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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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Nase wittern -, aber sie stand ganz ruhig da, die Fäuste auf die Hüften gestützt, und starrte neugierig in die Dunkelheit.
    Eine zweite Frau, von Made kaum bemerkt, griff nach ihrem Ärmel wie ein kleiner Vogel, der nach Strohhalmen pickt, aber sie schüttelte sie einfach ab. Das Oberhaupt sagte etwas, und sie grinste. Wieder sprach er, und ihr Lachen perlte durch die Nacht und ergoss sich wie kaltes Wasser über Made.
    Viele Male hatte er das Verlangen gespürt, sich zu paaren. Doch das Gefühl, das ihn in diesem Augenblick durchfuhr, hatte mit diesem Drang so wenig gemein wie eine Blume mit einem riesigen Baum. Er fand keinen Namen dafür. Es drohte, ihn zu ertränken, wie ein Bergbach nach einem plötzlichen Wolkenbruch.
    Das Holzscheit in der Hand, kroch er in die Dunkelheit und rannte in die Nacht hinein, möglichst weit weg von den Zelten.

Kapitel 12

    Das Tageslicht erreichte bereits die Berggipfel über dem Tal, als Made endlich fand, was er suchte: einen Spalt zwischen zwei Felsen, unter einem vorstehenden Stein versteckt. Er wühlte sich durch den Morast und vergrößerte die Öffnung. Als er hineinkroch, fand er darin ein geeignetes Versteck, durchdrungen vom alten, schwachen Geruch eines Stinktiers.
    Im Innern grub Made weiter und vergrößerte die Höhle, bis er das hohle Scheit zu sich hineinziehen konnte. Es war ein gutes Versteck, wenn auch nicht groß genug, um die Beine ganz auszustrecken. Er drehte sich erst auf die eine Seite, dann auf die andere, warf sich hin und her, auf der Suche nach einer bequemen Schlafstellung. Fast wäre er eingedöst, doch seine Beine zuckten und traten gegen das Scheit, und er wurde erneut aus dem Schlaf gerissen.
    Einmal erwacht konnte er seine Gedanken nicht bremsen. Er hatte tatsächlich Angst gehabt. Das war ihm unbegreiflich. Natürlich hatte er schon viele Male Angst gehabt, wenn er mit Trollen kämpfte, die viel größer waren als er, oder Tiere jagte, deren Hörner spitzer waren als seine Stöcke. Oder als er sich trotz der Warnungen seiner Mutter zum ersten Mal ins Tageslicht hinauswagte. Aber das hier fühlte sich völlig anders an. Warum sollte er sich vor dieser Frau fürchten? Hatte er nicht mit Kleiner Donners Sohn Stinky gekämpft und gewonnen? Hatte er in den Bergen nicht Hirsche getötet, nur mit seinen Stöcken und der bloßen Kraft seines Körpers? Hatte er der Sonne nicht ins Angesicht gesehen, ihr sein Gesicht entgegengestreckt und war nicht in Stein verwandelt worden?
    Er musste zurück zu den falschen, menschengemachten Höhlen und die Frau wiedersehen. Ihr zum Zeichen seines Interesses ein Geschenk geben. Ihr seine Absichten anzeigen.
    Er schlang den Arm um das Holzscheit, drückte es fest an sich und dachte an sie, bis er in einen unruhigen Schlaf sank.
    Bei Anbruch der Dunkelheit erwachte Made, kroch ins Freie und pisste an die Steine, um die Höhle als seinen Bau zu markieren. Er ließ das Scheit darin zurück und rannte mit leeren Händen im Mondlicht zum Fluss.
    Seit zwei oder drei Nächten hatte er kaum etwas gegessen, und als er nun die auffälligen, roten Blüten wilder Zwiebeln entdeckte, blieb er stehen und grub ein paar Handvoll von ihnen aus. Die Knollen waren noch klein, deshalb stillte er seinen Hunger, indem er die grünen Stiele kaute, die so durchdringend rochen.
    Zweimal auf seinem Weg stieß er auf eine Schar Rehe und jagte hinter ihnen her. Beide Mal entwischten sie ihm, und er dachte wieder an den Trick mit dem Speer. Ja, das könnte nützlich sein.
    Der Mond zog sich bereits in seine Höhle zurück, als Made das Lager erreichte, aber sein Licht genügte dennoch, um die völlig veränderte Landschaft vor ihm zu beleuchten. Das kleine Wäldchen, wo er in der Nacht zuvor noch Schutz gesucht hatte, war fast verschwunden; nur ein paar wenige große Bäume standen noch, dazwischen ein paar morsche Äste und Gestrüpp. Dafür war das Lager nun von einem groben Zaun aus Baumstämmen umgeben.
    Oben in den Bergen lebten die Menschen in Rindenhöhlen, die von ähnlichen Wänden aus spitzen Pfählen umschlossen waren. Made hatte sie erst wenige Male gesehen. Im Spätwinter verließen diese Menschen ihre Dörfer, um in der Wildnis zu jagen, und von diesen kleinen Jagdtrupps hatte Made seine Sachen gestohlen. Er hatte immer geglaubt, jene Menschen und die im Lager gehörten zu zwei unterschiedlichen Gruppen, aber da sie beide ähnliche Baumwände errichteten, war er sich nicht sicher, ob er sich irrte.
    Made schlich durch die

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