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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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Dienerschaft geht. Es gibt Dinge, die weist er schlicht von sich. Ich werde dann ungehalten, weil er sich immer aus allem raushalten will. Meine Schwester geht ihn sehr wohl etwas an, zumal er nicht ganz unschuldig ist an deiner Misere (wie ich finde). Er meint, du hättest dir das Lager, auf dem du ruhst, selbst so gerichtet, und nun sollst du auch die Konsequenzen tragen. Ohne zu klagen, selbstverständlich.
    Aber ich weiß ja, du klagst nicht. Liebe A-, ich werde mich in zwei Tagen wieder melden. Soeben schickt er Miss Bigow zu mir herauf – ich sitze im Boudoir – und lässt mir ausrichten, in einer halben Stunde müsse ich fertig sein. Es geht zum Dinner bei Lord Elmingham, du kannst dir denken, wie öde das wird, lauter grässliche Leute, die mich anstarren, als hätte ich die Pest. Am liebsten möchte ich ihnen ins Gesicht lachen: «Seht, ihr urteilt über meine Schwester, dabei seid ihr es mit eurer Doppelmoral, die sie ins ferne Pembroke gezwungen haben.»
    Ich werde still und brav sein und kein Wort darüber verlieren. Ich werde sein, wie T- mich gern hätte.
    Und insgeheim werde ich über sie alle lachen. Ich werde dir schreiben, was für schreckliche Leute das doch sind. Sie sind so reich, dass sie sich alles leisten können (zum Beispiel auch, ein unglückliches Mädchen fortzuschicken), und sie sind allesamt so vulgär und widerlich, dass ich nichts mit ihnen zu schaffen haben will.
    Ich muss los!
    Schreib mir!
    In Liebe, deine Bee
     
    Meine liebe A-,
    was habe ich gesagt? Es war genau so grässlich, wie ich vermutet habe, und fast noch schlimmer, weil der widerliche Bruder des Duke of G- auch da war.
    Ich weiß, du magst ihn. Und ich sollte nichts Schlechtes über ihn sagen. Aber gegen seine Frau darf ich wettern, ja? Eine schreckliche Person, so ganz und gar in sich selbst verliebt. Sie ist laut. So laut, dass man unwillkürlich das Gesicht verziehen will, sobald sie den Mund aufmacht (und das tut sie oft, viel zu oft).
    Immerhin kam so kein peinliches Schweigen auf. Lord P- saß auf der einen Seite und wir auf der anderen – die anderen Gäste peinlich berührt dazwischen, und der Gastgeber war redlich darum bemüht, die Situation zu entschärfen.
    Es kam daher erst zum Eklat, als wir uns verabschiedeten. Ich war müde und froh, dass auch T- keine Lust hatte, länger als unbedingt nötig zu bleiben. Wir standen also in der Eingangshalle, ein Diener brachte unsere Mäntel, und just in dem Moment tauchte die Duchess auf, und sie sagte nicht viel. Aber was sie sagte, war so abscheulich, dass ich nicht wusste, wie ich darauf antworten sollte. (Ich wiederhole es nicht, aber du wirst dir denken können, worauf es abzielte. Dem Duke of G- jedenfalls gibt sie keine Schuld, die widerliche Giftspritze.)
    T- zeigte sich in diesem Moment für seine Verhältnisse erstaunlich umsichtig. Er führte mich aus dem Haus, und wir stiegen in unsere Kutsche, die gerade vorfuhr. Auf der Heimfahrt sprach er kein Wort. Ich war stumm vor Wut und Entsetzen.
    Über diesen Vorfall haben wir seither nicht mehr gesprochen. Wir reden überhaupt nicht mehr. Es geht nur um die üblichen familiären Belange: was die Kinder gesagt und getan haben, zu welchen Dinners wir zu gehen gedenken, wann er nicht daheim, sondern bei seiner Mätresse sein wird. Inzwischen ist er wieder sehr viel außer Haus, das war in den ersten Wochen nach dem Skandal ein bisschen anders. Damals hat er zu mir gehalten, hat mir zur Seite gestanden. Aber jetzt denkt er, seine Schuldigkeit getan zu haben, und nimmt sein altes Leben wieder auf. Ach, Bumble! Ich vermisse unsere Gespräche. Die Vorstellung, mich in einen Zug nach Pembroke zu setzen und zu dir zu kommen, ist allzu verlockend. Dann könnte ich dir auch all die kleinen, wunderhübschen Sachen übergeben, die hier an den langen Abenden entstehen. Meine Hände können nicht ruhen, und ehe du fragst: ja! Mein Fuß wippt immer ganz aufgeregt, während ich stricke und nähe.
    Erzählst du mir von deinem Leben am anderen Ende der Welt? Deine Briefe klingen so erschöpft. Ich will nicht behaupten, sie wären nichtssagend, aber ich kenne dich. Mehr möchte ich gar nicht sagen, denn ich denke mir, dass du auch gar nicht so viel sagen willst.
    Alles Liebe!
    Deine Schwester Bee
     
    Liebste A-,
    ich muss mich entschuldigen. Es ist unverzeihlich, was ich dir zuletzt geschrieben habe, deine heftige Reaktion beweist es. Und natürlich hast du recht – es war dumm von mir. Siehst du, das Leben geht hier weiter

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