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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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davor, wieder einzuschlafen…
    »Määäh!«
    Die Ziege. Er hatte die Ziege draußen am Baum gelassen. Er lauschte erneut, hörte jedoch eine Weile lang nichts. Er hatte Banya nicht geglaubt, als der Zauberer gesagt hatte, das Vieh habe ihn die ganze Nacht wach gehalten, hatte es lediglich für eine Ausrede gehalten, damit sie das Geschenk annahmen. Vielleicht gab das Tier nun bis zum Morgen Ruhe. Fast wäre er wieder eingenickt… »Määäh!«
    Er vermochte nicht einmal die Augen zu öffnen. Die Wegstunden der vergangenen Tage jagten ihn wie ein Rudel Wölfe. Die Erschöpfung war wie ein Raubtier - er hatte schon Männer daran sterben sehen. Die einzige Waffe dagegen war Schlaf; er musste dringend schlafen. Die Ziege verstummte. Yvon würde nur noch ein paar Minuten ausruhen, dann…
    »Määäh!«
    Er drehte sich herum, das Kinn nass vom Schlaf.
    »Määäh! Määäh!«
    »Yvon?«
    »Ja«, murmelte er.
    »Yvon, geht es Euch gut?« Er hörte die Besorgnis in Xaragittes Stimme. »Ich habe mit Euch geredet, aber Ihr antwortet nicht.«
    »Zu müde.« Sein Kopf fühlte sich an wie ein Felsen, kein einziger Muskel in seinen Schultern vermochte sich zu rühren.
    »Die Ziege«, flüsterte sie. »Glaubt Ihr, sie wird sich beruhigen, wenn ich sie zu uns hereinhole? Sie hält mich wach.«
    Er stemmte sich auf die Ellbogen. »Ich werde sie holen.«
    »Nein, Ihr bleibt liegen«, sagte sie und erhob sich. »Ihr habt die letzten Tage genug getan.«
    »Seid Ihr sicher?«
    Die Ziege meckerte nun unablässig. Vermutlich hatte sie Angst vor dem heranziehenden Sturm.
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte sie.
    Er wälzte sich auf die Seite. Von fern hörte er, wie der Ast mit einem Scharren von der Tür weggezogen wurde, und spürte den Lufthauch, als der Wind durch die Türöffnung drang.
    »Mää… « Die Ziege verstummte.
    Gut. Offenbar hatte Xaragitte sie geholt. Yvon entspannte sich und versank in den tieferen Strömungen des Schlafs.
    Er hörte Xaragitte schreien.
    Mit rasendem Herzen, wie ein Kaninchen in der Falle, schoss er blitzschnell herum und prallte mit dem Kopf gegen die Wand. Er drehte sich in die andere Richtung, sprang auf und stolperte zur Tür, ehe er merkte, dass er sein Schwert vergessen hatte.
    Das Blut in seinen Adern gefror zu Eis. Seine Hände klammerten sich an die Türpfosten.
    Über der toten Ziege kauerte ein Dolchzahnlöwe.
    Er hatte die Geier vergessen.
    Xaragitte stand auf halbem Weg zwischen dem Haus und der toten Ziege und wich zitternd einen Schritt zurück. Der Löwe hob den Kopf und knurrte. Rohes Fleisch troff aus seinem Maul.
    Yvon wollte ihr zurufen, dass sie dem Tier nicht den Rücken zuwenden durfte, aber seine Zunge klebte an seinem Gaumen, und schon machte sie hastig kehrt.
    Der Löwe setzte sich auf seine Hinterbeine…
    Xaragitte ging einen Schritt und dann noch einen halben auf Yvon zu. Seine ganze Welt schrumpfte zusammen auf den fahlen Angstmond ihres Gesichts.
    … und sprang.
    Yvons Hand schloss sich um einen Holzprügel aus dem Haufen neben der Tür. Als der Löwe auf Xaragittes Rücken landete und sie zu Boden warf, stürzte er sich mit einem lauten Brüllen auf das Raubtier und versetzte ihm einen Hieb auf die flache Nase.
    Der Löwe kauerte zwischen den Schultern der Amme, die aus vollem Hals schrie, und fauchte Yvon überrascht an. Der Ritter holte noch einmal aus und versetzte dem Nasenrücken des Tieres einen weiteren Schlag. Der trockene Scheit zersprang in Stücke. Yvon streckte die Hand aus, um Xaragitte in die Sicherheit der Hütte zu ziehen, da schlug der Löwe mit der Pfote nach ihm.
    Ein stechender Schmerz schoss durch seinen Arm und seine Brust, und er fiel zu Boden. Der Löwe beugte sich über Xaragitte, das Gebiss mit den beiden riesigen Dolchzähnen weit aufgerissen: er wollte seine Beißer in ihren Rücken schlagen.
    Yvon sprang auf, den zertrümmerten Ast noch in der Faust, und stürzte sich mit einem Schrei auf den Löwen.
    Dieser setzte sich auf die Hinterbeine und brüllte.
    Yvons Schrei erstarb in seiner Kehle, er stolperte und zögerte. Das Brüllen zog zitternd durch ihn hindurch wie der Glockenzauber in der Nacht, als sie aus der Burg geflüchtet waren. Seine Gelenke wurden weich wie Gallert, und sein Wille sank in sich zusammen wie Staub.
    Eine kurze Sekunde lang herrschte völlige Stille.
    Dann begann der Säugling in der Hütte zu schreien. Xaragitte schluchzte. Yvon schluckte und starrte in das klaffende Maul des Untiers, dessen ekelerregend heißer

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