Der verlorene Troll
trieben. Neben ihnen ging der Zauberer des Barons. Er hatte seine mit Silberfäden durchwirkten Gewänder wegen des Schmutzes emporgerafft, und sang, um die Dämonen fernzuhalten. Er war ein Mann mittleren Alters, noch jung für sein Amt, und daher sehr einflussreich. Ohne Zweifel war er von der Kaiserin persönlich ernannt worden, ein weiteres Geschenk an Culufre. Oder an Sebius.
Der Eunuch stand neben Xaragitte. »Die Mammuts marschieren zum Fluss«, rief Yvon. »Sollen sie baden?«
»Ja, ja«, erwiderte Sebius. »Der Baron hat entschieden, heute nicht mehr weiterzumarschieren und lieber morgen früh bei der Burg einzutreffen, anstatt in der Abenddämmerung. Dann hat er den ganzen Tag, um seine Angelegenheiten zu regeln. Ich bin gekommen um zu fragen, ob Ihr und Eure Nichte mir beim Abendessen Gesellschaft leistet.«
Yvon fühlte sich, als würde er im Treibsand versinken. »Wir… «
Sebius nahm eine förmliche Pose ein, den rechten Arm um den Bauch gelegt, den linken ausgestreckt, wie eine Frau an der Schwelle ihres Hauses. »Heute Abend ist das Lagerfeuer mein Heim. Mylady Pwylla sei herzlich eingeladen, gemeinsam mit ihrem Kind und ihrem Begleiter das beste Essen, das mein bescheidener Tisch zu bieten hat, mit mir zu teilen.«
Xaragitte richtete sich auf und setzte Claye so auf ihren Arm, dass er den Eunuchen sehen konnte. »Wir haben die Ehre, Eure Einladung anzunehmen, Mylady.«
Erfreut klatschte Sebius in die Hände. »Ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet. Und nun muss ich Euch ein letztes Mal bitten, mich zu entschuldigen.«
Xaragitte schaute dem Eunuchen böse nach. »Ich hasse sie«, sagte sie und wiegte das Kind auf ihrem Arm. »Sie will Lady Gruethrist berauben.«
Durch das Erlebnis mit dem Mammut schien sich ihre Einstellung wieder gewandelt zu haben. »Wir werden uns einfach an ihrem Essen laben und ein bisschen schlafen«, sagte Yvon. »Damit wir Kraft für unsere Flucht sammeln können.«
»Ich habe genug Kraft, um das zu tun, was getan werden muss«, erwiderte sie. »Sagt es mir, wenn Ihr Euch ebenfalls stark genug fühlt.«
Mit diesen Worten drehte sie ihm den Rücken zu und stolzierte mit Claye davon.
Bei Sonnenuntergang saßen sie ein Stück entfernt von den Hirten an einem Hang oberhalb des Flusses und aßen Haferbrei mit Streifen von getrocknetem Fleisch, das so salzig war, dass sich nicht feststellen ließ, von welchem Tier es stammte. Yvon stopfte sich das Fleisch in den Mund und fand es köstlich. Er kaute langsam, um seinen Magen, der sich langsam wieder erholte, nicht zu strapazieren. Xaragitte stellte ihre Schüssel ab und spielte ein Klatsch-Spiel mit dem Kind.
»Mutter Bwnte backt einen Mond und hängt ihn auf zum Kühlen.
Klein-Sceatha biss hinein, was muss er dabei fühlen?
Sein Mund, der brennt so bitterlich, er spuckt aus gar fürchterlich!
Wie groß war der Bissen, das will ich von dir wissen!«
Claye lehnte den Kopf zurück, den Mund weit aufgerissen wie ein kleiner Nestling. Dann wippte er mit dem Kopf hin und her und sagte: »Ahhhhhh!« Xaragitte sperrte ebenfalls den Mund weit auf, beugte sich zu ihm, zog seine Hände beiseite und tat so, als wolle sie seine Nase abbeißen. Er kicherte, und sie ließ seine pummeligen Händchen aufeinanderklatschen.
»Am nächsten Tag, frisch auf zur Tat.
Mutter Bwnte backt einen Mond… «
Yvon schaute ihnen zu und dachte über den Vers nach. Wie jede Geschichte, die von zwei Göttern in einer ihrer vielen Erscheinungsformen erzählte, handelte auch diese eigentlich von dem dritten Gott. Die Göttin Bwnte mochte den Mond backen, und ihr Sohn Sceatha, der Kriegsgott, ihn ausspucken, aber der Sage nach war es Verlogh, der Gott der Gerechtigkeit, der die herabgefallenen Krumen aufsammelte und sie in die Erde pflanzte, wo aus ihnen die Menschen emporsprossen.
Bei jeder Wiederholung sperrte Claye den Mund etwas weniger weit auf, genau wie seine Amme es ihm vormachte. Als seine Lippen am Ende fest verschlossen waren, küsste sie ihn auf den Mund und sagte ihm, er sei ein guter Junge. Er verbarg sein Gesicht und lachte, aber sie setzte ihn ab und rieb sich das Herz. Claye stibitzte eine Handvoll Haferbrei aus Xaragittes Schüssel und warf ihn zu Boden. Yvon sprang auf. »He! Das darf er nicht! Das ist Verschwendung!«
Eine Hand legte sich auf seine Schulter, und Yvon erschrak. Dann sagte Sebius’ hohe Stimme: »Nein, nein, nein, schimpft ihn nicht. Wer würde bei einem solch niedlichen Kind von Verschwendung reden?«
Xaragitte
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