Der verlorne Sohn
Einen Schwiegersohn muß ich einmal bekommen, und dann ziehe ich mit Ihnen zusammen? Das klingt ja gerade so, als ob Sie dann der Schwiegersohn wären?«
»Ja, freilich! Gott sei Dank, endlich ist es heraus! Man glaubt doch gar nicht, wie sauer es Einem werden kann, um das Jawort anzuhalten. Ich heirathe einmal, aber nicht wieder!«
»Ach so! Sie wollen um das Jawort anhalten?«
»Ja, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Gegen wen?«
»Gegen die Anna.«
»O, gegen die habe ich gar nichts.«
»Aber wohl gegen mich?«
»Auch nicht – – – aber ich begreife noch immer nicht – – –?«
»Donnerwetter! Ich kann noch gar nicht recht auf das richtige Wort kommen. Ich meine nämlich, ob Sie nichts gegen die Hochzeit und gegen die Heirath haben!«
»Lieber Freund, Sie sind ein sonderbarer Heiliger! Sie wissen ja, daß ich sehr viel auf Sie halte, und doch wollen Sie nicht mit der Sprache heraus. Sagen Sie es doch offen! Sie haben meine Tochter lieb?«
»Ja, zum Fressen!«
»Ah, drum habt Ihr Euch vorhin gebissen! Wie aber steht es denn eigentlich mit ihr?«
»Sie ist einverstanden. Sie liebt mich wieder. Wie meinen Sie denn, soll ich das Aufgebot bestellen?«
»In Gottes Namen! Kinder, ich habe schon lange Zeit gemerkt, wie es mit Euch steht. Ich habe mich herzlich darüber gefreut. Meine Einwilligung habt Ihr und meinen Segen dazu.«
»Nun danket alle Gott!« seufzte Anton. »Das war die schwerste Stunde meines Lebens. Ich will nicht hoffen, daß so Etwas wiederkommt!«
»Nein, hoffen wir das nicht!« lachte der Wachtmeister.
»Wenn es Ihnen heute so schwer geworden ist, so mag es Ihnen in Zukunft desto leichter werden, uns Ihre Liebe zu zeigen!«
»O, die werden Sie schon sehen, die ist ja häuserhoch! Aber, wie steht es denn mit der Verlobung?«
»Schön! Jetzt bekommen Sie Muth. Wie lange wollen Sie denn warten bis zur Verlobung?«
»Warten? Hm! Gar nicht. Ich meine nämlich, weil heute abend Adolf kommt, so – – – na, er ist ja einmal eingeladen, und da könnten wir die Geschichte, so zu sagen, gleich mit abmachen.«
»Also schon heute Abend Verlobung. Das ist eilig. Aber mir soll es recht sein.«
»Schön, schön, Herr Wachtmeister! Heute Abend Verlobung, und jetzt gehe ich zum Pfarrer, um das Aufgebot zu bestellen.«
»Jetzt gleich? Das geht ja wie mit dem Eilzuge! Also bereits in drei Wochen Hochzeit?«
»Ja. Man soll so rasch wie möglich heirathen, das ist eine alte, gute Familienregel, auf die ich nichts kommen lasse.«
»Ich auch nicht. Also macht, was Ihr wollt, Kinder. Ich bin mit Allem einverstanden.«
Das war dem glücklichen Polizisten sehr recht, und er brach sehr bald auf, um wirklich sogleich zum Pfarrer zu gehen. Anna begleitete ihn bis zur Treppe. Sie meinte freilich: »Weißt Du, lieber Anton, mit dem Aufgebote ist es nicht so sehr eilig. Es brennt ja nicht.«
»O ja, es brennt! Nämlich hier im Herzen.«
»Schön! Aber warum gleich heute? Morgen ist ja auch noch Zeit dazu!«
»O, ich habe eben schon heute Zeit dazu, und wozu man Zeit hat, das soll man ja nicht aufschieben. Aber, Du gehst doch zu Werner’s Emilie, um sie einzuladen?«
»Natürlich!«
»Dann bitte, sage ihr nichts von dem, was ich Dir von Adolf erzählt habe. Sie braucht es nicht zu erfahren.«
»Warum denn nicht?«
»Weil – – weißt Du, dann wäre für ihn die Geschichte furchtbar leicht. Mir ist es so schwer geworden, und da soll auch er sich Mühe geben. Er mag es ihr selber sagen. Er mag auch einmal merken, wie sauer es Einem wird, eine richtige Liebeserklärung loszulassen.«
»Ja«, lachte sie, »Dir ist es sehr schwer geworden. Aber nicht einem Jeden geht es so. Es giebt Männer, denen es sehr leicht fällt.«
»So! Das weißt Du so genau?«
»Ja.«
»Ah! Hast Du etwa bereits Anbeter gehabt?«
»Nein. Aber Du weißt doch, wie ich mit dem Fürsten des Elendes bekannt geworden bin.«
»Ja. Du meinst die Geschichte damals in der Weinstube? Solchen Halunken mag es freilich leicht fallen, von Liebe zu sprechen. Die sind darauf studirt; die thun es zur Unterhaltung. Unsereinem aber ist es ernst, und alles Ernste fällt schwer. Also, vergiß die Emilie nicht!«
Er nahm mit einem Kusse Abschied und ging.
Für Anna gab es erst noch zu erzählen und zu erklären, und so kam es, daß sie erst in der Dämmerung ihre Freundin aufsuchen konnte. Diese war bereit, sogleich mitzugehen, und das war Anna lieb, da einige Besorgungen nothwendig waren, wobei Emilie ihr behilflich sein
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