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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sind, ist vernommen worden und er hat ausgesagt, daß in seinem Bezirke Alles höchst ruhig gewesen sei, bis er Sie gefunden hat.«
    »Hm! Fast möchte ich glauben, daß ich hinterrücks niedergeschlagen worden bin.«
    »Haben Sie Gründe dafür?«
    »Was ich bereits sagte: Ich bin stark genug, es mit Zweien aufzunehmen. Wäre ich offen angegriffen worden, so hätte ich mich sicherlich meiner Haut zu wehren gewußt.«
    »Aber die Uebermacht!«
    »Pah! Da hätte ich um Hilfe gerufen und das müßte der Wächter gehört haben. Man hat mich von hinten niedergehauen mit – ja, mit was denn?«
    »Es scheint ein sogenannter Todtschläger gewesen zu sein.«
    »Ah! Da haben Sie es! Ein ehrlicher Mensch trägt keinen Todtschläger bei sich. Auch ein Mann, der nur zufälliger Weise in eine Prügelei verwickelt wird, steckt eine so lebensgefährliche Waffe nicht ein. Das thut vielmehr nur Einer, der auf Mord und Todtschlag ausgeht.«
    »Diese Argumente lassen sich allerdings hören. Vielleicht ist es auf einen Raub abgesehen gewesen. Wissen Sie genau, was sich in Ihren Taschen befand?«
    »Darinnen befindet sich niemals etwas Werthvolles. Ich bin ein armer Teufel. Ich pflege bei mir zu tragen ein paar Cigarren von der billigsten Sorte, ein Portemonnaie mit einigen Kreuzern und meine Cylinderuhr, für welche ich sechs Gulden bezahlt habe.«
    »Nun, diese Gegenstände hat man bei Ihnen gefunden. Dort auf dem Tische liegen sie. Drei Cigarren, die Uhr und das Geldtäschchen mit wenig über einen Gulden.«
    »Mehr habe ich nicht bei mir gehabt. Von einem Raubanfalle kann also keine Rede sein.«
    »Trotzdem doch. Vielleicht war es auf einen Anderen abgesehen. Man hat sich geirrt.«
    »Das sollte ihnen der Teufel danken! Wenn sie es auf einen Anderen abgesehen haben, so mögen sie doch diesen niederschlagen, nicht aber mich!«
    »So etwas kommt aber leider vor.«
    »Ja, aber ich glaube doch nicht, daß dies gestern der Fall gewesen ist. Daß ich vom Saale fortgegangen bin, ist eine solche Seltenheit, daß ich unbedingt sehr wichtige Gründe dazu gehabt haben muß. Mit diesen Gründen möchte ich den Angriff auf meine Person in Verbindung bringen.«
    »Vielleicht haben Sie Recht. Wenn Sie sich doch nur auf diese Gründe besinnen könnten.«
    Der Musikus kratzte sich in den Haaren und sagte:
    »Da habe ich nun freilich nicht die blasseste Idee von einer Ahnung. Sie sind Arzt, treiben also vielleicht auch Phrenologie?«
    »Ja. Warum fragen Sie?«
    »Hier habe ich die Beule. Liegt denn vielleicht gerade an dieser Stelle alberner Weise das Gedächtniß?«
    »Nein. Man nimmt an, daß die Organe des Gedächtnisses weiter nach vorn zu liegen.«
    »So sind sie mir eben hinuntergerutscht, denn ich habe die Erinnerung an gestern verloren. Es wäre zum Teufel, wenn das Gedächtniß nicht wiederkommen wollte!«
    »Da brauchen Sie sich nicht zu ängstigen. Wenn sich die Geschwulst gelegt hat, wird es sich einfinden.«
    »Also steckt es in der Geschwulst. Das will ich mir denn doch verbitten. Mein Gedächtniß soll sich an so eine Beule gar nicht kehren. Ich werde es einmal bei den Ohren nehmen. Ich werde ihm ein bischen zu Hilfe kommen!«
    Das klang so spaßhaft, daß der Arzt lachend fragte:
    »Wie sollen Sie das anfangen?«
    »Hm! Das muß ich mir erst überlegen. Wen hat man außer dem Musikdirector nach mir gefragt?«
    »Niemand.«
    »So. Da hat man sich freilich nicht an die richtige Quelle gewendet, Herr Doctor.«
    »Eine bessere als den Director kann es doch nicht geben.«
    »Oho! Denken Sie, daß wir dem Alles auf die Nase binden? Von unseren Privatsachen erfährt er nichts. Es giebt da gar Vielerlei, was er nicht zu wissen braucht. Gerade so eine Angelegenheit ist es vielleicht gewesen, wegen deren ich den Saal verlassen habe. Dann habe ich mich nicht an den Director gewendet, sondern an meinen Kameraden.«
    »So kann dieser am Ende Auskunft geben.«
    »Sehr möglich. Er geigt die dritte Violine und da diese leicht ausfallen kann, so pflege ich ihm die Pauken anzuvertrauen, wenn ich meinen Platz einmal verlassen muß. Jedenfalls habe ich das gestern auch gethan.«
    »So muß er gefragt werden. Ich werde das dem Untersuchungsrichter melden.«
    »Untersuchungsrichter? Hat man denn aus dieser Sache eine Amtsgeschichte gemacht?«
    »Natürlich! Es handelt sich doch um einen versuchten Todtschlag. Ist das kein Criminalfall, so giebt es überhaupt keinen.«
    »Hm! Ich werde also auch vernommen werden?«
    »Allerdings, und zwar morgen

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