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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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bestimmt Fuchs und Hase gute Nacht», murmelte sie und musste lachen, weil sie jetzt schon anfing, mit sich selbst zu reden. Höchste Zeit, dass sie wieder unter Leute kam. Wenn sie nicht aufpasste, endete sie in ein paar Monaten als schrulliges Weib mit einem Haus voller Katzen. Sie liebte Katzen.
    Michael hatte eine Katzenhaarallergie. Im Moment fielen ihr nur seine negativen Seiten ein. Dabei gab es die positiven Seiten, ganz bestimmt sogar. Sonst wäre sie nicht so lange mit ihm glücklich gewesen.
    Das «Fox & Hare» lag etwas außerhalb. Amelie parkte auf dem kleinen Parkplatz vor dem Cottage.
    Der kleine Empfangsbereich war dunkel und roch muffig. Amelie klopfte behutsam auf die kleine Glocke auf dem Tresen, und das laute Pling schallte laut durchs Haus. Die Tür zum Büro hinter dem Empfang ging sofort auf, und ein vierschrötiger, älterer Herr mit grauen, wuscheligen Haaren tauchte auf. Er hatte so blaue Augen, dass Amelie kurz zurückfuhr. Er steckte im Gehen sein Hemd in die Hose, und mit der freien Hand schob er sich die Reste eines Brötchens in den Mund.
    «Hrm?», machte er.
    «Ich hätte gern ein Zimmer», sagte Amelie. Die Worte kamen ihr in der fremden Sprache leicht über die Lippen; sie hatte immer schon gut Englisch gesprochen. Manchmal musste sie gar nicht darüber nachdenken, was sie sagen wollte.
    Er nickte, kaute, schluckte. Beugte sich über den Tisch, blätterte in seinem Buch. «Wie lange?»
    Sie zögerte. Sie hatte nicht darüber nachgedacht, wie lange sie bleiben wollte. «Eine Woche? Erst mal», fügte sie hastig hinzu. «Kann auch länger sein, je nachdem, wie lange …» Sie verstummte. Interessierte ihn bestimmt nicht, was sie trieb.
    Er schob ihr ein Anmeldeformular über den Tresen, das sie mit einem Kugelschreiber ausfüllte, der immer mal wieder Aussetzer hatte. Währenddessen tippte er irgendwas in den Computer auf seinem Tisch; es war ein altersschwaches Modell mit Röhrenmonitor und einer speckigen, beigefarbenen Tastatur. Amelie hatte geglaubt, die Dinger seien längst ausgestorben.
    «Sie können eine Woche bleiben, aber danach sind wir ausgebucht.»
    «Okay, kein Problem.» Wenn sie länger bleiben wollte, würde sie eben etwas anderes finden. Für den Moment war sie einfach froh, eine Unterkunft zu haben.
    «Gut, Mrs. …» Er schaute auf das Formular und runzelte die Stirn. «Franck. Hier sind die Schlüssel. Eine Treppe rauf, dann links. Frühstück gibt’s ab sieben.»
    Zimmernummer  13 . Abergläubisch schienen sie hier ja nicht zu sein.
    Amelie trug ihre Taschen nach oben. Die Zimmertür hatte sich leicht verzogen, sie musste mit der Schulter dagegendrücken, damit sie aufging. Von einem winzigen, schmalen Flur führten zwei Türen ins Bad und in das Schlafzimmer. Das Badezimmer war erstaunlich modern. Das Schlafzimmer war rüschig-blumig dekoriert. Aber sie wollte hier ja nur schlafen. Die Möbel waren dunkel und schwer, schienen eher in ein Herrenhaus und nicht in ein kleines Hotel oder B&B zu passen. Auf der Kommode stand ein winziger Fernseher, der mindestens so alt war wie der Computer unten am Empfang.
    Sie setzte sich auf das breite Bett und ließ sich auf den Rücken fallen. Müde war sie; in der letzten Nacht hatte sie kaum geschlafen. Sie wollte nur zehn Minuten die Augen zumachen …
    Meine liebe A-,
     
    London hat uns wieder. Die Stadt ist staubig, wütend und laut; nichts wird sich hier ändern. Wir haben daheim alles zum Besten bestellt vorgefunden, aber du fehlst uns sehr.
    Ständig bin ich versucht, dir zu schreiben. Ich will wissen, wie es dir geht. Isst du genug? Gehst du regelmäßig an die frische Luft? Verdirb dir beim Lesen nicht die Augen; ich weiß, dass du bei hereinbrechender Dunkelheit wartest, bis die Buchstaben vor deinen Augen tanzen, ehe du das Licht anmachst. Und zieh dich immer warm an, hörst du? Wir wissen doch, wie empfindlich du bist.
    T- lässt grüßen, auf diese unnachahmlich feindselige Art, die ich ihm nicht mehr austreiben kann. Man sollte meinen, du wärst nicht meine Schwester, sondern ein diebisches Dienstmädchen, das er in Schimpf und Schande vertrieben hat. Sobald die Sprache auf dich kommt – und wie du dir denken kannst, passiert das ständig, seit wir zurück sind, denn die Gesellschaft hat uns in ihre Mitte genommen, und vor Besuchern können wir uns kaum mehr retten! –, bekommt er diesen Gesichtsausdruck … du weißt schon. Dieses «Ich-kenne-sie-nicht»-Gesicht, das er immer aufsetzt, wenn es um die

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