Der vergessene Mond Bd II - Zeit des Erwachens (German Edition)
sprang in demselben Moment über die Liege auf Kira zu, die ihrerseits mit erhobenen Fäusten in seine Richtung sprang. Noch im gleichen Augenblick wusste Herm, dass er zu langsam sein würde, zu schnell und präzise war der Wurf des Attentäters gewesen. Gerade als der metallische Stern unterhalb seiner Augenhöhe durch seine Sichtlinie geflogen war und er den Aufschlag in seine Brust erwartete, hörte er den dumpfen Knall eines Aufschlags auf hartes Holz. Seine Augen senkend sah er vor seiner Brust das Ende eines langen Holzstabes, in dem das Wurfgeschoss des Mörders steckte.
Wie in Trance folgten seine Augen dem Stab entlang zu seiner Linken, wo wie aus dem Nichts Borresch aufgetaucht war und das tödliche Wurfgeschoss pariert hatte. Mit einem lauten Zischen atmete er erleichtert aus. „ Bei allen Monden, das war schon zum zweiten Mal heute verdammt knapp. “ Kira war inzwischen mit dem fremden Attentäter in einen waffenlosen Kampf verwickelt. Wie schon zuvor, wenn er sie kämpfen sah, konnte er nicht anders als sie mit offenem Mund zu bewundern, ihre Art zu kämpfen glich mehr einem Tanz denn einem Kampf und doch war es so effektiv.
„Geh aus dem Weg, Junge.“ Mit der bestimmenden Stimme eines Lehrers schob Borresch ihn zur Seite und näherte sich vorsichtig den beiden Kämpfern, bei denen noch keiner die Oberhand gewonnen hatte. „ Verrückter alter Narr! “ Zu spät merkte Herm, dass der alte Mann vorhatte, in den Kampf einzugreifen. Bevor er ihn zurückhalten konnte, war er mit einer für sein Alter überraschenden Geschicklichkeit um den Mann in Schwarz herum geschlichen und stand nun abwartend in seinem Rücken. Verblüfft sah Herm, wie der alte Kaufmann in einer perfekt ausbalancierten Kampfstellung stand, er hatte definitiv schon oft gekämpft und wusste offenbar sehr genau was er tat. Nur Sekunden später wurde er aktiv, gerade hatte der Mann in Schwarz eine Trittserie auf Kiras Kopf erfolglos beendet, als Borresch mit unglaublicher Geschwindigkeit vorstieß und mit seinem Stab einen Angriff auf das Standbein des Attentäters startete. Im letzten Moment wich der Maskierte Mann dem Stab aus, doch der kurze Überraschungsmoment war alles, was Kira gebraucht hatte. Schnell wie eine Schlange änderte sie ihre Haltung und griff ihren Gegner mit einer Kampfform an, die Herm zuvor noch nicht gesehen hatte. Wie Schlangenbisse schlugen ihre gespitzten Hände zu, zu schnell um ihnen folgen zu können, und durchstießen die Deckung des überraschten Mannes. Ein direkter Treffer in sein linkes Auge ließ ihn aufschreien und brachte ihn endgültig außer Balance, die nachfolgende Schlagkombination auf seinen Kehlkopf beendete sein Leben, noch bevor er wusste was geschah.
Mit einer leichten Verbeugung begrüßte Kira Borresch und bedankte sich leise für die Unterstützung. Nun erwachte auch Herm wieder aus seiner Starre. „Meister Borresch, seid ihr unverletzt...und vielen Dank“ Ein wenig beschämt sah Herm zu dem alten Mann, der ihm sein Leben gerettet hatte und nun seinen langen Wanderstab wieder wie einen Stützstock hielt. „ Welch einfallsreiche Illusion. “ Wer Borresch so sah, mochte glauben, vor ihm stünde ein alter Greis mit seinem Stock, doch das wäre ein schlimmer Fehler. Trotz seines Alters war der Bruder Marteks noch immer ein äußerst gefährlicher Mann.
„Schnell, wir müssen zum Laden und von dort die Stadtgarde rufen. Ich glaube nicht, dass bei all dem Lärm der Midsommerfeier irgendjemand diesen Überfall bemerkt hat.“ Mit klarem Befehlston hatte Borresch die Führung übernommen und so gingen sie zu dritt vorsichtig zurück zum Innenhof des Anwesens, während sie ihm von den anderen Attentätern und dem Tod Marthas erzählten.
Ein Moment der Trauer war auf dem Gesicht des alten Mannes zu sehen, als er vom Tod seiner Magd hörte, doch dann wurde sein Ausdruck wieder hart und eisern, wie der eines Mannes, der einer Mission folgte. Borresch trug noch sein Nachtgewand, ähnlich wie Herm selbst, der ebenfalls nur seine Leinenhose trug, in der er schlief. Lediglich Kira war vollständig bekleidet. „ Wie seltsam. “ Es war ihm vorher nicht aufgefallen, aber nun fand er es ungewöhnlich. Schlief sie komplett bekleidet, und wenn ja warum?
Mit einem kurzen Schütteln warf Herm die Gedanken an Kiras Kleidung und das, was sie verbarg, von sich. Es gab nun wichtigeres, sie mussten aus dem Anwesen fliehen und ihr Weg würde sie durch den Laden führen.
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Die Dunkelheit in dem
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