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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Thür halten, von welcher aus er die Nebenstube überblicken konnte.
    Dort saßen Anton und Adolf mit dem Wachtmeister Landrock nebst dessen Tochter und dem jetzigen Theatercassirer Werner und dessen zwei Töchtern. Da heute keine Theatervorstellung war, hatte dieser Letztere Zeit gehabt, das Tivoli zu besuchen. Nach so langer Unglückszeit that ihm die Änderung seines Schicksals unendlich wohl. Sein Gesicht strahlte förmlich vor Vergnügen und Zufriedenheit.
    Antons Auge fiel zufällig auf Mehnert, als dieser unter der Thür stand. Er stieß Adolf an und fragte: »Kennst Du den jungen Menschen dort?«
    »Gehilfe bei Jacob Simeon.«
    »Dachte es mir. Ist aber nicht mehr Gehilfe, sondern selbst Besitzer. Werde ihn gleich einmal in’s Examen nehmen.«
    Er stand von seinem Stuhle auf und trat zu dem Goldarbeiter, ihn fragend:
    »Nicht wahr, Sie sind jetzt der Besitzer des Geschäftes, in welchem Sie bisher arbeiteten?«
    »Ja, Herr.«
    »Haben Sie es vollständig bezahlt?«
    »Das geht Niemanden Etwas an!«
    »O bitte, ich meine es nicht bös.«
    »Warum fragen Sie so?«
    »Weil ich wissen wollte, ob Sie in Verbindung mit Ihrem früheren Principale stehen. Hätten Sie noch an ihn zu zahlen, wäre das der Fall.«
    »Es ist bezahlt,« antwortete Mehnert unwillig.
    Auf diese Weise war er nicht zu packen, dies sah Anton ein. Daher versuchte er es auf eine andere Weise. Er wollte dem jungen Manne Etwas verdienen lassen, um ihn gesprächiger zu machen. Darum fragte er.
    »Es paßt sich gut, daß ich Sie hier treffe. Fertigen Sie auch Trauringe an?«
    »Natürlich!«
    »Ihr früherer Principal war stets billiger als Andere. Ich brauche nächstens einen Hochzeitsring, dort mein Freund auch.«
    »Ich habe diese Preise beibehalten.«
    »Schön. Vielleicht schenken wir unseren Damen auch noch einen anderen Ring als den einfachen Goldreif. Sie haben doch vielleicht eine gute Auswahl?«
    »O gewiß! Ich mache besonders in nachgemachten Edelsteinen, welche von den echten kaum zu unterscheiden sind.«
    »Das paßt. Man ist natürlich nicht Millionär, um echte Diamanten kaufen zu können. Wir werden morgen einmal vorsprechen und uns Ihren Vorrath ansehen.«
    Er that das natürlich nur, um von Mehnert vielleicht zu erfahren, wohin Jacob Simeon gekommen sei. Der junge Goldschmied aber durchschaute ihn und ging höhnisch lächelnd weiter. Als er an den beiden Mädchen vorüber wollte, fragte ihn Hulda:»Dort stand doch dieser Spion bei Ihnen. Was wollte er?«
    »Ueber meinen Principal mich aushorchen.«
    »Sie sind doch nicht etwa dumm gewesen?«
    »Fällt mir nicht ein. Sie mögen ihre Ringe bezahlen, erfahren aber werden sie nichts.«
    »Ringe? Wollen sie welche kaufen?«
    »Ja, ihre Trauringe, als Vorwand natürlich.«
    Aus Hulda’s Gesicht war alle Farbe gewichen. Sie starrte ihn an wie gedankenlos. Und doch befand sich ihr Geist gerade jetzt im schärfsten Nachdenken.
    »Die Trauringe,« sagte sie vor sich hin. »Ach, wenn es doch nicht gerade die Trauringe wären.«
    »Sie werden auch andere kaufen; dieser brave Anton sagte es mir.«
    Sie fuhr bei dieser Mittheilung förmlich vom Stuhle empor.
    »Ah, also auch andere Ringe.«
    »Morgen wollen sie kommen.«
    »Morgen, schon morgen! O, wenn ich wüßte, was sie so ungefähr wählten!«
    »Ich sprach von meinen imitirten Diamanten, und er schien Lust zu haben, sich so Etwas auszusuchen.«
    »Schön, schön! Lassen Sie uns allein! Ich gebe Ihnen einen Wink, wenn Sie wiederkommen sollen.«
    Er ging weiter. Die Dicke betrachtete Hulda mit Erstaunen und sagte:
    »Sie sind auf einmal eine ganz Andere geworden, als von den Ringen die Rede war. Sie sind ganz aufgeregt.«
    »Es ist auch kein Wunder. Wir zerbrachen uns vorhin die Köpfe, um auf einen Gedanken zukommen, wie wir uns rächen könnten, und nun ist dieser Gedanke da.«
    »Sie machen mich begierig.«
    Jette war körperlich und auch geistig schwerfälliger als die schöne Zofe, aber wenn es sich um die Rache an dem treulosen Geliebten handelte, so war sie Feuer und Flamme.
    »Diese beiden Kerls haben ihren Vater in’s Verderben gebracht?« sagte Hulda.
    »In’s Gefängniß!«
    »Ja. Wie nun, wenn wir auch sie in’s Gefängniß brächten?«
    »Wäre das möglich?« fragte die Dicke, indem sich ihre Wangen schnell rötheten.
    »O gewiß. Nicht nur sie Beide, sondern auch ihre Bräute.«
    »Das, das wäre Rache!«
    »Ja, denken Sie sich diese Werners Tochter im Gefängnisse.«
    Sie hatte das in erhöhtem Tone gesprochen, um Jette

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