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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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bleibt uns«, sagte Mellow hinter ihm. »Hinab, meine ich. Obwohl es der letzte ist, den wir wählen wollen, nehme ich mal an.« Er trat nahe an den Abgrund heran, beugte sich vor und spähte hinein. »Nein«, sagte er gleich darauf. »Keine Trittstufen diesmal. So kommen wir nicht weiter.«
    »Guten Morgen«, sagte Finn. »Obwohl ich nicht weiß, was an diesem Morgen gut ist.«
    »Guten Morgen«, antwortete Mellow und grinste schwach. »Nun, ich wüsste einiges zu sagen, um den Morgen zu retten, falls es dir nicht gelingt. Dein Kopf ist auf deinen Schultern, zum Beispiel. Auch kannst du ihn zum Denken benutzen, und er dient nicht einem gewissen Jemand als Fußball. Und das ist nur das Wichtigste. Davon abgesehen bist du in Gesellschaft einer reizenden jungen Dame und eines verlässlichen Freundes, und das ist mehr, als es die meisten an diesem Morgen für möglich gehalten hätten. Nur was ein Frühstück betrifft, da sehe ich vorerst schwarz.«
    Finn musste wider Erwarten lachen. »Du bist unglaublich«, sagte er voller Dankbarkeit. »Der Himmel erhalte dir deine gute Laune. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen sollte. Aber selbst duund deine Zuversicht   – ihr werdet beide vor diesem Spalt die Fahne streichen müssen, fürchte ich.«
    »Noch leben wir, Finn. Das ist immerhin etwas. Und größere Sorge als dieser Abgrund macht mir Saisárasar. Ich hoffe, sie werden denken, dass du im Brunnen zu Tode gestürzt bist. Und ich hoffe, sie suchen mich immer noch, da sie nicht wissen , dass ich ebenfalls in den Brunnen gestiegen bin. Sie werden jetzt bei Tageslicht jeden Winkel des Alten Turms absuchen, und dieser Mensch wird nicht so schnell aufgeben. Seine Schmerzen werden der Wut neue Nahrung geben, und er wird gewiss nicht eher ruhen, bis er mich gefunden hat.«
    »Wie schlimm hast du ihn erwischt?«
    »Ich weiß es nicht; zum Zielen blieb mir keine Zeit. Die Kohle traf sein Gesicht, so viel ist sicher, aber wie schwer seine Verletzung ist? Ich weiß es nicht.«
    In diesem Moment regte sich hinter ihnen das erwachende Mädchen. Sie gingen zu ihr und beruhigten sie, ehe sie sich erneut zu fürchten begann.
    Gatabaids linke Wange zeigte einen hellroten Streifen, und an ihrem Ohr haftete verkrustetes Blut. Mellow untersuchte ihren rechten Arm, und hier sah es bedeutend schlimmer aus. Das Kleid klebte an der Wunde fest, die das Aschestück ihr ins Fleisch gebrannt hatte, und Gatabaid zuckte zusammen, als er die Stelle vorsichtig berührte.
    »Wir brauchen Wasser«, murmelte Mellow. »Nicht nur des Durstes wegen. Heißes Wasser und sauberes Leinen zum Verbinden. Sie wird bald Fieber bekommen; die Wunde ist schon entzündet. Wir müssen uns beeilen.«
    »Wann gehen wir nach Hause?«, fragte Gatabaid und sah die beiden Vahits hilfesuchend an, ehe sie die Augen niederschlug. »Mein Arm tut weh«, flüsterte sie.
    »Wir gehen, sobald   … sobald wir einen Weg gefunden haben«, sagte Finn. »Was deine Verletzung betrifft, Gatabaid, so helfen wir dir, wenn wir dazu die nötigen Mittel haben. Weißt du was? Suchdir einstweilen ein paar hübsche Steinchen zum Spielen. Aber geh nicht zu weit nach hinten. Es wird schnell dunkel dort. Mellow und ich suchen derweil hier nach einem Weg auf die andere Seite. Einverstanden?«
    Das Mädchen nickte.
    Finn warf Mellow einen Und-was-jetzt?- Blick zu.
    »Auch mein Kopf«, sagte Mellow, »befindet sich zu meiner großen Freude noch dort, wo er sein sollte. Und wenn du nichts mit deinen Händen tun kannst, kannst du immer noch denken, hat uns Herr Gesslo eingeschärft. Also beabsichtige ich, genau das zu tun.«
    Finn hob die Hände und ließ sie ergeben wieder fallen. »Wie lange? Bis dir der Kopf so angeschwollen ist, dass wir ihn als Brücke in den Spalt rollen können?«
    »Wie es nicht geht, wissen wir beide«, entgegnete Mellow mit leichtem Tadel in der Stimme. »Aber versetzen wir uns doch einmal in die Lage der alten Benutcaerdirin. Da bauen sie eine Festung, und sie denken sogar daran, sich einen Fluchtweg offen zu halten. Wie ich gestern schon sagte, sie waren Leute mit Verstand. Dieser Fluchtweg führt sie bis zu dieser Spalte, denn einen anderen Weg gibt es nicht. Richtig?«
    Finn nickte. »Ja. Und?«
    »Für Leute mit ihrem Verstand«, fuhr Mellow fort, »wäre es schon reichlich seltsam, wenn sie nicht dafür gesorgt hätten, dass sie auf diesem Weg entkommen konnten. Was hätte es ihnen denn gebracht, hier am Rand zu stehen und in die Tiefe zu starren? Das frage ich

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