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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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lang Pflaster und ging nach Hause. Da kam es wie gestern. Ich sprach mit ihr und träumte von ihr; nur den einen Unterschied gab es, daß ich am anderen Morgen, als ich die Wäsche wechselte, mit den beiden Beinen in die Hemdärmel fuhr. Als ich dann ausgehen wollte – ich war in Civil –, sahen mich unten die Hausleute lachend an und machten mich darauf aufmerksam, daß ich die Hutschachtel auf dem Kopfe hatte. In den Hut hatte ich das schmutzige Waschwasser gegossen. Wenn das keine Liebe ist, so giebt es überhaupt keine Liebe.«
    Er lachte ironisch vor sich hin, und Randau stimmte munter ein. Der Letztere fragte:
    »Wie und wo aber hast Du erfahren, daß dieses Mädchen eine Schusterstochter ist?«
    »Im Hotel.«
    »Ah, da hast Du gefragt?«
    »Ja; aber auch erst, nachdem ich sechs-oder achtmal vergebens gewartet hatte, ob sie wieder aus dem Hause kommen werde.«
    »Mensch, das ist ja höchst auffällig gewesen!«
    »Das vermuthe ich auch, denn der Portier machte mir ein Gesicht wie ein Nußknacker, und die Kellner standen an den Fenstern und visirten auf mich los, als ob ich eine Meßstange sei.«
    »Deine Figur ist schuld.«
    »Freilich! Also ich ging in’s Hotel und trat in das Restaurationszimmer. Dort ließ ich mir etwas zu trinken geben. Was es war, weiß ich nicht mehr. Ein Verliebter schluckt Alles hinunter, und wenn es Terpentinöl sein sollte. Ich erkundigte mich, ob man wisse, wer das junge Mädchen sei, die so pünktlich komme und nicht wieder gehe. Da sagte man mir, sie sei eine Schuhmacherstochter und komme um diese Zeit in die Hotelküche, um das Kochen zu lernen. Sie gehe erst Abends elf Uhr zu Hause.«
    »Hm! Ihr Name?«
    »Den wußte der Kellner nicht, daß heißt ihren Familiennamen; der Taufname aber war ihm bekannt, denn er sagte, sie werde Jette genannt.«
    »Wo wohnt sie?«
    »Ja, wer das wüßte!«
    »Du nicht!«
    »Nein.«
    »Mensch, wie dumm!«
    »Dumm? Wo denkst Du hin! Volle drei Wochen lang habe ich alle Abende von zehn bis zwölf Uhr vor dem Hotel gestanden und auf sie gewartet. Aber sie kam nicht.«
    »O weh! Welch’ eine Ausdauer!«
    »Ja. Der Portier sah mich natürlich. Er hat mich angegrinst wie der Affenpinscher die Speckschwarte; aber ich habe mir einfach nichts daraus gemacht.«
    »Hast Du denn nicht mit ihr gesprochen?«
    »Kein Wort.«
    »Obgleich Du sie täglich sahst?«
    »Ja. Ich habe gehört, daß die wahre Liebe bescheiden und sogar muthlos sein soll.«
    »Kranich! Du und muthlos!«
    »Na, was willst Du denn? Mein ganzes Wesen war wie Butter geworden. Meine Seele zerfloß wie Provenzeröl, und mein Herz schwamm wie ein Pfannkuchen in amerikanischem Schweinefett. Ich war und bin das reine Kind. Ich verstehe mich selbst nicht mehr.«
    Randau blickte lächelnd vor sich hin. Er hatte durch Petermann, dem Vater seiner Braut, die Bekanntschaft Holms gemacht. Er war in der Wohnung des Letzteren gewesen und hatte Hilda dort kennen gelernt. Er wußte, daß Hilda täglich zur bestimmten Zeit in das Hotel Union zu Ellen Starton ging, um sich einige Stunden lang mit derselben wissenschaftlich zu beschäftigen. Wenn Hagenau des Abends dort auf sie wartete, konnte er sie natürlich niemals treffen, da sie eher zurückkehrte. Randau ging mit sich zu Rathe, ob er dem Freunde Aufschluß geben solle oder nicht. Er fragte: »Hast Du sie denn nicht wenigstens gegrüßt?«
    »Ei freilich! Und wie! Ich habe den Hut so tief herab gerissen, als ob sie eine Königin sei.«
    »Und sie dankte?«
    »Ja. Zuletzt lächelte sie mir schon von Weitem entgegen. So ein Lächeln! Edmund, ich sage Dir, dieses Lächeln könnte mich zu Vielem bringen. Ich könnte die größten Dummheiten begehen, um es immer zu sehen. Leider habe ich bereits seit vierzehn Tagen verzichten müssen.«
    »Wieso?«
    »Gerade so lange Zeit habe ich sie nicht gesehen. Das hat mir zu Denken gegeben. Ob sie vielleicht mit ihrem Kochcursus schon zu Ende ist?«
    »Möglich,« lachte Randau, der es viel besser wußte. »Der Herr Oberlieutenant von Hagenau hält es für eine Lebensfrage, ob eine Schusterstochter das Kochen bereits völlig gelernt habe oder nicht! Es ist eigentlich toll!«
    »Ja, es ist toll; aber Du machst es nicht anders. Wenn ich nur wüßte, woran ich bin. Leider muß ich heute verreisen, wie ich Dir bereits sagte, und da ist es möglich, daß ich viel, sehr viel, wo nicht gar Alles versäume.«
    »Wo befindet sich Dein Vater jetzt?«
    »Auf Schloß Reitzenhain.«
    »Dorthin also fährst Du?«
    »Ja,

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