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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aus dem Wege gehe.«
    »Na, na, nur nicht so schnell. Heute kommen Sie nicht fort!«
    »Warum?«
    »Der Arzt hat es verboten. Er sagte mir, daß Sie fort wollen. Ich habe strengen Befehl, Sie nicht fort zu lassen.«
    »Dann bleibt mir nichts Anderes übrig, als zu bleiben.«
    Als der Hausverwalter fort war, fügte er unter frohem Lachen hinzu:
    »Wartet es nur ab! Halten lasse ich mich nicht. Es ist nur gut, daß ich mich nicht in einem Krankensaale, sondern hier in dem Beobachtungszimmer befinde. Wollen doch einmal sehen, wie hoch das Fenster liegt.«
    Er stand auf und öffnete den Fensterflügel.

»Ah! Parterre! Wie schlau sie es angefangen haben. Na, erst esse ich, natürlich nur den Kartoffelsalat, die Wurst nehme ich mit nach Hause. Das giebt morgen noch ein Frühstück. Mit dem Arnica mag der Hausverwalter sich selbst und dann meinetwegen auch sämmtliche Ärzte einreiben. Ich werde mir mein Gedächtniß auch ohne Arnica wieder holen.«
    Er setzte sich wieder in das Bett und aß den Salat. Als er damit fertig war, stieg er wieder heraus und schob den Riegel vor, um nicht überrascht zu werden. Er zog sich an, so schnell es gehen wollte, brannte sich eine der Cigarren an, steckte die anderen nebst Wurst, Uhr und Portemonnaie ein, riegelte die Thür wieder auf, blies das Licht aus, öffnete das Fenster und stieg hinaus.
    Er befand sich im Garten des städtischen Krankenhauses, an welchen eine wenig belebte Straße stieß. Es war ihm ein Leichtes, über den Zaun zu springen; dann überlegte er, wohin er sich zunächst wenden werde.
    »Nach Hause nicht! Ich muß gewärtig sein, der Arzt hält diesen Fall eines verloren gegangenen Gedächtnisses für so sehr interessant, daß er mich sogar durch die Polizei zurückholen läßt. Nein, nach Hause nicht. Zunächst gehe ich zu meinem Geiger. Vielleicht weiß der, wo bei mir der Hase im Pfeffer liegt.«
    Der Genannte wohnte als Garçon. Er war zu Hause und saß beim Notenschreiben. Als er den Eintretenden erblickte, sagte er ganz erstaunt:»Hauck, Du! Ich denke, Du liegst ganz ohne Verstand!«
    »Mensch! Was fällt Dir ein! Kann so ein Kerl, wie ich bin, jemals ohne Verstand sein?«
    »Alle Welt sagte es, und es war auch in der Zeitung zu lesen.«
    »Glaube nur nicht, was Dir die Blätter aufbinden! Ich bin ohnmächtig gewesen, aber Niemand kann daraus folgen, daß ich keinen Verstand gehabt habe.«
    »Na, gut, daß Du wieder zu Dir gekommen bist!«
    »Unsinn! Nicht zu mir, sondern zu Dir bin ich gekommen, das siehst Du doch!«
    »Du bist und bleibst doch der alte Spaßvogel!«
    »Das ist auch das Beste, was ich bin; alles Andere ist nicht viel werth. Laß mich setzen. Es ist wirklich nicht so leicht, wie ich dachte, nämlich das Ausreißen. Der Kopf thut mir wehe, und die Glieder sind matt.«
    »Wohl gar aus dem Krankenhause?«
    »Wo denn sonst. Sie wollten mich behalten, weil mein abhanden gekommenes Gedächtniß gar so sehr interessant ist. Ja, denke Dir, infolge des Hiebes, welchen ich gestern erhalten habe, kann ich mich nicht mehr auf das besinnen, was gestern geschehen ist. Ich weiß nur, daß ich im Tivoli Musik gemacht habe und dann heute vor kurzer Zeit im Krankenhaus aus der Ohnmacht erwacht bin.«
    »Du weiß also nicht, wer Dich geschlagen hat?«
    »Nicht die Spur. Ich weiß ja sogar nicht einmal, daß ich gestern getanzt habe. Man hat es mir gesagt.«
    »Das ist freilich sehr interessant!«
    »Höre, es wäre mir viel interessanter, wenn ich Alles wüßte. Ich nehme an, daß ich Dich gefragt habe, bevor ich tanzte?«
    »Natürlich. Ich mußte ja die Pauken schlagen.«
    »Kanntest Du meine Tänzerin?«
    »Erst später. Er war Laura, die Tochter des früheren Theaterdieners Werner, welcher jetzt Cassirer ist.«
    Hauck schüttelte den Kopf und meinte:
    »Die kenne ich doch gar nicht!«
    »Aber angeguckt hast Du sie immerfort, ja, Du warst so weg in sie, daß Du immer falsch pausirt hast und dabei aus dem Takt gekommen bist.«
    »Höre, sei still! Das ist mir noch nie passirt.«
    »Es war so. Du tanztest einen Walzer mit ihr und hingst auch dann noch mit den Augen in der Nebenstube, wo sie saß. Nachher hast Du noch zwei andere Mädchen beobachtet und bist wegen ihnen fortgegangen.«
    »Noch zwei? Also drei! Da wäre ich doch der reine türkische Pascha gewesen! Wie kam das denn?«
    Der Geiger erzählte, was er wußte.
    »Höre,« sagte dann der Paukenschläger, »daraus kann ich nicht klug werden. Ich muß Klarheit haben, und da ist es am Allerbesten, ich

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