommen, wo Damon und seine Gruppe arbeiteten? Entschlossen konzentrierte er sich auf den Gedanken, der ihn nach Arilinn führte, und schon stand er in dem Hof vor Leonie. Er stellte mit Erleichterung fest, daß ihr Gesicht verschleiert war und ihre Stimme kühl und sachlich klang, als habe es den Augenblick der Leidenschaft nie gegeben.
    »Zuerst müssen wir die Ebene erreichen, wo eine Bewegung durch die Zeit möglich ist. Hast du dafür gesorgt, daß dein Körper überwacht wird?« Damon hatte den Eindruck, daß sie durch ihn hindurchblickte, auf die Überwelt, auf die Welt hinter ihm, wo sein Körper lag und Callista schweigend Wache hielt. Leonie blickte seltsam triumphierend drein, aber sie sagte nur: »Du magst für sehr lange Zeit abwesend sein, und sie wird noch länger scheinen, als sie ist. Ich will dich bis zur Zeitforschungsebene führen, doch ich bin nicht sicher, ob ich im Stande sein werde, dort zu bleiben. Wir müssen uns in kleinen Schritten durch die Ebenen bewegen.« Sie setzte hinzu: »Ich versuche immer, sie mir als Treppenstufen vorzustellen.« Vor Damons Augen hob sich der graue Nebel um sie genug, um eine schattenumhangene Treppe zu enthüllen. Sie schwang sich in einem Bogen nach oben und verschwand in dichteren Nebelschichten, die wie die Schwaden über einem Flußbett waren. Damon bemerkte, daß die Treppe ein vergoldetes Geländer hatte. Welche Treppe aus Leonies Kinderzeit mochte hier in dem gedanklichen Bild wohl wieder erweckt werden? Vielleicht eine auf Burg Hastur?
    Er war sich voll bewußt, als er hinter Leonie seinen Fuß auf die erste Stufe setzte, daß sich in Wirklichkeit nur ihre Seelen durch die gestaltlosen Atome des Universums bewegten. Aber die visualisierte Treppe fühlte sich tröstlich fest unter seinen Füßen an und gab ihm einen Brennpunkt für die Bewegung von Ebene zu Ebene. Leonie kannte diesen Weg, und er war zufrieden, ihr zu folgen.
    Die Stufen waren nicht steil, aber während des Aufstiegs begann Damon, schwerer zu atmen, als klettere er einen Berg hinauf. Die Treppe fühlte sich weiterhin fest unter seinen Füßen an und schien sogar teppichbelegt zu sein, obwohl auch seine Füße nur Gedankenbilder waren. Es wurde ihm immer schwerer, sie zu fühlen, sie von Stufe zu Stufe zu heben. Die Stufen wurden undeutlicher, je näher sie dem dichten grauen Nebel kamen, der ein kleines Stück vor ihnen wogte. Leonies Gestalt war nur noch ein Hauch von Karminrot.
    Der dichte Nebel schloß sich um ihn. Er konnte ein paar Zoll der

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