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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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Soldaten und zweimal so hoch wie ein Mann, konnte er ihn mit seiner freien, linken Hand nicht tragen. Er musste das Schwert in die Linke nehmen, es mit tauben Fingern umklammern, und dann den Ast in der rechten Armbeuge zur Hütte zerren. Immer wieder glitt ihm das Holz aus den Fingern, und es dauerte lange, bis er die Tür erreicht hatte.
    Keuchend ließ er den Ast vor der Hütte fallen und ging hinein, um sich vergewissern, dass Xaragitte und Claye in Sicherheit waren. Claye lag allein in der Ecke.
    »Nein nein nein.«
    Xaragittes Stimme ließ ihn zusammenzucken. Sie stand direkt neben der Tür, an die Wand gelehnt. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn, als er sie sah.
    »Mylady, Ihr sollt doch nicht aufstehen.« Fr hob die Hand, um sie zu berühren.
    Ihre Augen verengten sich, und auf einmal schmerzte nicht mehr sein Herz, sondern seine Brust.
    Er taumelte, das Schwert fiel ihm aus der Hand, und er schaute nach unten. Seitlich zwischen seinen Rippen ragte der Knauf von Xaragittes Messer hervor. Er versuchte, ihn zu packen, aber seine Finger gehorchten ihm nicht mehr.
    »Ihr seid nicht mein Kady«, sagte sie. »Ihr wolltet meinem Kind weh tun. Ihr habt meinen Kleinen geschlagen.«
    Während Yvon langsam zusammenbrach, löste sich ihr Gesicht in unzählige schwarze Punkte auf. Er schaute vom Boden zu ihr auf und erblickte nur ihr rotes Haar, lodernd wie eine Flamme, wie ein Heiligenschein aus Feuer, als stünde auf einmal Bwnte selbst, die Göttin der Fruchtbarkeit und des Todes, im Raum.
    »Ihr werdet meinem Kleinen nie mehr weh tun«, sagte sie. Ihre Stimme klang weit entfernt, wie vom Grund eines Brunnens empor. Dann stürzten die Wände des Brunnens ein, und alles wurde schwarz.
    In der Ferne, gedämpft, wie durch einen Erdhügel hindurch, hörte er Claye weinen.
    »Mamamamama!«



Kapitel 7

    Lass es los.«
    Windy befreite ihre Schulter mit einem Ruck aus Ambrosius’ Griff und barg den Säugling schützend zwischen ihren milchschweren Brüsten und der Höhlenwand. »Nein!«
    »Wir haben abgestimmt und entschieden, dass du das Kind hergeben sollst.«
    »Die Abstimmung war unentschieden, also kann ich tun, was ich will.«
    Ambrosius knirschte mit den Zähne, bis sie quietschten. »Aber das Kind ist tot - deshalb sollst du es loslassen.«
    »Lass uns noch einmal abstimmen.«
    Ambrosius lächelte breit und zeigte seine grauen, schartigen Zähne. »Eine gute Idee. Wer ist dafür, dass du das tote Kind loslässt?« Er hob die Hand. »Und wer ist dagegen?«
    Windy hob die ihre. »Unentschieden. Also kann ich tun, was ich will.«
    »He! Warte mal… «
    Ehe er protestieren konnte, stand sie auf und stützte sich auf die knotige Hand am Ende ihres langen Arms. Endlich war die Sonne tief genug gesunken, um die Höhle zu verlassen. Sie trat unter dem überhängenden Felsvorsprung hervor und zwängte sich an einem Baum vorbei durch die wild wuchernden Sträucher. Blätter, noch nass von einer Nacht und einem Tag ununterbrochenen Regens, streiften sie. Wasser rann in kleinen Rinnsalen über ihren Rücken und sickerte durch die Risse ihrer Haut. Sie steckte den Kopf zwischen die Zweige und saugte den scharfen, sauberen Geruch der Kiefernadeln in sich auf. Weinen wollte sie auf keinen Fall, und so perlten Wassertropfen anstelle von Tränen über die harten Linien ihrer Wangen.
    Windy ging zu ihrem Lieblingsplatz am Hang, der sich im langen Schatten einer schützenden Felsnase befand. Von dort aus spähte sie über die Kiefern hinweg auf die Wiesen, die weiter unter lagen, und beobachtete, von Schatten umgeben, wie das letzte Licht aus dem Tal wich. Traurig trotz der verlöschenden Sonne wiegte sie das Trollkind in ihrer breiten Armbeuge.
    Sie schaute zur Höhlenöffnung hinauf. Ambrosius grub mit seinen großen, knorrigen Fingern im Dreck und schob seine Hände in den Mund. Dort, wo sich Blätter und Nadeln hoch genug auftürmten, um zu verrotten, war die Erde äußerst fruchtbar, und der Regen hatte Würmer an die Oberfläche geschwemmt. Er aß vermutlich gerade welche. Windy wühlte mit ihren fingerähnlichen Zehen im Kompost; ein fetter, roter Wurm kroch hervor. Sie hatte keinen Appetit und ließ ihn liegen.
    Ambrosius drehte den Kopf zu ihr, rümpfte die Nase und schnaubte: »Es fängt schon an zu stinken.«
    Sie roch es ebenfalls. Ihre Nase war äußerst empfindlich für den Geruch toter Dinge, ihre wichtigste Nahrungsquelle. Sie wusste, dass das Kind zu faulen begann, obwohl es noch keinen Tag tot war. »Ich mag den

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