Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
Vom Netzwerk:
vollauf.«
    Der Witamáhir befahl Tuom, das Gewünschte zu besorgen.
    »Wie erklärt Ihr Euch das wechselnde Farbenspiel?«, fragte der Davenamedhir.
    Taddarig kratzte sich am Kopf, was mehr sagte, als Worte es vermocht hätten. »Ich bin da überfragt«, gestand er ein. »Es sei denn, es wäre   … Ah, darauf wollt Ihr also hinaus?«
    Der Mönch nickte abermals, doch nicht alle waren imstande, des Alten Gedankengang zu folgen.
    Da war Tuom Mürmdohl zurück. In der Hand trug er einen Krug dunklen Weins.
    »Hier, Eure Probe, Herr«, sagte er völlig außer Atem.
    »Danke, Tuom. Haltet das Buch bitte ein wenig schräg, Herr Taddarig.«
    Circendil führte den Krug über das Buch und begann, seinen Rand zu neigen. Taddarig riss entsetzt das Buch zurück und starrte den Davenamönch entgeistert an. »Seid Ihr noch ganz bei Trost   – bitte um Verzeihung   – Herr Mensch?! Beinahe hättet Ihr den Wein über diese Kostbarkeit geschüttet!«
    »Das ist die Probe, von der ich sprach. Seht her!« Er nahm Taddarig das Buch aus der Hand, und schneller, als der es verhindern konnte, goss Circendil den fast schwarzen Wein über das geschlossene Buch. Ein Aufschrei ging durch die Vahitmenge, der in Rufe wie Das gibt’s nicht! und Habt ihr das gesehen! überging.
    Auch Finn war aufgesprungen und starrte Circendil fassungslos an. Ein Buch mutwillig zu misshandeln   – das war ein ganz und gar unerhörtes Unterfangen, ein Frevel geradezu, ein Vergehen, für dases keinen Namen gab. Niemand im ganzen Hüggelland würde absichtlich und vorsätzlich etwas Derartiges tun, nicht bei einem ganz gewöhnlichen Vahitbuch und erst recht nicht bei einem ehrwürdig alten Schriftwerk. Es aber diesem ganz und gar einmaligen, fast anderhalbtausendjährigen Schatz anzutun, war dermaßen ungeheuerlich, dass Finn nicht nur aufsprang, sondern in den allgemeinen Aufschrei mit einstimmte.
    Dann sah er, um Atem ringend, wie der schwere Wein über den Einband lief, in dunkelroten Schlieren daran herunterfloss und ins Gras träufelte, und ihm war, als schnüre jemand sein Herz zusammen. Doch dann erkannte er verblüfft, dass etwas anders war. Anders als erwartet und anders, als es hätte sein sollen. Jeder gewöhnliche Stoff hätte sich vollgesogen, sich verfärbt, wäre durchweicht worden und, als Einband eines Buches, verdorben für immerdar.
    Nicht aber dieser.
    Der Wein glitt über den Stoff, als fiele Wasser auf eine ölige Fläche. Er floss daran entlang, aber nicht in seine Fasern hinein, sondern darüber hinweg.
    Finn riss die Augen auf. Er perlt ab, wie Regentropfen an einer Immerreinblüte!
    Der Einband wurde nicht nass, und als der letzte Tropfen abgelaufen und ins Gras geperlt war, war das Buch so trocken wie zuvor, als wäre der fließende Wein nur ein Trugbild gewesen und habe das Buch selbst nie berührt.
    Circendil stellte den geleerten Krug beiseite und reichte das vollkommen unversehrte lorc’hennië cromairénaë an Taddarig zurück.
    »Ahnt Ihr jetzt, wie dieses Buch die Zeiten zu überdauern vermochte?«, fragte der Mönch. »Sein Einband besteht aus jener Feenseide, die es angeblich nur in euren Märchen gibt. Nun lasst uns aber sein Inneres betrachten. Öffnet es!«
    Taddarig legte das Buch auf den Tisch vor Circendil hin. Er schlug den Deckel um; dann blätterte er weiter, und seine Augen wurden größer und größer, als sein Blick über die ersten Zeichnungen darinnen strich; und er hielt den Atem an, als er erkannte,worauf er kurz darauf blickte: auf Schriftzeichen, ohne Frage, doch waren sie von ihm fremder Art. Sie schwangen sich anmutig über die Seiten und waren schöner in ihrer Form als alles, was er je geschrieben gesehen hatte, und das wollte eine Menge heißen.
    Erst nach und nach ging Taddarig auf, dass er hier sehr wohl Caeredwaine-Buchstaben vor sich sah, nur waren sie verschnörkelter und schwieriger zu deuten als ihre heutige Schreibweise, und er konnte die Schrift nicht entziffern.
    Alles dies las Finn dem alten Buoggir gleichsam vom Gesicht ab; wie es in ihm wogte und wallte, sich wieder glättete und entspannte, nur um im nächsten Moment wieder starr zu werden vor Verwunderung.
    »Versucht erst gar nicht, die Buchstaben zu enträtseln«, riet ihm der Medhir. »Sie sind von altertümlicher Art, und um ihren Sinn werden wir uns später kümmern. Für diesen Augenblick reicht es, wenn Ihr Eure Aufmerksamkeit auf das Papier richtet. Habt Ihr derlei schon gesehen?«
    Taddarig befühlte die einzelnen Seiten,

Weitere Kostenlose Bücher