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Der verhängnisvolle Urlaub

Der verhängnisvolle Urlaub

Titel: Der verhängnisvolle Urlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das?«
    »Was?«
    »Daß sie noch Jungfrau ist.«
    »Karin sagt mir das!«
    Paul schnaubte verächtlich durch die Nase.
    »Und du glaubst das?«
    » Ja . «
    »Ich nicht!«
    »Weil du keine Ahnung hast. Es gibt keinen Grund, warum mir Karin nicht die Wahrheit gesagt haben sollte.«
    »Warum nicht?«
    »Erstens tat sie es unaufgefordert. Und zweitens sieht sie in ihrer Jungfräulichkeit nichts Rühmliches, sondern eher – in ihrem Alter – einen Makel.«
    »Sind denn die alle verrückt?!« schrie Paul Fabrici.
    Mimmi raubte ihm die letzten Illusionen, indem sie erwiderte: »Wenn du's genau wissen willst – Karin freut sich auf den Tag, an dem sie mir mitteilen kann, daß es passiert ist.«
    Paul blickte um sich wie ein Irrer.
    »Und dazu fährt sie ans Meer«, ächzte er. »Allein! Ohne uns!«
    Die Wogen glättend, sagte Mimmi: »Sie hat ja die Pille bei sich, Paul. Davon verspreche ich mir mehr, als ich es von unserer Aufsicht tun würde. Diese würde sich nämlich im entscheidenden Moment genauso wirkungslos erweisen wie jedesmal seit Adam und Eva.«
    Mimmi Fabrici schien – jedenfalls auf dem zur Debatte stehenden Gebiet – eine große Realistin zu sein. Paul kam da nicht mit. Er blickte sie an, schüttelte den Kopf, schaute zur Tür, schüttelte noch einmal den Kopf und verkündete seine alte Parole:
    »Ich jeh ins Jeschäft.«
    Nickeroog liegt vor der Nordseeküste. Es ist eine Insel mit einem Bad, das vornehmlich von Leuten besucht wird, die Spaß daran haben, aus einem langweiligen sandigen Strand ein kleines Paradies zu zaubern. Anscheinend gefällt das sehr vielen Menschen, denn wie die Pilze waren die weißen Hotels, die Strandpromenaden, die Pensionen, die ›Original Fischerhäuser‹ und die eleganten Nachtbars emporgeschossen, und der flache Strand vor den Dünen, die Reihen der bunten Strandkörbe und die vielen Wimpel über den Sandburgen erweckten in den Gästen, die ankamen, das Gefühl, in eine ungewohnte, völlig unbeschwerte Welt einzutreten.
    Wie überall an der See lagen auch hier die braunen Gestalten in der Sonne und ließen sich braten, wie überall spielten Kinder mit dicken Bällen, saßen ältere Herren in großen Burgen und kloppten Skat, flirteten junge Mädchen mit athletischen Typen, die sich, wenn sie Zeitung lasen, nicht für den Kulturteil, sondern für die Seite mit dem Sport interessierten, machten Eisverkäufer gute Geschäfte und hatten Mütter mit Kindern alle Hände und Augen voll zu tun, um zu verhindern, daß ihnen ihre Kleinen zu Verlust gingen.
    Als Karin auf Nickeroog eintraf und im Palast-Hotel das von ihr bestellte Zimmer bezog, begegnete sie gleich in der Halle einem Mann, der sich nicht scheute, sie auffällig zu mustern und ihr sogar anerkennend zuzunicken. Karin war verwirrt. Wie kommt mir denn der vor? dachte sie. Wenn er ein Ami wäre, würde er mir sicher auch noch nachpfeifen. Und das in einem solchen Haus!
    Der Mann war aber kein Amerikaner, das verriet schon seine Kleidung. In dieser Beziehung übertreffen ja bekanntlich die Leute aus der Neuen Welt einander bis zur Unmöglichkeit.
    Karins Zimmer hatte zwei große Fenster zum Meer hinaus. Ein Balkon nahm die ganze Front des Hotels ein und war durch dünne Wände abgeteilt in einzelne Reservate für die Zimmer.
    Karin trat noch vor dem Auspacken hinaus auf den Balkon. Ein herrlicher Blick tat sich ihr auf. Unter ihr lag der weite Strand mit der bunten Pracht der Körbe und Fahnen und erstreckte sich das leicht bewegte Meer, das am Horizont mit dem blauen Himmel zusammenstieß. Kleine Federwölkchen schmückten das weitgespannte flimmernde Himmelstuch und wirkten wie Flocken auf schillernder Seide. Warm wehte die Seeluft in das Zimmer.
    Karins Brust weitete sich. Sie breitete die Arme aus, als wollte sie diese ganze schöne Welt an sich ziehen, sie umschließen. Sie sog mit tiefen Zügen das wunderbare Geruchsgemisch von Wasser, Sand, Wärme und Freiheit ein. Vier Wochen Nordsee, dachte sie glücklich. Vier Wochen keinerlei Pflichten und Rücksichten, keine Großstadt, kein Verkehrslärm, keine elterlichen Ermahnungen, keine Supermarktbelange aus Vaters Mund schon am Frühstückstisch, und keine aus Mutters Brust aufsteigende Seufzer darüber. Vier Wochen frei sein von all dem – ein glücklicher Mensch sein unter anderen frohen Menschen, unbeschwert, lustig und – sie mußte lächeln – vielleicht auch bald verliebt.
    Der Mann in der Hotelhalle fiel ihr ein. Wie aufdringlich er sie angesehen hatte. Oder

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