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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist es, ja. Und was für welches! Sapperlot!«
    Er schnalzte vor Vergnügen mit der Zunge.
    »Nun,« sagte sie lächelnd, »da werde ich es ja wohl bald errathen. Ist es Fisch?«
    »Nein.«
    »Vogel?«
    »Auch nicht.«
    »Also Säugetier?«
    »Hm! Ah! O! Na! O weh! Ja, doch Säugetier!«
    »Rind?«
    »Bei Leibe nicht!«
    »Schöps? Kalb?«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Pferd?« lachte sie.
    »Fällt mir nicht ein.«
    »Wild?«
    »Nein, gar nicht! Im Gegentheile sehr zahm.«
    »Dann bin ich mit dem Rathen zu Ende. Ich glaube, Sie werden auf Ihre Delicatesse verzichten müssen.«
    »Das ist unangenehm, sehr unangenehm!«
    »Ich habe ja den guten Willen, aber ich habe ja Alles durchgerathen, ohne es zu finden. Menschenfresser werden Sie doch wohl nicht sein!«
    Da fiel er, von einem Ohre bis zum anderen lachend, schnell ein:
    »Das ist’s! Gerade das und nichts Anderes!«
    »Sie erschrecken mich!«
    »Ja, Menschenfleisch will ich haben, und zwar die kirschrotheste Stelle, welche es giebt.«
    Jetzt begann sie zu ahnen, was er meinte. Sie erröthete, aber diese Art und Weise, sein Verlangen nach einem Kusse auszudrücken, war doch so originell, daß sie in ein herzliches Lachen ausbrach.
    »Besser ist es, Sie verzichten«, sagte sie dann. »Man darf kein Cannibale sein.«
    »Andere sind es auch, aber leider habe ich einmal Pech. Wo ist der Herr Vater?«
    »Er ist mit dem Vetter Kohlenbrenner und der Muhme ausgegangen, um ihnen die Residenz zu zeigen.«
    »Das freut mich. Auf diese Weise kann ich mit Ihnen etwas sehr Nöthiges unter vier Augen verhandeln.«
    Sie wurde ein wenig verlegen.
    »Ist es sehr nöthig?« fragte sie.
    »Ja, sehr. Es ist nicht gut aufzuschieben.«
    »Bitte, was ist es?«
    »Hm, es ist so etwas von Liebe und vom Heirathen.«
    Ihre Wangen färbten sich hochroth. Und doch war dies gar nicht nöthig, denn wenn der gute Anton so sehr geläufig von der Liebe und vom Heirathen sprach, hatte er ganz gewiß nicht sich selbst im Sinne.
    »Das wäre ja etwas recht Seltsames«, brachte sie hervor, um doch nur etwas zu sagen.
    »Ja, mir kam es auch seltsam vor, als er es mir sagte.«
    Da gewann sie schnell ihre Fassung wieder und fragte:
    »Er? Wen meinen Sie?«
    »Adolph.«
    »Der? Was Sie sagen! Will er heirathen?«
    »Partout und sehr bald.«
    »Wen denn?«
    »Na, davon werden Sie wohl auch keine Ahnung haben! Werner’s Emilie nämlich!«
    Da ließ sie die Hände in den Schooß sinken und blickte ihn in höchster Ueberraschung an.
    »Das ist ja eine ganz unerwartete Neuigkeit!«
    »Mir war es auch neu. Hoffentlich wird es auch alt.«
    »Aber ich müßte doch etwas wissen, wenn sie verlobt wären.«
    »Das sind sie freilich noch nicht.«
    »So haben Sie nur erst mit einander gesprochen?«
    »Auch noch nicht.«
    »Was? Höre ich recht! Noch nicht?«
    »Kein Wort!«
    »Und sie wollen sich heirathen?«
    »Einstweilen nur er sie.«
    Da lachte sie so herzlich auf, daß er wohl oder übel mit einstimmen mußte; dann sagte er:
    »Ja, lachen Sie nur! Es ist doch so! Aber nun möchte er gern wissen, ob auch sie ihn will, und da sollen Sie sich mit in’s Mittel schlagen.«
    »Was soll ich thun?«
    »Wir Beide kommen heute Abend zu Ihnen; könnten Sie es nicht so einrichten, daß Fräulein Emilie auch da wäre?«
    »Ich müßte sie einladen.«
    »Ganz recht! Wollen Sie das thun?«
    »Sehr gern. Ich werde selbst zu ihr gehen.«
    »Gehen Sie gleich! Es ist keine Zeit zu verlieren, wenn Sie nicht zu spät kommen wollen. Sie sagt sonst vielleicht irgendwo anders zu.«
    »O nein. Emilie geht nicht aus, als nur zu mir. Wir haben also keine so große Eile dabei.«
    »Schön! Und wenn Sie es ganz hübsch machen wollen, bitte, so fragen Sie doch einmal so ein bischen hinten herum bei ihr an, ob sie ihm gut ist.«
    »Ich denke, er will selbst fragen!«
    »Hm! Eigentlich ja. Aber er ist ein eigenthümliches Kerlchen. Wenn er sie sieht, so geht ihm der Muth flöten.«
    »Da wären Sie wohl anders?«
    »Das versteht sich! Ich würde draufgehen wie Blücher.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Ich würde es nämlich so machen: Ich – ich – ich –«
    Er blieb stecken. Sie wartete eine Weile und fragte dann:
    »Nun, wie würden Sie es denn machen?«
    »Na, rundweg gesagt, ich machte eben kurzen Prozeß.«
    »So! Wie wird denn der gemacht?«
    »Das wissen Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Nun, ich fragte ganz einfach: Willst Du mich?«
    »Und wenn sie Ja sagte?«
    »So spräch ich dann: Da hast Du mich!«
    »Das ist allerdings ein sehr kurzer Prozeß.

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