Der vergessene Turm: Roman (German Edition)
großartig«, sagte Mellow finster. »Genau das, was uns noch fehlt! Als hätten wir nicht schon Besuch genug.« Circendil warf ihm einen fragenden Blick zu, und er beeilte sich zu versichern: »Ich bitte um Verzeihung. Anwesende selbstverständlich ausgenommen, meine ich. Wie viele gibt es von diesen … Tränen?«
»Elf«, antwortete Circendil und holte tief Luft. »Elf Tränen und elf, die sie tragen.«
»Und welcher davon war das eben?« Kampo schob sein Wacala in den Gürtel zurück. Auch seine Brüder steckten ihre Waffen ein.
Finn spürte, dass ihm kalter Schweiß auf der Stirn stand. Er wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht. Er vermisste sein Wacala und fand es zu seiner Verwunderung zu seinen Füßen liegend. Der junge Vahit bückte sich und hob es auf.
»Ich denke, Saisárasar hat es uns verraten«, sagte Circendil. »Habt ihr nicht gehört, was er in seinem eigenen Schrecken rief?«
»Ich glaube, ich habe Amuul verstanden«, sagte Sahaso. »Wenn das ein Name war.«
»Es ist ein Name«, sagte der Davenamedhir bestimmt. »Im Buch ›lorc’hennië cromairénaë‹ steht geschrieben: An einen von Lukathers treuesten Dienern wurde vor tausenden von Menschenaltern die Träne des Erscheinens gegeben. Und als Amuul wird jener Diener erwähnt, der die Träne erhielt.«
Er stieß sein Schwert in die Scheide und wandte sich brüsk ab. »Wir müssen fort. Auch wenn ich nicht verstehe, weshalb der Dáirbáirithir erschienen ist! Und noch weniger, was er den Gidrogs befahl! Amuul ist weitaus mächtiger als Saisárasar, und ich fürchte, ich bin ihm auf einen Blick offenbar geworden als das, was ich bin.Er nannte den Namen meines Ordens – und das will mir überhaupt nicht gefallen.«
»Wieso sollte er dich erkannt haben?«, fragte Mellow verwundert. »Und vor allem – wie?« Gemeinsam gingen sie zu dem umgekippten Wagen zurück, bei dem Dhela, Gatabaid und Rorig kauerten.
»Er hat ein Wort gezischt, das ich halb und halb erinnere«, warf Finn ein. »Daven… – irgendwas.«
»Ja. Daveniáthror«, sagte Circendil nachdenklich. »Vielleicht waren es auch zwei Worte: daven iáthror? Ich weiß nicht, was das heißt, und ich kann nur mutmaßen, was es bedeutet. Und weshalb er mich erkannt hat. Aber eines ist klar: Er durchschaut, was ich bin. Er weiß um meinen Orden und seinen Namen. Und wenn er die Antwort nicht schon kennt, wird er wissen wollen, was ich hier suche.«
»Aber warum hat er dich dann nicht einfach geschnappt, als er die Gelegenheit dazu hatte?«, wollte Kampo wissen, der ohnehin nur die Hälfte des Gesagten verstand.
»Vielleicht will er abwarten, bis du es gefunden hast«, murmelte Finn.
»Ja«, sagte Circendil und blieb stehen. »Fast könnte man es meinen. Das Ganze wirkte, als sei Saisárasar voreiliger gewesen, als er es sollte. Der Dunblúodur war wütend, oder ich habe nie ein wütendes Wesen gesehen. Er hat ihnen den Rückzug befohlen. Vielleicht aus dem von dir genannten Grund, Finn. Immerhin: Wir haben einen Aufschub erhalten. «
Mellow wiegte zweifelnd den Kopf. »Heißt das, die Gefahr für das Hüggelland ist damit vorüber?«
»Nein«, erwiderte Circendil nachdrücklich. »Glaubt das nicht und zu keiner Zeit. Der Dunblúodur hat neue Anweisungen überbracht. Und sie haben – vielleicht – etwas mit mir zu tun. Oder mit Dingen, die andernorts vorgehen. Und die sicher nicht weniger bedrohlich sind. Die Steine geraten in Bewegung. Wir können nur raten, wohin sie gezogen werden. Und welche Absicht sich hinterjedem Zug verbirgt. Wenn wir einen Aufschub erhalten haben, ist er auf jeden Fall kurz. Wir müssen ihn nutzen.«
»Um was zu tun?« Kampo und Sahaso sprachen es fast gleichzeitig aus.
»Um zu finden, weshalb ich ins Hüggelland gekommen bin. Den Hinweis, wo ein Ding namens Gluda verwahrt ist.«
Die Brüder blickten einander verständnislos an.
»Wenn es das ist, worauf sie warten«, sagte Mellow, schon nahe beim Wagen, »dann werden sie kommen und dich holen, sobald du den Hinweis gefunden hast.«
Der Davenamedhir lachte bitter auf. »Ja, das werden sie. Aber wir drei werden es zu verhindern wissen, nicht wahr?« Er legte eine Hand auf Mellows und die andere auf Finns Schulter. »Ich hoffe, mir fällt bloß noch rechtzeitig ein, wie. Aber fasst Mut, solange Zeit dazu ist. Wir werden sehen, was wir ausrichten können. Es gibt immer einen Weg. Und ja, ich denke, wir könnten ihn finden.«
Dhela Rohrsang lehnte an der Längsseite des
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