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Der verbotene Turm

Der verbotene Turm

Titel: Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sprechen, konnte seiner Bestürzung und seinem Abscheu keine Worte verleihen. Endlich stammelte er: »Du mußt wahnsinnig sein, Callista! In Gottes Namen, wie könnte ich irgendeiner Frau so etwas antun? Und dir am wenigsten!«
    Sie sah ihn verzweifelt an. »Du hast es versprochen.«
    Jetzt wurde er zornig. »Was bist du nur, Callista? Was bist du für eine wahnsinnige, perverse …« Es mangelte ihm an Worten. Ersehnte sie, die gegen seine Zärtlichkeit kalt blieb, etwa seine Grausamkeit?
    Ihre Tränen strömten lautlos. Sie fing seinen Gedanken auf. »Nein, nein, ich habe nie gedacht, du wolltest es. Es ist nur die einzige Möglichkeit, die ich mir vorstellen kann – oh, Avarra erbarme sich meiner, ich hätte sterben sollen, ich hätte sterben sollen …«
    Sie warf sich herum, begrub ihr Gesicht in den Kissen und weinte so heftig, daß es Andrew entsetzte. Er legte sich neben sie, er versuchte, sie in seine Arme zu nehmen, aber sie riß sich heftig von ihm los. Von einer Qual gefoltert, die beinahe ebenso groß war wie ihre eigene, zog Andrew sie an sich, streichelte und tröstete sie, versuchte, einen gedanklichen Kontakt herzustellen. Aber sie schirmte sich gegen ihn ab. Er hielt sie fest und ließ sie sich ausweinen. Endlich lag sie widerstandslos in seinen Armen, was nie mehr geschehen war, seit er sie aus den Höhlen von Corresanti wegbrachte, und er hatte den Eindruck, auch ihre innere Barriere habe sich aufgelöst. Sie hauchte: »Du bist so gut zu mir, und ich schäme mich so.«
    »Ich liebe dich, Callista. Aber ich glaube, du hast so lange über diese Sache nachgegrübelt, bis sie jede Proportion verloren hat. Meiner Meinung nach war es falsch, zu warten, und je länger wir noch warten, desto schlimmer wird es werden.« Er spürte die vertraute Berührung seines Geistes, und jetzt wußte er, daß sie ihn wie damals, in der Zeit der Einsamkeit und Angst willkommen hieß. Sie sagte: »Damals fürchtete ich mich nicht davor.«
    Fest erklärte er: »Nichts hat sich seitdem verändert, außer daß ich dich noch mehr liebe.«
    Er wußte nicht viel über sexuelle Hemmungen, aber ihm war bekannt, daß es eine pathologische Frigidität gab. Und das bißchen, was ihm über die Ausbildung einer Bewahrerin erzählt worden war, bestätigte seinen Verdacht, man habe sie gegen jede Art sexueller Reaktion konditioniert. So naiv war er nicht, daß er glaubte, eine zärtliche Verführung werde alle ihre Ängste lösen und sie in eine leidenschaftlich liebende Frau verwandeln. Aber einen anderen Anfang gab es seiner Meinung nach nicht. Zumindest konnte es ihr neuen Mut geben.
    Sie waren jetzt in engem Kontakt. Er spürte, daß sie nichts von der körperlichen Erregung empfand, die in ihm tobte, daß sie jedoch nach der innigen Verbundenheit hungerte, die die kalte Spannung zwischen ihnen beenden konnte. Er zog sie sanft an sich. Er begehrte sie, ja, aber nicht gegen ihren Willen. Er wollte, daß sie den Sturm der Leidenschaft teilte, der ihn zittern machte. Der Worte bedurften sie nicht. Sie zog seinen Kopf zu sich herab und legte mit scheuem Zögern ihre Lippen auf seine. Andrew überkam ein plötzliches Unbehagen. Er war noch nie mit einer unerfahrenen Frau zusammen gewesen. Er nahm bei ihrem jetzigen engen Kontakt die schreckliche Anstrengung wahr, die es sie kostete, nicht vor seiner Berührung zurückzuschaudern. Er strömte über von Zärtlichkeit. Sie lag weich in seinen Armen, berührte ihn schüchtern, versuchte nicht, ihren Mangel an Erregung zu verheimlichen. Das war nicht die Passivität der Unwissenheit. Sie wußte sehr gut, was er von ihr wollte, und doch war da keine Spur von sexuellem Verlangen.
    Von neuem suchte er den geistigen Kontakt. Und dann spürte er durch die vertrauten Schwingungen, die von ihr kamen, eine Verwirrung, etwas anderes, fremd und doch bekannt, stark sexuell. Ellemir? Damon und Ellemir? Seine erste Reaktion war, sich zurückzuziehen, die geistigen Barrieren ruckartig zu schließen – Ich bin doch kein Voyeur! –, doch dann merkte er, daß Callista sich zögernd und noch versuchsweise in die vierfache Verschmelzung sinken ließ. Die alte Verbindung baute sich zwischen ihnen auf, wie sie es getan hatte, als sie alle innerhalb der Matrix vereinigt gewesen waren. Und zum ersten Mal bemerkte er an Callista ein Nachgeben, nicht nur geistiger, sondern auch körperlicher Art. Sie war weniger angespannt, als sei das weniger Angst erregend für sie, wenn sie es mit ihrer Zwillingsschwester

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