Der Verhandlungs-Profi
abhängt:
Fall 1
Firma Klein macht Jahr für Jahr kleine Gewinne. Sie ist in einem von der Rezession betroffenen Umfeld mit hoher Arbeitslosigkeit, aber keiner Inflation angesiedelt. Viele Menschen würden sehr gern in der Firma Klein arbeiten. Firma Klein beschließt für das laufende Jahr eine Gehaltssenkung von 7 Prozent.
Unfair? 62 Prozent der Befragten in diesem Fall antworten mit Ja.
Fall 2
Firma Klein macht Jahr für Jahr kleine Gewinne. Sie ist in einem von der Rezession betroffenen Umfeld mit hoher Arbeitslosigkeit und 12 Prozent Inflation angesiedelt. Viele Menschen würden sehr gern in der Firma Klein arbeiten. Firma Klein beschließt für das laufende Jahr eine Gehaltserhöhung von 5 Prozent.
Unfair? Nur 22 Prozent der Befragten antworten mit Ja.
Das Besondere daran: Das Resultat ist in beiden Fällen ident: eine Gehaltseinbuße von 7 Prozent für die Mitarbeiter von Firma Klein. Der Unterschied liegt – wieder einmal – im Bezugsrahmen, und dieser beeinflusst das Fairness-Empfinden. Während eine Gehaltssenkung als unfair erlebt wird, ist eine Erhöhung, obwohl weit unter der Inflationsrate, weniger dramatisch. Menschen denken in diesem Beispiel nicht in Kaufkraft, sondern in fixen Einheiten, also Euro.
Berücksichtigen Sie den Fairness-Faktor immer von beiden Seiten
Wenn Sie Ihre Vorschläge entsprechend „fair“ verpacken und argumentieren, können Sie damit Ihren Verhandlungspartnern Entscheidungen „erleichtern“. Umgekehrt lohnt es sich, alles kritisch zu beleuchten, was von Ihrem Verhandlungspartner zu plakativ als „fair“ argumentiert wird. Oft versteckt sich gerade dahinter ein Ungleichgewicht zu Ihren Lasten. Faire Vorschläge werden mit höherer Wahrscheinlichkeit akzeptiert, aber die Fairness muss nachvollziehbar sein. Die Veränderung des Bezugsrahmens hilft Ihnen dabei:
A: „Da meine Investition höher war, halte ich es für fair, wenn auch mein Anteil am Gewinn höher ist.“
B: „Nein, denn das von mir eingebrachte Know-how stellt den größten Wert des Projekts dar, daher halte ich es für fair, wenn ich einen höheren Anteil erhalte.“
Tja, beides ist aus der jeweiligen Perspektive nachvollziehbar und fair, trotzdem wird über diesen Punkt wohl noch länger verhandelt werden müssen. In so einem Fall empfehle ich ein rein rationales Abwägen der Argumente. Damit blenden Sie den subjektiven Fairness-Faktor aus und können objektiv entscheiden:
Stellen wir den Wert der Investition dem von einem Spezialisten zu errechnenden Wert des Know-hows gegenüber und teilen wir den Gewinn im Ausmaß der errechneten Werte-Verteilung.
So nehmen Sie Vorschläge richtig entgegen
Sobald Ihr Verhandlungspartner seinen Erstvorschlag anbringt, laufen Sie Gefahr, durch den Effekt des Ankerns von diesem Vorschlag abhängig zu werden und auf diesen zu reagieren, anstelle Ihre möglicherweise völlig anders geplante Strategie zu verfolgen.
Wie können Sie also selbst auf Erstvorschläge Ihrer Verhandlungspartner reagieren?
Strategie 1: Verschieben
Sobald der Erstvorschlag kommt, gleich, ob er zu hoch, zu niedrig oder auch in erwarteter Höhe ist, verschieben Sie ihn. Verschieben bedeutet, dass Sie in dieser Situation nicht darauf eingehen, sondern zum Beispiel sagen:
Danke für Ihren Vorschlag. Anscheinend haben wir etwas unterschiedliche Auffassungen über das anzustrebende Ergebnis. Ich schlage vor, wir versuchen, diesen Abstand zu verringern, indem wir uns darauf konzentrieren, wie wir beide den bestmöglichen Nutzen daraus ziehen können.
Durch diese Methode schaffen Sie es, die Diskussion beziehungsweise die Verhandlung auf ein anderes Thema zu lenken. Damit kommen Sie weg von der Vorschlag-gegen-Vorschlag-Ebene, zu der es zu diesem Zeitpunkt der Verhandlung vielleicht noch zu früh ist, und damit auch weg von einem für Sie zu aggressiven Vorschlag.
Strategie 2: Information überprüfen und klären
Wann immer Sie Information von Ihrem Verhandlungspartner bekommen, werden Sie durch diese Information beeinflusst. Sie müssen daher in der Lage sein, diese Beeinflussung aufzuheben, indem Sie sich rein auf die Fakten konzentrieren und überprüfen, was Sie gehört haben.
Beispiel
Aussage 1: Ihr Verhandlungspartner sagt: „Wir haben ein besseres Angebot von Firma X, welches weit über Ihrem Angebot liegt. Das bedeutet, Sie müssten auf mindestens 550.000 erhöhen, damit wir im Gespräch bleiben können.“
Aussage 2: Ihr Verhandlungspartner sagt: „Es gibt genug Firmen da
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