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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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wollen – das verbietet mir meine Höflichkeit. Aber ich halte Sie nicht für einen Archäologen wie Mr.   Pemberton und auch nicht für einen Sammler. Sind Sie ein Schatzjäger? Meine Quellen sagen, dass Sie – abgesehen von Ihrer reizenden Gefährtin – mit zwei Briten und einem Amerikaner unterwegs sind. Da frage ich mich natürlich, für wen Sie wohl arbeiten.»
    Grant lächelte dünn. «Das frage ich mich selbst auch manchmal.»
    «Ich verstehe: Sie können nicht offen mit mir sprechen. Nun, dann kann ich auch nicht offen mit Ihnen sprechen, das müssen Sie verstehen.» Molho lächelte ebenfalls und stand auf. Auch der kräftige Mann neben ihm erhob sich, nur für den Fall, dass Grant auf dumme Gedanken käme. «Ich werde über Ihr Anliegen nachdenken, Mr.   Grant. Und wenn ich entschieden habe, wie viel die Information wert ist, nenne ich vielleicht meinen Preis. In diesem Fall werde ich Sie in Ihrem Hotel kontaktieren.»
    Grant beugte sich über den Tisch, doch sofort streckte der Bodyguard die Hand aus, um ihn auf Abstand zu halten. «Lassen Sie sich nicht zu lange Zeit. Es sind noch einige Leute hinter diesem Ding her. Leute, mit denen nicht zu spaßen ist.»
    Molho hob den linken Arm und winkte Grant und Marina damit zu, ein schauriger Abschiedsgruß. «Ich weiß.»

    Der Mercedes brachte sie mit hoher Geschwindigkeit durch die leeren Straßen zurück zum Hotel. Grant und Marina saßen während der gesamten Fahrt schweigend auf dem Rücksitz. Auf dem Flur vor ihren Zimmern zögerten sie. Wenn in diesem Moment zufällig jemand vorbeigekommen wäre, hätte er sie für ein Liebespaar gehalten, das spät vom Tanzen zurückkehrte. Grant hatte seine Jacke über die Schulter gelegt und die Ärmel bis zum Ellbogen hochgekrempelt; Marina hatte die Schuhe ausgezogen und trug sie in einer Hand. Ihre Füße waren eher an Arbeitsstiefel gewöhnt als an hohe Absätze. Ihr Gesicht glänzte von Schweiß, und an einem Augenwinkel war der Kajal verwischt. Ein Träger ihres Kleides war ihr über die Schulter gerutscht.
    «Gute Nacht», sagte Grant. In dem stillen Hotelflur, dessen Teppichboden jedes Geräusch dämpfte, klang es schroffer als beabsichtigt. «Das heißt, es sei denn …» Er machte einen Schritt auf sie zu. In Marinas Haar hingen die Gerüche des vergangenen Abends: Rauch und Schweiß, Alkohol und Parfüm. Vielleicht hatte all das Haschisch in dem Club ihn benommen gemacht. Er streckte die Hand aus und streichelte ihre Wange, strich die Haarsträhne zurück, die ihr über ein Auge gefallen war. Marina wich nicht zurück. Grant ließ die Hand tiefer gleiten, über ihre Wange, ihren Hals und die Schulter. Sanft zog er den Träger wieder hoch.
    «Ich habe eine Flasche Brandy in meinem Zimmer.» Ihm war selbst bewusst, wie falsch das klang, doch er konnte nicht anders, als sich hinter einem Vorwand zu verstecken. Es war zu viel Zeit vergangen, als dass er irgendetwas als selbstverständlich ansehen durfte.
    «Nur ein Glas», erwiderte Marina mechanisch. Auch sie klang ein wenig benommen. Grant fasste sie am Ellbogen und führte sie zu seiner Zimmertür, und sie ließ es zu. Während er nach dem Schlüssel suchte, schmiegte sie sich an seinen Arm. Er steckte den Schlüssel ins Schloss … und hielt inne. Er spürte Molhos Whiskey warm in seinen Eingeweiden; der Duft von Marinas Parfüm raubte ihm schier den Verstand, doch es gab Instinkte, die niemals schliefen.
    Sie spürte, dass er erstarrte, und schaute mit schiefgelegtem Kopf zu ihm auf. «Was ist?»
    «Psst.» Grant starrte auf den Türrahmen. Aus der Ritze zwischen der verschlossenen Tür und dem Rahmen ragte eine winzige Ecke gelben Papiers, so unauffällig, dass man sie nicht bemerkte, wenn man nicht wusste, dass sie dort war. Grant steckte immer einen Fetzen Papier in den Türspalt, wenn er das Zimmer verließ. Doch jetzt war der Schnipsel nicht mehr genau an derselben Stelle. Jemand war in das Zimmer eingedrungen, hatte die Falle bemerkt und versucht, seine Spuren zu verwischen. Das bedeutete, dass derjenige – wer immer es sein mochte – wusste, was er tat. Und der Webley lag im Zimmer.
    Grant zog den Schlüssel wieder aus dem Schloss, ohne die Klinke loszulassen. Marina wich zurück und beobachtete ihn verwirrt. «Hast du deine Pistole?», fragte er flüsternd.
    In diesem Moment wurde die Türklinke plötzlich heruntergedrückt und die Tür nach innen aufgerissen. Grant, die Klinke noch immer in der Hand, wurde durch den Schwung ins Zimmer

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