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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Tafel, die Sie sich gerade ansehen, Señora?« fragte Jabba, als er an ihr vorbeikam.
    Marta Torrent antwortete mit ihrem eigentümlichen Cellotimbre: »Hier ist die Rede von der weltweiten Sintflut und dem, was anschließend geschah.«
    Unwillkürlich mußte ich lachen. Das war so, als hätte ich Núria gefragt, wie sie das Wochenende verbracht hätte, und sie hätte mir seelenruhig erzählt, sie habe in der Internationalen Raumstation zu Abend gegessen und die Chinesische Mauer besichtigt. Die Unverhältnismäßigkeit von Frage und Antwort löste bei mir einen unaufhaltsamen Lachanfall aus. Aber wie sollte man in einer solchen Situation auch anders reagieren?
    »Worüber lachst du, Arnau?« wollte Lola wissen. Unsere Bildreporterin stellte sich neben mich und knipste, was das Zeug hielt.
    »Über das, was wir hier alles erleben.« Ich lachte immer noch und konnte mich gar nicht beruhigen.
    Da lachte sie mit, und Marc ließ sich anstecken. Schließlich fiel sogar die Doctora, die jetzt hinter uns stand, in ihr Lachen ein. Unser Gelächter hallte in der riesigen Kammer der gehörnten Schlange wider, riesig wie eine Lagerhalle, nein, ein ganzes Industriegebiet. Nachdem wir eine ganze Weile an den Millionen von Goldtafeln vorbeigelaufen waren, begann mich eine Frage zu beunruhigen: Wo genau befand sich das Heilmittel für Diebe wie Daniel? Auf welcher dieser goldenen Platten stand, wie jemand, der sich für einen Toten hielt, seinen Verstand zurückerlangen konnte? Dann sagte ich mir, es sei sicher noch zu früh, sich Sorgen zu machen. Vielleicht würde es ja der Doctora gelingen, die Tafeln ausfindig zu machen, auf denen von der Macht der Worte die Rede war. Doch eine innere Stimme warnte mich: Das, von dem ich angenommen hatte, es wäre von hier aus nur eine Kleinigkeit, würde im Gegenteil zu einer jahrelangen mühseligen Arbeit werden. Einer Arbeit mit ungewissem Erfolg. Mein Gott, wieso hatten wir uns eingebildet, das Heilmittel für Daniel verberge sich in dieser verfluchten Kammer? Meines Wissens konnte auf der ganzen Welt nur Marta Torrent Aymara lesen. Doch die wäre nicht einmal in meinen kühnsten Träumen dazu fähig, eine solch umfangreiche Aufgabe zu bewältigen. Und selbst wenn man all diese Daten in ein Heer von Computern eingäbe, die eine verbesserte Jovi-Loom-Version benutzten, müßten sämtliche Einwohner Barcelonas jahrzehntelang Tag und Nacht davorsitzen. Ich spürte, wie mir das Herz langsam in die Hose rutschte, doch ich beschloß, nicht zu früh aufzugeben. Ich würde bis zum Ende des Ganges weitergehen. Womöglich hatten die Yatiri das Heilmittel ja dort an erreichbarer Stelle deponiert.
    In dieser riesigen Halle glichen wir hilflos dahintreibenden Schiffbrüchigen. Bis wir endlich, endlich in der Ferne eine Mauer erblickten, die den Raum begrenzte. Wir beschleunigten unseren Schritt. Im Licht der kleinen, aber kräftigen Mini-Maglite-Lampen, die wir zur Verstärkung der Stirnlampen hervorgeholt hatten, erkannten wir am Fuß der Wand eine Art großen Behälter, auf dem mehrere Kisten zu stehen schienen.
    Je näher wir kamen, um so deutlicher zeichneten sich die vor uns liegenden Gebilde ab. Was genau sie darstellten, war uns jedoch schleierhaft. Sie ähnelten nichts, was wir kannten. Auch aus nur einem Steinwurf Entfernung vermochten wir nicht zu erraten, worum es sich handelte. Wir mußten ganz nah herangehen, auf eine steinerne Stufe steigen und uns über die undefinierbaren Objekte beugen, um ihre Funktion zu erkennen:
    Was man für einen Altar hätte halten können, war ein riesiger goldener, etwa vier Meter langer und einen Meter hoher Sarkophag. Er erinnerte an die Sarkophage der ägyptischen Pharaonen. Mit einem kleinen Unterschied: Das Kopfteil dieses Sarges lief spitz zu. Die vier Kisten, von denen wir angenommen hatten, sie stünden auf diesem altarähnlichen Objekt, waren ebenfalls Särge. Ungewöhnlich große Särge. Sie ruhten auf Steinkonsolen, die in unterschiedlicher Höhe aus der Wand ragten. Zwei Tafeln von der gleichen Größe wie das große Podest waren zu beiden Seiten des Sarkophags in die Wand eingelassen. In die linke war ein Tocapu-Text eingraviert, in die rechte so etwas wie eine kubistische Landschaft.
    In diesem Moment drang ein ohrenbetäubendes Dröhnen aus der Richtung, aus der wir gekommen waren. Erschrocken fuhren wir herum.
    »Was zum Teufel geht hier vor?« rief Jabba.
    Einen Augenblick lang fürchtete ich, die riesige Halle werde in sich zusammenstürzen.

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