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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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geben. Am besten aber ist, dass ich ein wenig Medhanbhel gefunden habe   – Mönchskraut. Wir nennen es so, weil wir Mönche es oft zum Heilen verwenden. Wie es bei euch heißt, weiß ich nicht.« Er hielt eine purpurfarbene Pflanze mit spitzen Blättern hoch, deren stacheliger Blütenkopf an einen Igel erinnerte. Circendil hatte sie mitsamt der Wurzel ausgegraben.
    »Na, die hat jedenfalls wenig Ähnlichkeit mit Euch, würde ich mal sagen«, meinte Mellow. »Nichts, was mich an Euch erinnern würde. Vom Bart einmal abgesehen, natürlich.«
    »Ihr werdet spitzfindig, Herr Vahatir.« Circendil warf Mellow einen undeutbaren Blick zu. »Bei meinem Volk ein eher bedenkliches Zeichen. Vielleicht geht es auch Euch nicht gut? Wenn Ihr wollt, flöße ich Euch gern einen Trank ein, der die Zunge lähmt. Nur zu Eurem Besten, natürlich.«
    »Haha«, machte Mellow. »Vielen Dank, ich verzichte. Außerdem heißt es Vahit, wenn überhaupt. Nicht Vahatir. Ich wollte nur sagen …«
    »Das ist doch Sonnenhut«, unterbrach ihn Gatabaid. »Meine Mutter sammelt sie bisweilen, aber ich weiß nicht, wofür. Aber sie versteht sich gut auf Kräuter.«
    »Dann ist deine Mutter sicher eine kluge Frau«, sagte Circendil. »Zunächst bereiten wir den Beinwell zu, was immer der Herr Landhüter dazu sagt. Wenn du magst, kannst du mithelfen.«
    Er wusch die Wurzel an der Quelle; dann schälte er sie, zerdrückte sie auf einem flachen Stein und vermischte sie mit Wasser zu einem Brei. Ähnlich, sagte er, solle Gatabaid mit der Medhanbhel-Wurzel verfahren, nur ohne Wasser. Während das Mädchen emsig auf einem zweiten Stein die Wurzel zerquetschte, begann Circendil, aus dem Bast eine Art Band zu flechten. »Das hat mich am längsten aufgehalten«, sagte er. »Ich musste ziemlich weit gehen, um eine Linde zu finden. Aber es erschien mir unumgänglich: Frischer Lindenbast ergibt den besten Verband. So, junge Dame, ich glaube, das genügt. Jetzt kannst du die Mönchskrautblätter abzupfen.«
    Unter Circendils flinken Fingern wuchs schnell ein handbreites Band aus Lindenbast, das lang genug war, den Arm zu verbinden.
    »Nun komm einmal her, Gatabaid. Setz dich. Wir müssen jetzt deinen Ärmel von der Wunde entfernen, und vielleicht tut es ein bisschen weh. Ich habe hier ein paar Blätter, die du zuvor kauen solltest. Sie schmecken bitter, ich weiß, aber sie nehmen dir die Schmerzen. Während du sie kaust, schau in den Himmel, aber bewege deinen Kopf nicht dabei.«
    Gatabaid rollte wie geheißen die Augen nach oben und kaute, ihr Gesicht zu komischen Grimassen verzogen, die bitteren Blätter.
    »Sehr gut; nun spuck sie aus. Hier, trink ein wenig.« Er reichte ihr seinen ledernen Becher.
    »Bist du bereit?«, fragte er dann. »Schau einfach weiter in den Himmel wie eben. Kannst du eine Wolke sehen, die lustig aussieht? Sobald du eine siehst, beschreibst du sie mir.« Noch während Gatabaid den Himmel absuchte und in den Wolken nacheinander eine Gans, Mellows Gesicht, eine Mistgabel und einen Laib Broterkannte, löste Circendil vorsichtig die festgeklebten Stoffreste. An zwei Stellen musste er die Spitze seines Dolches nehmen und ein Stück des Schorfes auftrennen; Gatabaid zuckte mehrmals zusammen, doch sie starrte weiter mit festgepressten Lippen in den Himmel und beschrieb, was sie dort sah. »Sehr gut machst du das. Und zu deiner Beruhigung: Das Schlimmste haben wir schon hinter uns.«
    Circendil nahm sodann das zusammengefaltete Blatt und streute von dem Schimmel auf die Wunde. Über diese Schicht verteilte er die zerriebene Mönchskrautwurzel. Dann kam der Brei aus Beinwell darauf, den er mit den Blättern des Sonnenhutes bedeckte. Zuletzt nahm er das geflochtene Band aus Lindenbast und legte es als Verband um den Arm. Mit einem Stück des abgetrennten Ärmels band er es fest.
    »Fertig«, sagte er, zufrieden mit seinem Werk. »Diesen Verband lässt du zwei Tage dran, ehe du ihn abnimmst, um die Wunde mit warmem Wasser abzutupfen. Tut es noch weh?«
    Gatabaid runzelte die Stirn, als horche sie in sich hinein. Dann strahlte sie. »Nein. Gar nicht. Nur ein winziges bisschen, glaube ich. Ist aber nicht schlimm.«
    »Sehr schön. Wenn du willst, ruh dich jetzt ein wenig aus. Es ist Mittag, und es ist warm. Wir anderen werden unterdessen beratschlagen, was wir als Nächstes tun.«
    »Oh«, sagte sie. »Ich weiß schon, was du meinst.« Sie rollte vielsagend die Augen. »Erwachsenengerede.«
    Er neigte sich vor und blinzelte ihr zu. »Ich fürchte,

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