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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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vielleicht irgendwann etwas bauen konnte, das, von den Erinnerungen anderer genährt, am ehesten eigenen Erinnerungen glich.
    «Jetzt würd ich gerne ganz viele Weißtdunochs mit dir teilen. Aber ich weiß ja selbst nichts mehr, deshalb ist das wohl eher sinnlos», sagte sie zum Grabstein.
    Außer ihr war sonst niemand auf dem Friedhof. Amelie ließ sich Zeit. Sie blieb an Patricks Grab sitzen und erzählte, was ihr in den Sinn kam. Von dem Kind, das sie bald bekam. Vom Strandhaus und wie sie es hergerichtet hatte. «Es würde dir gefallen», versprach sie und war sich plötzlich sicher, dass das wirklich so war. Sie musste an die ersten Jahre in Berlin denken. Wie sie einmal einem Jungen gedroht hatte, ihren großen Bruder zu holen, wenn er nicht aufhörte, sie zu triezen. Er hatte sie nur ausgelacht.
    «Als ob ich gewusst hätte, dass es dich gibt.»
    Mit dem Wissen um ihn ging es ihr besser. Das Suchen war für sie vorbei.
    Es fiel ihr schwer, sich vom Grab zu lösen. Sie hätte stundenlang hier hocken können. Doch inzwischen taten ihr die Beine weh. Und sie konnte ja jederzeit zurückkommen, das war ihr größter Trost. Jetzt hatte sie einen Ort, wo sie an ihren Bruder denken konnte. Jetzt und für alle Zeiten.
    Sie ging nur langsam weiter. Am Friedhofstor verharrte sie. Von hier aus konnte sie die Apotheke schon fast sehen. Wie lange war das jetzt her, seit sie damals mit Schwindel auf dem Bordstein gehockt hatte und Dan sie reinholte, damit sie ihm nicht die Kunden vergraulte? Sie lächelte. Sein Humor war das Erste gewesen, was ihr an ihm so gut gefallen hatte.
    Als sie sich heimatlos fühlte, hatte er ihr das Gefühl gegeben, dass sie hierhingehörte. Als sie mit sich haderte, hatte er sie bestärkt. Als sie nicht wusste, wohin sie gehörte, ob an Michaels Seite oder nicht, da hatte er ihr Freiheit geschenkt. Eine Freiheit, mit der sie im ersten Moment nichts hatte anfangen können; die Freiheit, zu entscheiden, ob sie zu ihm gehörte. Sein Argument war keine stürmische Verführung gewesen, sondern einfach die Gewissheit, bei ihm einen Ort zu haben, zu dem sie immer würde zurückkehren können. Selbst dann, wenn sie sich gegen ihn entschied. Seine Tür stand ihr immer offen.
    Sie klopfte also wieder einmal an seine Tür, und wieder ließ er sie herein und machte ihr Platz in seinem Leben und in seinem Haus. Sie hatte nichts bei sich, außer der Frage, die sie ihm hastig vor die Füße warf, kaum dass er die Tür geöffnet hatte.
    «Hast du hier Platz genug für mich? In deinem Leben? Darf ich herkommen? Für immer?»
    Für immer. Denn sie hatte schon immer hierhergehört, in diesen kleinen Ort an der zerklüfteten, sturmumtosten Küste.
    «Komm herein», sagte Dan. Und das war seine Antwort: Komm herein, dies ist mein Leben. Ich teile es gern mit dir.
    Sie war so froh, dass sie ihm schweigend nach oben folgte. In der Küche hing die Einsamkeit von einem, der das Warten schon fast aufgegeben hatte: eine halbleere Flasche Rotwein, ein Teller mit Bruschetta, unberührt.
    «Ich hab nicht so viel Hunger», sagte er, und dann machte er eine einladende Geste. Iss ruhig. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen.
    Dan setzte sich zu ihr. Nachdem sie den ersten Hunger gestillt hatte, schob sie den Teller von sich weg.
    «Ich bleibe», sagte sie leise. «Hier in Pembroke. Es gefällt mir, hier kann ich gut leben. Was aus uns wird … Ich glaube, das wird die Zeit uns zeigen.»
    Er machte eine unbestimmte Handbewegung, die ihren Bauch ebenso mit einschloss wie seine Küche. «Und Mr. Amelie?»
    «Michael …» Sie seufzte. «Er wird wohl gelegentlich herkommen, allein schon des Kindes wegen. Das werde ich ihm nicht verbieten können, das will ich auch gar nicht. Er hat ein Recht darauf.»
    Dan nickte. Er hatte etwas Ähnliches wohl erwartet.
    «Du wirst im Strandhaus wohnen, nehme ich an.»
    «Soll ich denn gleich hier einziehen?» An die Möglichkeit hatte sie zwar gedacht, aber jetzt kam sie für sie doch fast zu schnell.
    «Du kannst mal hier sein, mal dort. Wie es dir lieber ist.» Dan lächelte. Er stand auf, nahm Amelies Hände und zog sie hoch. «Wir haben uns bisher noch nicht einmal geküsst.»
    Sie spürte, wie ihr heiß wurde. Es stimmte. Sie beide hatten sich bisher immer geradezu keusch verhalten. Aber jede seiner Berührungen ließ sie erzittern.
    Er zog sie an sich. Seine Arme umschlossen sie, und sie legte den Kopf an seine Brust, weil sie nicht wusste, wohin sonst mit sich. Das schnelle Tok-Tok seines

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