Der verlorne Sohn
–?« stieß er in höchstem Erstaunen hervor.
»Ja, freilich! Ich glaube gar, Du erschrickst!«
»Das ist weiß Gott auch wahr.«
»Hast aber keine Ursache dazu!«
»Heirathen, ich!«
Er konnte sich noch immer nicht fassen. Der Fürst sagte lachend:
»Hast Du noch nicht daran gedacht?«
»Zuweilen, ja. Das thut ein Jeder, besonders wenn man augenblicklich nichts Besseres zu thun hat.«
»Ganz richtig! Und da wir augenblicklich auch nichts Besseres zu thun haben, so wollen wir an Deine Verheirathung denken.«
»Wir?«
»Ja, wir!«
»Aber da können wir ja ebenso gut auch an die – –«
Er stockte erröthend.
»Sprich nur weiter!« lachte der Fürst.
»An die Ihrige denken, Durchlaucht!«
»Das wäre zu spät. Ich habe meine Braut, wie ich Dir unter vier Augen gestehen will. Nun gilt es nur, zu erfahren, ob auch Du eine hast.«
»Nein, leider oder glücklicher Weise.«
»Gut, sehen wir uns um!«
»Um Gotteswillen! Das hat Zeit.«
»Nicht viel. Du bist ein tüchtiger Kerl; Du wirst avanciren; Du hast bereits eine Pension von mir; aber Du hast keine Verwandten. Und doch mußt Du Jemand haben, mit dem Du Deine Pension verzehren kannst. Du bist also gezwungen, eine Frau zu nehmen.«
»Wegen der Pension?«
»Ja.«
»Was das betrifft, so kann ich meine Pension auch mit anderen Leuten verzehren. Eine Frau scheint mir nicht so unbedingt nöthig zu sein.«
»Ich glaube gar, Du bist Weiberfeind!«
»So ziemlich!«
»Hast aber doch damals der Jette des Apothekers Horn den Hof gemacht, Adolf.«
»Nur auf Ihren Befehl.«
»So thust Du es jetzt ebenso auf meinen Befehl.«
Adolf kratzte sich lachend hinter dem Ohre und sagte:
»Zwischen Hof machen auf Befehl und Heirathen auf Befehl ist denn doch wohl eine gewisse Art von Unterschied!«
»Mag sein, doch ist dieser Unterschied nicht groß. Also Du sagst, daß Du Dich bereits umgesehen habest. Hast Du denn etwas Passendes gefunden?«
»Nein.«
»Du, jetzt glaube ich Dir nicht!«
»Durchlaucht!«
»Schon gut! Ich will in Deine Herzensgeheimnisse gar nicht dringen, sondern Dir einfach sagen, daß auch ich mich für Dich umgesehen habe.«
Adolf hustete und machte jetzt nun ein ziemlich bedenkliches Gesicht. Die Sache begann, ihm immer weniger spaßhaft zu erscheinen.
»Ich hoffe also, daß Du mir erlaubst, Dir einen Vorschlag zumachen,« fuhr der Herr fort.
»Einen Vor – – schlag – –!« dehnte der Diener. »Ja.«
»Aber ohne Vorbehalt, das bitte ich mir aus! Mein Vorschlag hat Gewicht und muß befolgt werden!«
»O weh!« entfuhr es dem Bedrängten.
»Was hast Du zu erschrecken?«
»Wenn sie mir nun nicht gefällt!«
»Das ist Nebensache. Mir gefällt sie.«
»Sapperment! Verzeihung, gnädiger Herr; aber ich denke, daß ich es bin, der sie nehmen soll!«
»Natürlich!«
»Also muß auch ich es sein, dem sie zu gefallen hat!«
»Versteht sich! Sie hat Dir zu gefallen! Das bitte ich mir aus! Ich möchte grad in diesem Falle keinen Ungehorsam wissen.«
Das wurde ernst. Adolf hustete wieder, und viel länger und bedenklicher als vorher. Dann gestand er:
»Jetzt weiß ich bei Gott nicht, woran ich bin!«
»Was weißt Du nicht?«
»Ob Durchlaucht immer noch nur scherzen.«
»Immer noch? Ich habe überhaupt noch gar nicht gescherzt. Ich meine es sehr ernst. Das Mädchen ist brav.«
»Hm!«
»Hübsch, sehr hübsch!«
»Geschmackssache!«
»In guten Jahren!«
»Vielleicht sechzig.«
»Und ihr Vater ist ein angestellter Mann!«
»Vielleicht Regierungsrath oder Laternenanzünder!«
»Er ist nämlich Cassirer.«
»Ah! Wo?«
»Beim hiesigen Residenztheater.«
»Lieber Himmel, hilf!«
»Was?«
»Die also, die!«
»Kennst Du sie?«
»Ja. Es ist die einzige Tochter, die er hat!«
»Nein, er hat mehrere Töchter.«
»Verzeihung, gnädiger Herr! Dieser Mann hat nur eine einzige Tochter. Ich kenne sie sehr genau. Ich habe einen guten Bekannten, der in sehr intimer Geschäftsbeziehung mit ihr steht.«
»Wieso?«
»Er ist Bandagist und hat ihr ihre Bruchbänder und den Rückgratshalter immer zu repariren.«
»So kennst Du sie also. Das ist mir lieb.«
»Um Gottes willen!«
»Scherz bei Seite! Ich wünsche, daß Du Dich der Tochter des Cassirers näherst, und ich denke, daß mein Wunsch so viel Gewicht hat, daß Du wenigstens den Versuch machst.«
»Den Versuch, ja, den will ich machen. Aber ich gestehe aufrichtig, daß ich nicht sehr erbaut bin, zumal ich gehört habe, daß es mit der Anstellung ihres Vaters aus
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