Der verlorene Troll
dir zurück. Ich lege es neben dein Bett.«
Seine Gesten, bei der die linke Hand unter der rechten lag, wirkten förmlich, wie vorgeschrieben, aber Made wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Er war erschöpft und rollte sich gähnend zur Seite. »Wirst du mir das noch einmal erklären?«
Der Zauberer nickte. »Das werde ich. Du bist ein Mann, der unter Riesen und im Land der Toten wanderte, du sprichst die Sprache der Zauberer und trägst magische Gegenstände bei dir. Wenn es dir besser geht, in einem Tag oder zwei, werden wir uns auf den Weg zum Collegis machen. Ich bringe dich zu Lady Culufres Schloss und ihrem Zauberer. Vielleicht ziehe ich noch weiter; ich muss um Vergebung bitten, weil ich den Dämon tötete, um dich zu retten. Dennoch werden wir genug Zeit für deine Unterweisung haben.«
Er verließ Mades Bett, ging zum Fenster und zog den Stoff zurück, der davor hing.
Der bleiche Schein der Morgendämmerung spähte herein wie ein neugieriges Kind.
»Bleibe noch einen Augenblick lang wach«, sagte Banya. Er nahm einen kleinen Beutel, in dem etwas klackerte, und zog die Schnur auf. »Nun, da die Sonne aufgeht, wirst du den Knochen eine Frage für mich stellen?«
Made vergrub sich tief zwischen den Decken und zog sie sich über den Kopf, bis nur noch seine Augen hervorlugten. Er zitterte am ganzen Körper. Die Katze kletterte an ihm hoch und setzte sich auf ihn. »Was für eine Frage?«
Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen.
Der Mann, der als Erster hineinstürmte, versetzte Banya einen Stoß, und der alte Mann fiel mit einem Ächzen zu Boden. Der zweite ließ sein Kriegsbeil auf den zum Schutz erhobenen Arm des Zauberers donnern. Das Beil traf das Handgelenk des Alten, und er schrie, während die Orakelknochen aus dem Beutel fielen und über den Boden kullerten.
Die Katze fuhr herum und spitzte die Ohren. Als Made den Kopf heben wollte, rutschte sie von der Decke und grub ihre Klauen durch den Stoff in Mades Hals. Er erstarrte. Er wollte Aufhören! schreien, aber sein Hals war wie ein trockenes Flussbett, über das keine Worte flossen. Er kannte sie, diese Männer. Kinnicut, der Schmied aus Sinnglas’ Dorf, und ein weiterer, dessen Name ihm auf der Zunge lag.
Kinnicuts Kriegsbeil senkte sich erneut. Ein scharfes Knacken war zu hören, dann ein harter Schlag. Der erste Mann hielt Banyas zertrümmerten Kopf an seinem Silberhaar in die Höhe, der Kiefer hing geborsten an seinem Gesicht, ein loser Brocken schlaffen Fleischs. Er zog sein Messer und wollte ihm den Zopf abschneiden.
Kinnicut hob abwehrend die Hand. »Nicht den des Zauberers«, sagte er. »Sonst bringt er böse Geister zu uns auf die andere Seite des Flusses.«
Aber der andere hatte sein Vorhaben bereits aufgegeben. Er warf den Kopf achtlos beiseite, zeigte auf den Uralten in der Ecke und stieß ein lautes Klagen aus »Aiieeee!«
Kinnicut hob das schuppige Antlitz ehrfürchtig vom Pfahl. »Eine passende Gabe für unseren Großvater.«
»Ja«, sagte der erste Mann. »Er soll ihn begleiten.«
Mit einem Tritt öffnete er die Tür. Kinnicut verließ die Hütte zuerst, den Kopf des Uralten in der Hand, dann waren sie verschwunden.
Made lag lange Zeit zitternd da, bis er endlich ruhiger wurde, wie kochendes Wasser in einem Topf, der auf dem Feuer vergessen wird, während die Steine unter ihm erkalten. Sein Körper war ohne Gefühl, kalt wie Stein und leer wie eine Schüssel nach dem Essen.
Die Katze sprang von seinem Deckenberg, stolzierte zu Banyas Leichnam und beschnupperte ihn. Eine andere weiße Katze kam durch die Tür geschlüpft, dann eine bunt gescheckte, gefolgt von vielen weiteren, die sich alle um den Leichnam scharten.
»Miiiaauuuu.«
Made schob die Decken beiseite und stand auf. Er zog seine Kniehose und seinen Gürtel an und hängte sich das Messer um. Mit den beiden Zauberanhängern in der Hand ging er zu Banyas Leiche. Mittlerweile drängten sich zu viele Katzen darum, als dass er sie zählen konnte.
Er bückte sich und musterte die zu Boden gefallenen Knochen. Sie sahen aus wie die Handknochen eines riesigen Trolls und waren von Zeichen bedeckt, die Made nicht entziffern konnte, außer den beiden, die zuoberst lagen: ein blanker Knochen, darüber einer mit einem eingeritzten Schädel.
Die aus den Angeln gerissene Tür hing schief in der Öffnung. Ohne etwas in der Hütte zu berühren, trat Made hinaus ins Tageslicht und bog um das Gebäude.
Auf dem Hügel jenseits des Flusses ragten drei hohe Pfähle empor, oben
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