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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Bücher verbrannten in den Wirren des Bürgerkrieges, oder sie gingen auf andere Weise verloren. Allerdings war Daven allein von allen Dirin in jenen frühen Tagen vom gleichen Gedanken beseelt wie euer Volk, und auch er suchte zu retten, was der Vergessenheit anheimzufallen drohte. Er sandte seine Ordensbrüder aus, wann immer es ging, und sie sammelten Bücher und Schriftrollen ein. Wo ihnen das nicht gelang, suchten sie Berichte zusammenzutragen, um Kenntnis zu bewahren von der Zeit vor der Dreiteiligkeit, vor dem Bürgerkrieg und sogar vor dem Reich Benutcane. All dies verbrachten sie in die schützenden Mauern des Klosters, doch ihre Ausbeute war dürftig.
    Gleichwohl hüteten wir die erhaltenen Schätze nicht geringer als ihr Vahits. Von den meisten fertigten Schrift- und Sprachkundige getreue Abschriften an, aber selbst die besten unter ihnen mussten verzagen, wenn sie nur noch halblesbare Bücher vorfanden. Kummer hierüber trieb uns um, und emsige Suche allein war das Mittel, ihn zu lindern.
    Der größte Wissensschatz unter allen anderen aber war ein einzelnes Buch, das seinerzeit Daven selber entdeckt und in Sicherheit gebracht hatte. Es handelte sich dabei um ein Werk aus der Altvorderenzeit. Keine Abschrift, sondern eine Urschrift, wie ihr sagen würdet. Ein Buch, verfasst auf echtem Fernenpapier; Feenpapier , wie ihr es nennt. Das Werk war somit gefeit gegen Feuchtigkeit und Austrocknung und Verblassen der Tinten und Farben, und zumindest eine Zeit lang widerständig sogar gegen Feuer.«
    Erstauntes Gemurmel und die geflüsterten Worte Urschrift und Feenpapier liefen durch die Reihen, vor allem durch die der Buogga. Wosto Keubler, der Staubner, richtete sich auf und klemmte sich sogar seine Sehgläser auf die Nase, auch wenn es gar nichts zu lesen gab.
    »Dieses Werk«, führte Circendil aus, »stammte aus den Jahren der Unterweisung; sogar ihren ganz frühen Jahren, wie ich vermute. Es ist größtenteils unversehrt, aber leider nicht mehr vollständig. Auch wenn hungrige Ratten und Mäuse Fernenpapier nicht fressen, wenn sie es in irgendwelchen Kellern finden, so benagen sie es doch, ehe sie es verschmähen; und das hat dem Buch mehr zugesetzt als ihm guttat, und so sind leider einige Seiten unlesbar oder wurden gleich ganz herausgerissen von wütenden kleinen Zähnen.«
    Er zuckte mit den Schultern, hielt inne und sah in die Runde.
    »Hat jenes Werk, von dem Ihr immerfort sprecht, einen Namen?«, wollte Taddarig Sperler wissen. Der alte Buoggir war ganz Aug’ und Ohr.
    »Ja«, antwortete Circendil und nestelte an seinem Rucksack. »Es trägt einen Namen. Einen Namen, der in euren Ohren klingen muss, als käme er aus einem Märchen. Denn ich habe erfahren«, sagte er und machte eine weit ausholende Geste, »dass ihr die Féar für ein Märchenvolk haltet. Ihr nennt sie Feen, und ihr heißt sie zauberhaft. Aber das sind sie nicht, jedenfalls nicht in dem Sinne, wie ihr das heute versteht. Die Féar waren die einstigen Lehrmeister der Menschen, Hüter großen Wissens und gewaltiger Weisheit, die Lehrer der Menschen in der Zeit der Unterweisung. Der Name desBuches entstammt ihrer uralten Sprache, und er lautet lorc’hennië cromairénaë. Es ist die Geschichte ihres eigenen Volkes von dem Tage an, da sie auf Kringerde erschienen!«
    Jetzt steigerte sich das Gemurmel, kippte förmlich um zu einem allgemeinen Raunen und Rufen. Finn hörte etliche Ist-nicht-wahrs und andere Äußerungen der Ungläubigkeit, darunter auch unfreundliche wie Schiebung und Ammenmärchen . Wer das gerufen hatte, konnte Finn jedoch nicht ausmachen.
    »Ruhe, bitte!«, rief Ludowig Gurler, der Witamáhir. »Lasst Herrn Circendil weitererzählen.«
    »Ja, mach weiter mit der Märchenstunde!«, rief eine ältere Vahitstimme aus der Menge.
    »Ich weiß, es fällt schwer, das zu glauben«, nahm der Davenamönch wieder das Wort auf. »Auch wir Dirin kennen die Feen, doch nennen wir sie Fernen. Auch wir hätten sie längst nur noch als Gestalten in Märchengeschichten gesehen, wenn es da nicht etwas gäbe, das als ein Beweis für ihr Dasein gelten mag. Ich habe es vorhin schon erwähnt: Ich meine das Fernenpapier.«
    »Papperlapapp!«, schnappte dieselbe ältere Vahitstimme, und Finn sah jetzt, dass sie Hamblád Drossler gehörte, dem Postlenker des Obergaus. »Feenpapier ist genauso ein Märchenstoff wie Feenseide.«
    Finn zog die Stirn in Falten. Was, um alles in der Welt, war Feenseide? Dann erinnerte er sich so eben noch an eine

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