Der verbotene Turm
sollte nach einem Festtag allein schlafen müssen!«
Lachend rückte Callista zur Seite. Damon kletterte ins Bett und schlief sofort ein. In seinem Inneren fühlte Andrew ein wahnsinniges Gelächter, das alle Verlegenheit wegschwemmte. Als er selbst einschlief, nahm er den dünnen Faden eines Rapports wahr, der sich um ihn webte, als suche Damon noch im Schlaf nach dem Trost ihrer aller Gegenwart, ziehe sie alle dicht an sich. Eng miteinander verflochten, schlugen ihre Herzen im gleichen Takt, und das stetige Pochen war eine unendliche Beruhigung. Andrew wußte nicht, ob der Gedanke von ihm oder einem der anderen kam: Jetzt, da Damon hier war, war alles gut. Es war so, wie es sein sollte. Er spürte, auf welche Art sich Damon ihrer bewußt war: Alle meine Geliebten … Ich will nie wieder allein sein .
Es war spät, als sie erwachten, aber die zugezogenen Vorhänge machten es dunkel im Zimmer. Ellemir schmiegte sich immer noch in seine Arme. Sie bewegte sich, drehte sich ihm verschlafen zu und hüllte ihn mit ihrer weiblichen Wärme ein. Das Gefühl der Verbundenheit, des Einsseins war immer noch da. Andrew ließ sich in dies Gefühl einsinken, sich von ihrem Körper willkommen heißen. Irgendwie waren es nicht nur er selbst und Ellemir. Unter der Bewußtseinsebene ruhte die Sicherheit, daß sie alle Teil davon, daß sie ohne Vorbehalte und Bedingungen eins waren. Ihm war, als müsse er der ganzen Welt, jedem einzelnen Menschen zurufen: »Ich liebe euch, ich liebe euch alle!« In seinem Rausch machte er keine Unterschiede zwischen seiner sexuellen Reaktion auf Ellemir, seiner Zärtlichkeit für Callista, der starken, beschützenden Freundschaft, die er für Damon empfand. Alles war ein Gefühl, und dies Gefühl war Liebe. Er trieb dahin, er ertrank darin, er blieb erschöpft liegen und genoß es. Er wußte, sie hatten die anderen geweckt. Es machte ihm nichts aus.
Ellemir bewegte sich zuerst. Sie streckte sich und seufzte, lachte, gähnte. Sie richtete sich ein wenig auf und küßte ihn schnell. »Am liebsten möchte ich den ganzen Tag hier bleiben«, gestand sie, »aber ich denke an das Chaos unten in der Halle. Wenn unsere Gäste überhaupt Frühstück bekommen sollen, muß ich hinuntergehen und dafür sorgen, daß wieder gearbeitet wird.« Sie beugte sich über Damon und küßte ihn, und nach einem Augenblick küßte sie auch Callista. Dann glitt sie aus dem Bett und ging, sich anzuziehen.
Damon, körperlich weniger einbezogen, spürte Callistas Anstrengung, ihre Barrieren aufrechtzuerhalten. Es war also doch nicht vollkommen. Sie war immer noch draußen. Mit einer Fingerspitze berührte er leicht ihre geschlossenen Augen. Andrew war in sein Bad gegangen. Sie waren allein, und Callistas tapfere Verstellung löste sich auf.
»Weinst du, Callie?«
»Nein, natürlich nicht. Warum sollte ich denn weinen?« Aber sie tat es doch.
Damon nahm sie in die Arme. In diesem Augenblick teilten sie etwas, von dem die anderen ausgeschlossen waren. Es war ihre gemeinsame Erfahrung, die schmerzhafte Disziplin, das Gefühl, anders zu sein.
Damon empfing einen bruchstückhaften Gedanken Andrews, der im Bad war: Zufriedenheit, gemischt mit Kummer. Für eine kleine Weile war Andrew einer von ihnen gewesen. Jetzt hatte auch er sich von ihnen gelöst. Gleichzeitig nahm Damon Callistas Empfindungen wahr. Sie mißgönnte Ellemir nichts, aber sie fragte sich verzweifelt, ob sie an ihrer Freude jemals werde teilnehmen können. Ein plötzliches wahnsinniges Verlangen überfiel sie, sich selbst mit ihren Nägeln zu zerfleischen, sich mit ihren Fäusten zu schlagen, den nutzlosen, verstümmelten Körper zu strafen, der so weit von dem entfernt war, was er hätte sein sollen. Damon drückte sie an sich und versuchte, sie mit seiner Berührung zu beruhigen und zu trösten.
Ellemir kam mit tropfendem Haar aus dem Bad zurück und setzte sich an Callistas Ankleidetisch. »Ich muß eins deiner Hauskleider anziehen, Callie, es ist so viel aufzuräumen«, sagte sie. »Das ist der einzige schlechte Teil an einer Gesellschaft!« Sie sah, daß Callista ihr Gesicht an Damons Brust versteckte, und für einen Augenblick überwältigte das Leid ihrer Schwester sie. Ellemir war in dem Glauben groß geworden, sie selbst habe nur ein wenig von dem Laran ihres Clans. Aber jetzt, als Callistas Verzweiflung sie voll traf, erkannte sie, daß die übersinnliche Wahrnehmung mehr von einem Fluch als von einem Segen an sich hatte. Und als Andrew hereinkam,
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