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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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damit ich zwischen dir und den Wachen stehe. Und schau ihnen nicht in die Augen.«
    Sogar an einem scheußlichen Tag wie diesem war die Brücke verblüffend schön. Ihre steinernen Rundbögen erinnerten Made an einen vom Wind geglätteten Felsbogen, den er einmal hoch oben in den Bergen gesehen hatte. Allerdings bestand diese Brücke aus elf solcher riesigen Bögen und war so breit, dass zwei Mammuts sie Seite an Seite überqueren konnten. Rechts und links wurde sie von zwei Balustraden begrenzt, die sich in der Mitte über dem Hauptpfeiler zu zwei großzügigen Terrassen verbreiterten, von denen aus man den Fluss überblicken konnte.
    Als sie auf die Brücke traten, hörte Made, wie die Fluten unter ihnen wogten und brüllten, obwohl dies in den Steinen unter ihren Füßen nicht zu spüren war. Zwischen den beiden Terrassen thronte eine riesige Säule mit vielen reich verzierten und gravierten Bildern. Kurz nach der Säule, auf halbem Weg über die Brücke, fing Bran plötzlich an zu rennen, den Kopf nach vorne gebeugt, die Arme gegen den Regen über den Kopf gefaltet. Made ahmte diese Haltung nach und folgte Bran dichtauf wie ein Schatten.
    Ein Soldat erschien in der Türöffnung des Brückenhauses. »Wer ist da?«
    Bran wurde langsamer, blieb aber nicht stehen. Den einen Arm über das Gesicht gelegt, wedelte er mit dem anderen in Richtung Fluss. »Der neue Palast!«
    »Was ist damit?«
    Made ballte die Fäuste.
    »Die Nordwand ist eingestürzt«, rief Bran. »Hat einfach nachgegeben!«
    Der Soldat trat unter dem Dachvorsprung hervor und schaute zu dem riesigen Umriss am gegenüberliegenden Hang. »Wir haben schon gehört, dass sie sich senkte… «
    Alles weitere war nicht mehr zu verstehen, da Bran einfach über die Brücke und in die Stadt rannte. Er bog an der ersten Kreuzung scharf links ab, wandte sich dann nach rechts und folgte einer kurvigen Straße an mehreren Gassen vorbei, ehe er in rascher Folge mehrmals abbog. Made rannte dicht hinter ihm und versuchte, sich inmitten der Häuser zu orientieren, so wie er es in einem Wald oder in den Bergen getan hätte. Auf ihrem Kurs müssten das Gebäude mit der goldenen Kuppel und der Fluss rechts von ihnen liegen und das Schloss vor ihnen.
    Bran wurde langsamer und bewegte sich nun etwas vorsichtiger durch eine Gegend mit kleineren Häusern, die größtenteils aus Holz waren, mit winzigen Grasflecken oder Gärten davor. Die Straßen waren von Schlamm und Unrat bedeckt. Bei jedem Schritt saugte der Morast an ihren nackten Füßen, und eine suppige Brühe quoll zwischen Mades Zehen hervor. Nach einer Weile kamen sie an breitere, gerade Straßen mit Steinhäusern, wo es besser roch, und schließlich an eine noch größere Straße, wo die Gebäude zwei oder drei Stockwerke hoch aufragten und die Wege nicht aus gestampftem Dreck bestanden, sondern aus großen Steinen und von Bäumen gesäumt waren.
    Die Bäume beruhigten Made, der sich innerlich immer mehr verkrampfte, je tiefer sie in dieses seltsame Labyrinth vordrangen. Seine Augen huschten ständig hin und her, so wie damals, als er zum ersten Mal seine schlafende Mutter verlassen und bei Tag in den Wald gegangen war. Ein oder zweimal sah er im Augenwinkel Menschen vorbeigehen, in Querstraßen oder an den Seitentüren der Häuser. Der Nieselregen verwandelte sich in einen tristen Nebel.
    »Hier muss es irgendwo sein«, murmelte Bran.
    »Was suchen wir?«, fragte Made.
    »Wir brauchen Kostüme für den Ball. Ich kenne nur einen Mann, der groß genug ist, dass du seinen Platz einnehmen könntest, einen Ritter, ungefähr in deinem Alter. Er könnte bereit sein, mir zu helfen - er war nicht bei Acrysy, als man uns gefangengenommen hat. Sein Haus ist gleich hier… «
    Die Straße mündete in einen großen, gepflasterten Platz mit einem runden Becken in der Mitte. Auf der einen Seite stand ein kleines Gebäude mit einem graubraunen Kuppeldach, auf der anderen ein Haus mit einem gewölbten Dach, das eine breite Veranda abschirmte, auf der sich kleine Vögel in Käfigen drängten.
    »Da wohnt er!« Bran zeigte über den Platz.
    Das zweite Haus, von der Ecke aus gesehen, war ein einfaches, zweistöckiges Steingebäude mit einer breiten Treppe, die zu einer Flügeltür führte. Auf beiden Seiten neben den Stufen prangten lebensgroße Statuen von Jagdkatzen mit Halsbändern, die eine aufrecht, die andere lag ausgestreckt da.
    »Aber hüte dich vor seinen Haustieren«, warnte Bran und stieg die Stufen empor.

Kapitel 25

    Vor

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